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Ein unversoehnliches Herz

Titel: Ein unversoehnliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Bravinger
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Mittlerweile hatten sie die Stadt verlassen und fuhren schneller durch die Landschaft. Er lehnte sich zurück und sog das Eau de Cologne der Baronin ein. Es duftete nach Jasmin, genau so, wie er es in Erinnerung hatte.
    Amelie fragte sich, wie lange von Ehrenwall noch über seine Anstalt und ihre große Bedeutung für das gesamte Rheinland sprechen wollte. Sicher eine Stunde hatte er sich darüber ausgelassen, dass die Anstalt als Erstes in der Region über Elektrizität verfügt und der Stadtrat ihn gebeten hatte, die Leitungen bis in die Stadt weiterzuziehen. Natürlich, erzählte er mit stolzer Stimme, hatte er sich großmütig gezeigt und die Allgemeinheit an der technischen Neuerung teilhaben lassen. Der Bürgermeister war so dankbar gewesen, dass er ihn zum Ehrenbürger ernannt hatte.
    »Das war wirklich großzügig von Ihnen«, sagte Amelie.
    »Ach was, das ist doch nicht der Rede wert.«
    »Nun gut, ich würde jetzt gerne …«
    »Obwohl viele damit sicher Geld gemacht hätten.«
    »Doktor von Ehrenwall, um darauf zurückzukommen, was vorgefallen ist …«
    »Müssen wir uns wirklich noch siezen?«
    »Ich finde, wir sollten es dabei belassen.«
    Es wurde einen Moment still, und Amelie fürchtete, zu schroff gewesen zu sein. Aber von Ehrenwall schien ihr die Bemerkung nicht sonderlich übel zu nehmen. Er füllte ihre Gläser von Neuem und setzte sich schnaufend auf die Couch, diesmal jedoch ans andere Ende, sodass er Amelie näher rückte.
    »Erzählen Sie mir ein wenig über Ihren Gatten«, sagte er. »Ihren ersten Mann und seinen Bruder kenne ich durch ihre Arbeiten und dank unseres Briefwechsels sehr gut. Dagegen weiß ich herzlich wenig über Ihren jetzigen Mann. Er ist Künstler, daran erinnere ich mich.«
    »Das stimmt. Er ist ein sehr talentierter Künstler, wenn ich das sagen darf.«
    Doktor von Ehrenwall lachte schallend. Amelie verstand nicht recht, worüber. Sie lächelte zurückhaltend und trank einen Schluck, ehe sie weitersprach.
    »Oki stammt aus Böhmen, jenem Teil, der früher in Österreich-Ungarn lag, inzwischen jedoch zur Tschechoslowakei gehört. Aber wir haben uns in Rom kennengelernt, wo wir beide seit vielen Jahren leben. Wir planen allerdings wegen der Lage in Italien in die Tschechoslowakei überzusiedeln …«
    »Dann ist Ihr Mann Tscheche?«
    »Ja.«
    »Ein feiner Menschenschlag, die Tschechen. In der Gegend leben auch viele Deutsche. Ich liebe die böhmische Küche.«
    Er griff sich an den Schmerbauch, leckte sich den Mund und lachte noch lauter als zuvor. Amelie wandte sich ab, als sie Spucke auf den Bart spritzen sah.
    »Den bekommt man nicht von nichts«, sagte er, griff sich nun richtig in den Bauch und rüttelte ihn auf und ab. »Dazu braucht es viele leckere Prager Schnitzel und Pils, wie Sie verstehen werden.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Sie sind selbst recht wohlgenährt, Frau Posse-Brázdová.«
    »Vielleicht sollten wir …«
    »Ich finde, das passt zu einer Frau von Ihrem Kaliber.«
    Amelie sah erneut weg, nahm jedoch wahr, dass von Ehrenwall im selben Moment näher an sie heranrückte. Sie spürte seine Hand auf ihrem Schenkel. Instinktiv rückte sie an die Sessellehne, sodass seine Hand von ihrem Schoß rutschte. Dann erst wagte sie den Blick zu heben, nur um einen breit lächelnden von Ehrenwall zu erblicken.
    Es schien ihm nicht das Geringste auszumachen, dass sie von ihm weggerückt war. Stattdessen strich er sich mit dem Handrücken durch den Bart, um etwas Speichel und einige Tropfen seines Drinks abzuwischen.
    Amelie räusperte sich. »Herr Doktor, ich muss Sie jetzt bitten, mir Auskunft über meinen Sohn zu geben.«
    »Ihren Sohn?«
    »Ja, Sören Christer.«
    »Ach ja, selbstverständlich. Ihr Sohn! Sie trinken langsam. Möchten Sie vielleicht lieber ein Glas Wein?«
    »Nein, Doktor von Ehrenwall. Ich bin nicht zu Ihnen gekommen, um mich zu betrinken. Ich bin hier, um mit Ihnen darüber zu sprechen, was mit meinem Sohn geschehen ist.«
    Doktor von Ehrenwall seufzte schwer und stand auf.
    »Natürlich«, sagte er mit resignierter Stimme. »Aber Sie haben sicher nichts dagegen, dass ich mir noch ein Gläschen einschenke?«
    »Natürlich nicht.«
    Amelie verdrehte die Augen, als sie ihn hinter ihrem Rücken mit seinem Glas klimpern und in einer Schale nach Eiswürfeln greifen hörte, die ihm jedoch durch die Finger rutschten. Schließlich hörte man ein gereiztes Prusten, als er aufgab.
    »Was soll’s«, murrte er.
    Er ließ sich auf der Couch nieder,

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