Ein unverbindliches Ja
teilen einander die kühnsten Träume, die größten Ängste und jede Menge Altlasten aus vorangegangenen Beziehungen mit. Der Alkoholpegel steigt und die Hemmschwelle singt. So landen wir recht bald bei unseren größten Macken, den peinlichsten Momenten und enden bei unseren Leibspeisen. Bei dem Wort »Chili« döse ich in seinem Arm ein, wie lange, weiß ich später nicht mehr, aber es muss mindestens eine Stunde gewesen sein. Als er mir anbietet, bei ihm zu übernachten, nehme ich dankbar an. Wir wechseln in sein Bett, in dem mindestens vier Personen ihre Nachtruhe finden könnten. Nagelneu! Er hat den gestrigen Tag mit der Anschaffung einer neuen Spielwiese verbracht. In dem Vorgänger-Modell hätten wir uns eine Rauchvergiftung zugezogen, sind seine Worte.
In dieser Nacht schlafe ich schon wieder äußerst unruhig, und als sich das erste Tageslicht meldet, schleiche ich mich aus dem Schlafzimmer. Meine Sachen liegen vor dem Bett verteilt. Wenn ich einigermaßen pünktlich zu meinem ersten Patientengespräch kommen will, muss ich mich beeilen.
Auf dem Weg ins Krankenhaus lege ich einen kurzen Zwischenstopp bei mir ein, um mich frisch zu machen, und Schröder bekommt die Gelegenheit, seine Birke aufzusuchen.
Dann fahre ich zur Arbeit und überlege, mit wie viel PS ich in einen unbekannten Hafen steuere.
KAPITEL 7:
BEATE BIEDERMÄUSCHEN
Als ich im Krankenhaus ankomme, steht sofort mein erstes Therapiegespräch an. Ich hetze den langen Krankenhausgang entlang und erreiche pünktlich den Behandlungsraum. Professionalität im Berufsleben ist mein oberstes Gebot.
Meine Aufgabe soll es sein, einer verzweifelten Mutter zu helfen, ihr acht Wochen altes Schreibaby in den Griff zu bekommen. Da der Säugling noch so jung ist, kann ich das Pucken ausprobieren. Eine Wicklung, bei der die Arme und Beine mit einem Tuch eng an den Körper gebunden werden, um unwillkürliche Bewegungen zu verhindern. So findet das Baby die fehlende Ruhe und kann einschlafen, ohne immer wieder vom eigenen Strampeln geweckt zu werden.
Einen Plan für die optimale Bewältigung des Alltags und feste Zeiten für einen geregelten Tagesablauf der überforderten Mutter habe ich bereits erstellt. Nun kämpft die junge Frau mit der Wickeltechnik und dem Haushaltsplan. Von Woche zu Woche ist ein Erfolg zu verbuchen. Nachdem ich die Mutter und den schlafenden, gepuckten Säugling zur Tür begleitet habe, setze ich mich auf meine Couch und denke über meine eigene Situation nach.
Hendrik schießt mir durch den Kopf, wie soll es anders sein. Der Gedanke, niemals ein Kind mit ihm zu haben, macht mich traurig. In Anbetracht meines Alters beschäftige ich mich schon seit längerem mit diesem Thema. Nur kam es bisher nie in Frage, mich auf diesen Schritt einzulassen. Mit Harry wollte ich keins. Und als meine Uhr zu ticken begann, hatte unsere Beziehung so viel Flair wie eingeschlafene Füße. Aber dass ausgerechnet nach dem Therapiegespräch mit dieser verzweifelten Mutter und einem wirklich nervigen Schreibaby ein Kinderwunsch aufkommt, ist doch nicht normal. Oder?
Trotzdem lockt mich der Gedanke an eine eigene Familie immer mehr. Und das ausgerechnet, nachdem Hendrik mir gestern verklickert hat, dass er keine Kinder zeugen kann. Das Leben geht manchmal eigenartige Wege. Ich bin über mich selbst verwundert. Ich muss mich mit diesem Thema auseinandersetzen, das ist mir völlig klar. Aber nicht jetzt.
Später in der Kantine sitzt Beate schon lauernd an einem Tisch, neben ihr Karsten. Na prima.
Ich bestücke mein Tablett mit geschnetzeltem Allerlei und einem Kaffee, ohne Milch und Zucker. Ich steuere auf die beiden zu, setze mich, greife in meine Tasche und überreiche meiner Kollegin den ›gestohlenen‹ Teller, den ich bislang noch nicht losgeworden bin. Seit der Party trage ich ihn unentwegt in meiner Tasche mit mir herum.
Beate ist sichtlich erfreut über die Rückgabe. So kann sie gleich zum Thema kommen. »Ach ja, den hattest du dabei, als du dich mit Hendrik verzogen hast.«
Sie lächelt und Karsten guckt interessiert.
Sein Pieper.
»So ein Mist! Ich muss in die fünf und das gerade jetzt, wo es interessant wird. Macht’s gut. Bis nachher.«
Beate hat nun freie Bahn. »Und? Erzähl schon, wie läuft’s mit Hendrik?«
»Gut, ich kann nicht klagen.«
»Wollen wir heute Abend mal ein Bierchen trinken gehen, das haben wir schon so lange nicht mehr gemacht. Wir könnten in die Trompete gehen, die After-Work-Partys dort sind immer ganz
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