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Ein unversoehnliches Herz

Titel: Ein unversoehnliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Bravinger
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verfasst, aber selbst wenn dieser wider Erwarten der Auszahlung zustimmte, würde das Geld niemals rechtzeitig eintreffen. In seinem Brief hatte Sören Christer geschrieben, es habe ein Missverständnis gegeben, sodass er dem Privatlehrer bei dessen Ankunft den ersten Vierteljahreslohn habe auszahlen müssen. In Wahrheit hatte seine Mutter ihm gesagt, sie habe der Anstalt bereits das nötige Geld bezahlt. Er konnte nur hoffen, dass sich seine Eltern über diesen Punkt nicht brieflich ausgetauscht hatten.
    Als er ankam, saßen die meisten Jungen bereits im Kreis an einem Tisch. Außer Kling, der mit verschränkten Armen im Türrahmen stand, waren keine Pfleger zu sehen. Er lehnte mit einem Zahnstocher im Mund an der Wand und nickte Sören Christer kurz zu.
    Lange saß bereits am Tisch und bat Sören Christer, sich ihm gegenüber zu setzen. Die anderen Jungen machten sofort Platz und standen auf. Alle blieben stumm, und als Sören Christer sich niederließ, spürte er, dass erwartungsvolle Spannung in der Luft lag.
    »Die Regeln sind ganz simpel«, erklärte Lange und legte die ungeöffnete Schachtel mit Spielkarten auf den Tisch. »Poker mit einem Kartentausch. Jedes Streichholz steht für zehn Mark. Hundert Stück für dich und hundert für mich. Du hast tausend Mark gesetzt, ich habe Bergmann gesetzt.«
    Er zeigte auf Bergmann, der mit gesenktem Blick hinter ihm stand.
    »Das hört sich doch gut an«, meinte Sören Christer.
    Rothstein öffnete die Spielkartenverpackung, sortierte die Joker aus und begann zu mischen.
    »Es ist doch kein Problem, dass der Jude gibt?«
    »Natürlich nicht«, sagte Sören Christer und sah Rothstein an, der seinem Blick jedoch nicht begegnete, sondern weitermischte. Er schien im Umgang mit Kartenspielen geübt zu sein.
    »Möchten Sie die Karten zählen?«
    Lange und Sören Christer verneinten. Daraufhin fing das Spiel an, und es wurde augenblicklich andächtig still.
    Nach einigen Runden stellte Sören Christer fest, dass er sich einen Vorteil verschafft hatte. Dank seines Spielglücks lagen bereits fast zwei Drittel der Hölzer auf seiner Seite des Tisches. Wenn Lange sehen wollte, hatte er jedesmal zwei Paar oder einen Drilling, einmal sogar ein Haus vorweisen können. Problematisch war nur, dass Sören nie erfahren hatte, welche Karten Lange auf der Hand hatte. Sobald er Sören Christers Karten gesehen hatte, warf er die eigenen verdeckt von sich, ohne eine Miene zu verziehen.
    Sören Christer wusste zumindest so viel über Poker, dass man nicht immer seine Karten zeigte, selbst wenn man ein besseres Blatt auf der Hand hatte. Es konnte sich auszahlen, den Gegenspieler in falscher Sicherheit zu wiegen. Er beschloss, auf der Hut zu sein. Lange war nachweislich listig und außerdem ein geübter Pokerspieler.
    Bei der sechzehnten Runde ließ sich Sören Christer dazu hinreißen, mitzugehen, obwohl er nur ein Paar Zweien hatte. Er konnte nur hoffen, dass Lange ausstieg, was er bisher allerdings noch nie getan hatte. Mindestens vierzig Streichhölzer lagen im Pott, und Sören Christer spürte, wie ihm der Schweiß herunterlief. Lange legte seine Karten auf den Tisch, lehnte sich zurück und betrachtete Sören Christer eine ganze Weile. Er grimassierte, als könnte er sich auf die Art leichter entscheiden, ob er seinen Einsatz erhöhen oder lieber passen sollte.
    Sören Christer rührte sich nicht. Im Kopf rechnete er sich aus, dass Lange den bisher größten Gewinn einstreichen würde, wenn er sehen wollte. Und falls Lange stattdessen höher ginge, bliebe Sören Christer keine andere Wahl, als auszusteigen. Das hätte er schon viel früher tun sollen. So aber saß er jetzt steif und starr und spürte den Schweiß in den Achselhöhlen. Das Warten war unerträglich. Schließlich hatte Lange sich entschieden. Er nahm seine Karten auf und warf sie mit einem leichten Schnauben Rothstein zu.
    Sören Christer gab sich alle Mühe, keine Gefühle zu zeigen, als er die Streichhölzer zu sich heranzog. Jetzt war er Lange gegenüber, der zudem gereizt wirkte, klar im Vorteil. Ein gutes Zeichen.
    Dann kam die Wende. Sören Christers Karten taugten zu nichts, und da der Mindesteinsatz laufend erhöht wurde, verlor er in schöner Regelmäßigkeit einen Teil seines Vorsprungs. Dann bekam er jedoch endlich wieder ein gutes Blatt. Die einzige Karte, die er austauschte, brachte ihm zudem eine Straße. Er setzte, und schon bald lagen fünfzig Streichhölzer im Pott. Er wurde wieder nervös, obwohl er sich

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