Ein unversoehnliches Herz
grölende Stimmen, aber er hörte sie nicht, sah sie nicht, verdrängte sie völlig.
Er fühlte sich etwas besser und konzentrierte sich darauf, nicht zu schnell und zu gehetzt zu atmen. Er betrachtete seine Hand und sah sie zittern. Als er sie musterte, fühlte sie sich an wie die Hand eines Fremden, als wäre sie von seinem Körper getrennt. Und er wusste es. Nur wenn es ihm gelang, den Schmerz zum Nachgeben zu zwingen, der so mörderisch in seinem Kopf pochte, der ihm den Atem im Hals stocken ließ, der bewirkte, dass sein Körper den Kontakt zu sich selbst verlor, würde er die Kraft finden, den Heimweg zu bewältigen.
Der erste Schluck brannte schlimmer als der Cognac bei Almquist. Sein ganzer Magen wollte sich von innen nach außen stülpen.
Aber ich muss, dachte er, ich habe keine andere Wahl.
Danach ging es leichter, und langsam, ganz langsam ebbte der Schmerz ab.
Er hörte sie zunächst nicht, als sie die Wohnung betrat. Dann versuchte er die Augen zu öffnen, die ihm jedoch nicht gehorchen wollten; es tat sich nur ein Spalt auf, durch den Licht hereinfiel.
Als Nächstes hörte er ihre Stimme, die seinen Namen rief, und kam zu Bewusstsein, allerdings ohne zu begreifen, wo er sich befand.
Dann ihre Rufe, ihr Aufschrei, die schnellen Schritte zu ihm.
Er sah nur ihre Füße und spürte ihre Hände, die nach ihm griffen. Er versuchte etwas zu sagen, aber es ging nicht, aus seinem Mund drangen nicht einmal ansatzweise Worte. Sie verschwand und kehrte mit einem Handtuch und einem Glas Wasser zurück.
Sie versuchte, ihn zum Trinken zu bewegen.
Er wollte nicht, aber sie zwang ihn fast, ein wenig Wasser zu schlucken.
Er hatte Schmerzen im Nacken, er lag schief, wand sich und spürte plötzlich, wie unbequem er auf dem Holzfußboden lag. Er sah die Stuhlbeine, versuchte den Körper zu drehen, aber irgendetwas sträubte sich, und er kam nicht los. Erneut versuchte er, die Augen zu öffnen, aber mit dem gleichen Ergebnis, nichts als ein unansehnlicher Spalt.
Und ihre Stimme, immer wieder, Andreas, Andreas, du darfst nicht , sie lief zum Telefon, ihre Stimme, schnell und gereizt. Mit dem Arzt? – das wird nicht nötig sein , wollte er sagen, das muss nicht sein, aber auch jetzt brachte er nichts heraus, kein einziges Wort. Sie kehrte zurück, zwang ihn, noch mehr zu trinken, will nicht , wischte mit dem Handtuch, um das Wasser aufzufangen, das vorbeilief.
Er sah, dass es sich rot verfärbte, verdammter Mist!
Er musste husten und ein Klumpen geronnenes Blut landete auf dem Fußboden.
Madeleine, wollte er sagen, das ist nicht weiter schlimm.
Und dann wollte er ihr alles erzählen und ihr erklären, dass sie keine Schuld traf .
Das ist nicht deine Schuld, Madeleine.
Er versuchte davon zu erzählen, dass er jemanden brauchte, der ihm weh tat, von seiner Sehnsucht danach, jemanden zu haben, der ihn erniedrigte, wie sehr er den weichen Köper einer Frau an seinem eigenen, harten genoss, dass dieser ihn jedoch nachzugeben zwang, wie sie ihre Zartheit aufgab, um ihn herabzupressen, dass der Schmerz, den sie austeilte, ihn reinigte und dazu brachte, das Übel zu verdrängen und ruhig zu werden wie in einem einzigen langsamen Ausatmen.
Das war es, was sie verstehen sollte.
Nicht Madeleine, sie wollte er nur zärtlich in den Armen halten und ihr sagen, wie sehr er sie liebte. Ihre Zartheit war anders. Sie war so echt, so echt, dass sie ihn zu einem anderen Menschen machte, aber das alles war unheimlich schwer zu erklären, und die Zunge war wie ein Wattebausch in seinem Mund, trocken und geschwollen.
Kannst du dich nicht einfach hinsetzen, hier neben mich, und mit mir atmen?
Er hustete, hatte wieder diesen Blutgeschmack im Mund, vermischt mit Cognac, Wein, Bier, allem, was er in sich hineingekippt hatte, bis er ausreichend gestärkt war, um heimzukehren. Er wusste nicht mehr, wie er nach Hause gekommen war. Wie bin ich nach Hause gekommen?
Madeleine, versuchte er zu sagen, weine nicht.
Doch auch jetzt keine Worte, nur Lallen.
Verlass mich nicht, verlass mich nie.
Er hörte sie nicht und versuchte, den Blick ein wenig zu heben. In dem dünnen Spalt, den er aufbekam, sah er nichts. Dann hörte er endlich ihre Stimme. Sie war im Treppenhaus.
Hatte sie einen Nachbarn geholt?
Nein, tu das nicht, mir geht es bald wieder gut, ich kann gleich wieder aufstehen, jeden Moment.
Er wollte nur erst schlafen, musste sich ausruhen, brauchte nur Luft zu holen. Er hustete wieder, schmeckte Blut, spürte es warm und
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