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Ein unversoehnliches Herz

Titel: Ein unversoehnliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Bravinger
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diesmal allerdings in einem gesitteteren Abstand, und schlug die Beine übereinander. Unmittelbar darauf lehnte er sich zurück und sprach mit veränderter Stimme.
    Amelie hatte das Gefühl, bis jetzt mit einer betrunkenen Privatperson gesprochen zu haben und nun einem renommierten Arzt zu lauschen, dem man allerdings unterstellen konnte, ein wenig angeheitert zu sein.
    »Sie müssen wissen«, begann er, »dass wir in Ahrweiler für Ihren Sohn unser Bestes gegeben haben. Er hat durch die Behandlung deutliche Fortschritte gemacht, leidet jedoch an einer schweren Krankheit. Sein Menschentyp, der des Psychopathen, lässt sich schwer therapieren, da er oft ganz normal auftritt, um sich plötzlich schwer gestört zu verhalten. Gerade deshalb ist die Unterbringung außerordentlich schwierig. Wenn es diesen Menschen besser geht, empfinden sie es als übertrieben harten therapeutischen Eingriff, eingesperrt zu sein. Nicht selten beschwört dies latent paranoide Züge herauf. Sie und Ihr Mann haben jedoch darauf bestanden, dass Ihr Sohn in die geschlossene Abteilung kommen sollte. Es fällt nicht weiter schwer, sich auszurechnen, dass dies zum Auftreten eines Fluchtverhaltens geführt hat. Wir hätten ihm natürlich noch deutlich engere Grenzen setzen können, aber in Absprache mit Ihnen beschlossen wir, dass er sich auf dem Anstaltsgelände wenigstens einige Stunden am Tag frei bewegen dürfen sollte. Meiner Meinung nach eine richtige Entscheidung. Unglücklicherweise scheint er sich dies zunutze gemacht zu haben, um einen nicht ganz unkomplizierten Ausbruch zu planen. Das ist der Stand der Dinge.«
    »Ich verstehe, Herr Doktor. Ich danke Ihnen für diese Informationen. Im Zug nach Berlin habe ich seine Briefe gelesen, die sehr empörend waren. Er hat in ihnen schreckliche Dinge beschrieben, die er in seiner Zeit in Ahrweiler erlebt hat.«
    Amelie biss sich auf die Lippe, als sie von Ehrenwalls auffordernden Gesichtsausdruck sah. Sie wusste, dass sie wieder einmal zu viel gesagt hatte, lächelte deshalb flüchtig und fuhr fort:
    »War er, Ihrem fachlichen Urteil nach … vor seiner Flucht sehr unglücklich?«
    »Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann. Sein Menschentyp ist wie erwähnt äußerst komplex. Selbst der Fachmann findet nur in Ausnahmefällen heraus, was sich im Inneren dieser Menschen regt. Sie sind Meister der Verstellung.«
    »Dessen bin ich mir bewusst. Diese Seite an ihm habe ich viele Male aus nächster Nähe gesehen.«
    »Als wir erkannten, was geschehen war, haben wir natürlich sofort versucht, Sie zu erreichen. Aber Sie haben weder auf unsere Briefe noch auf unsere Telegramme geantwortet. Sie hatten zudem betont, dass wir Sie benachrichtigen sollten und nicht etwa Ihren Mann, was das übliche Verfahren gewesen wäre. Ohne Fragen zu stellen, haben wir die Angelegenheit mit größter Diskretion behandelt.«
    »Das weiß ich zu schätzen. Wie Sie wissen, bin ich schwer krank gewesen und habe deshalb nicht erfahren, was passiert ist.«
    »Es täte mir sehr leid, wenn Sie der Meinung wären, dass wir uns nicht ausreichend bemüht haben, Sie von dem Vorfall in Kenntnis zu setzen.«
    »Aber nein. Im Gegenteil. Sie haben wirklich alles getan, was in Ihrer Macht stand. Dass sich die Dinge so entwickelt haben, dafür sind unglückliche Umstände verantwortlich gewesen. Wissen Sie, wo Sören Christer sein könnte?«
    Doktor von Ehrenwall schüttelte den Kopf und breitete in einer resignierten Geste die Arme aus.
    »Nein, die Polizei hat ihn überall gesucht, aber nicht gefunden. Sie behaupten, er sei in einer Kneipe gesehen worden, aber danach … nichts. Nicht die geringste Spur. Möglicherweise hat er das Land verlassen.«
    Amelie rang nach Luft.
    »Das ist alles meine Schuld.«
    »Sie sollten sich …«
    »Doch, es stimmt. Ich denke immer nur an mich. Künstler … Man glaubt, der Welt etwas Wichtiges mitteilen zu können. Als wüsste man etwas, wovon andere nichts ahnen, was sie aber unbedingt erfahren müssen. Eine Form von Weisheit. Aber in Wahrheit leiden alle, die einem nahestehen, nur darunter. So ist es. Ich weiß noch, wie ich Sören Christer in den Armen hielt, als er zwei Jahre alt war. Er sah mich auf eine Art an, die ich nicht deuten konnte. Als würde er mich messerscharf durchschauen. Dieser unheimliche Blick hat mich mein ganzes Leben verfolgt. Aber ich bin seine Mutter, ich hätte mich um ihn kümmern müssen, ich hätte ihn lehren müssen, Kontakt zu seinem Gefühlsleben zu bekommen. Ich

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