Ein unversoehnliches Herz
flatterten so wild, dass er nicht abdrücken konnte. Außerdem blendete ihn das Sonnenlicht.
»Willst du nicht bald mal schießen?«
»Immer mit der Ruhe. Ich muss doch was finden, worauf ich schießen will.«
»Du kannst ja auf einen Baum schießen.«
»Nein, kapierst du nicht, dass ich auf was Lebendiges schießen will?«
Er hörte die Brüder wieder auf Finnisch sprechen. Offenbar waren ihnen Zweifel gekommen, man hörte es an ihren erregten Stimmen. Das wunderte ihn nicht, sie hatten von Anfang an feige ausgesehen.
Er schwenkte weiter das Gewehr herum, um ein gutes Ziel zu finden. Plötzlich fiel sein Blick auf einen Vogel, der im Wipfel eines Baums saß. Er saß vollkommen still, drehte nur den Kopf ein bisschen. Sören Christer betrachtete sein grüngelbes Federkleid und den schmalen, spitzen Schnabel. Ihm fiel auf, dass der Vogel einen seltsamen hellgelben Streifen über den Augen hatte. Er hatte keine Ahnung, was für ein Vogel es war, versuchte nur, das Gewehr beim Zielen möglichst ruhig zu halten. Aber die Waffe war durch das lange Halten in schussbereiter Position bleischwer geworden. Er musste sie kurz sinken lassen und neu zielen.
Dann drückte er ab und spürte den Rückstoß gegen seine Schulter schlagen. Die gewaltige Kraft, die ihn traf, verblüffte ihn. Es roch nach süßlichem Schießpulver, und als er sich umdrehte, hatten die beiden Brüder sich geduckt. Der Knall war viel lauter gewesen, als er erwartet hatte. Er schaute zu der Stelle, an der das Tier gesessen hatte, und war sich nicht sicher, ob er getroffen hatte oder der Vogel bloß aufgeflogen war.
Langsam ging er zu der Stelle, und die Brüder folgten ihm zögernd. Als sie näher kamen, wurden ihre Schritte schneller. Sören Christer konnte es kaum erwarten zu sehen, ob er getroffen hatte. Doch als sie zu dem Baum kamen, sahen sie ihn nicht.
»Du hast vorbeigeschossen«, sagte der ältere Bruder und wirkte erleichtert.
»Ich glaube, ich habe ihn getroffen«, widersprach Sören Christer und scharrte mit dem Gewehrlauf im Laub.
Dann sah er den Vogel. Er lag direkt unter dem Baum in einem Blätterhaufen auf dem Rücken. Seine Flügel zuckten schwach, als versuchte er zu entkommen. Sören Christer beugte sich über ihn und sah, dass er Blut hustete.
»Ich habe getroffen! Ich habe getroffen!«
Die Brüder betrachteten den Vogel und mussten feststellen, dass er Recht hatte. Der jüngere schien beeindruckt, der ältere warf nur einen flüchtigen Blick auf den Vogel und wandte sich dann ab.
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte der jüngere Bruder.
»Wir müssen ihn töten«, sagte Sören Christer. »Damit er nicht leiden muss.«
Die Brüder murmelten und stimmten ihm schließlich zu. Die Flügel zuckten weiter.
»Jetzt bist du dran«, erklärte Sören Christer und reichte das Gewehr dem älteren Bruder.
»Nein, ich will nicht.«
»Warum denn nicht?«
»Ich will einfach nicht.«
Sören Christer zuckte mit den Schultern und hielt das Gewehr dem jüngeren Bruder hin.
»Und du?«
»Ich weiß nicht.«
»Seid ihr feige oder was?«
»Es macht doch keinen Spaß, auf was zu schießen, was ein anderer schon getroffen hat.«
»Dann geh doch ein Stück weg und schieß von da.«
»Aber das geht doch nicht.«
»Und warum nicht?«
»Und wenn ich vorbeischieße?«
»Dann ist noch eine Patrone übrig. Dann kann der Letzte hingehen, den Lauf an den Kopf halten und abdrücken. Dann ist er tot.«
»Ich weiß nicht.«
Sören Christer seufzte. Er riss dem jüngeren, der sich nicht widersetzte, das Gewehr aus der Hand. Hielt das Gewehr direkt über den Vogel, ruckte am Griff und spürte, wie eine neue Patrone in den Lauf schoss. Er verengte die Augen und sah den Vogel, dessen Flügel mittlerweile nicht mehr flatterten. Kehle und Bauch waren grüngelb und weiß, der Kopf fiel schlaff zur Seite.
Er schloss die Augen und drückte ab. Der Knall war diesmal weitaus weniger betäubend. Die Kugel traf den Vogel in den Bauch, Federn stoben auf und wirbelten umher.
»Habt ihr das gesehen? Er ist regelrecht explodiert!«
Den Heimweg legten sie schweigend zurück. Der jüngere Bruder hatte das Gewehr wieder unter seinem Mantel versteckt. Als sie den Zaun erreichten, der um Sören Christers Haus verlief, blieben sie stehen.
»Geht ihr jetzt nach Hause?«, fragte Sören Christer.
»Ja …«
Sören Christer nickte und wollte sich bereits verabschieden und das Gartentor öffnen, als er sich doch noch einmal an den jüngeren Bruder wandte.
»Darf
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