Ein Vampir für gewisse Stunden: Argeneau Vampir 6
würde er sofort nach Kansas zurückkehren, um die Jagd nach Morgan fortzusetzen. Fest davon überzeugt, dass sein Leben bald wieder in geordneten Bahnen verlaufen würde, schloss er die Augen. Er würde sich nur so lange ausruhen, bis Leighs Blutbeutel gewechselt werden musste, sagte er sich, während er in den Schlaf dämmerte.
„Um Himmels willen! Wie können Sie bei diesem Wahnsinnslärm bloß schlafen?”
Lucian blinzelte und starrte ratlos den Mann an, der aufgebracht auf ihn herab schaute. Es dauerte einige Sekunden, ehe sein Verstand wach genug war, um sich daran zu erinnern, wo er sich befand und dass es sich bei dem Mann um den Copiloten Ted handelte. Und dann wurde ihm auch bewusst, was es mit dem gellenden Ton auf sich hatte, der ihm in seinem Traum als pfeifender Teekessel erschienen war: Es waren Schreie. Leigh benötigte einen neuen Blutbeutel, da ihrer längst leer war. Er rieb sich übers Gesicht und zwang sich aufzustehen.
„Wir haben es bis vorn ins Cockpit hören können”, knurrte Ted, während Lucian an ihm vorbei in Richtung Kühlbox stolperte. „Wir dachten schon, Sie würden sie umbringen.”
„Noch nicht”, gab er trocken zurück.
„Na ja, jedenfalls sagt Bob.... Wonach suchen Sie?”, unterbrach der Mann sich selbst, als er sah, wie Lucian im Kühlschrank herumkramte.
„Die Medikamente und die Spritzen. Sie waren in der Kühltasche.”
„In der Kühltasche lagen nur die Blutbeutel”, ließ Ted ihn wissen.
Lucian versteifte sich und hob den Kopf. „Ganz sicher?”
„Natürlich. Ich habe sie selbst ausgepackt.”
„Dann sind sie wahrscheinlich im Hotel im Kühlschrank”, überlegte er, nahm einen Blutbeutel und richtete sich auf. „In dem Fallsollten Sie sich lieber an die Schreie gewöhnen, weil die ohne Medikamente nicht aufhören werden.”
„Soll das ein Witz sein?”, rief Ted entsetzt.
„Sehe ich aus wie jemand, der Witze macht?”, konterte Lucian und kehrte abermals in den Schlafbereich zurück.
„Wie lange noch bis zur Landung?”
„Eine Stunde.” Dann fügte Ted verzweifelt hinzu: „Was ist mit dieser Gedankenkontrolle?”
„Was soll damit sein?”, gab Lucian zurück, tauschte die Blutbeutel aus und warf den leeren in den Abfalleimer.
„Ich dachte, Leute wie Sie können uns Sterbliche daran hindern, Schmerz zu spüren.”
„Stimmt”, entgegnete er. „Wenn es nur ein Biss oder ein Schnitt oder vielleicht auch noch eine Schusswunde wäre, dann könnte ich das auch. Aber hierbei nicht.”
„Wieso nicht?”
Lucian stutzte. Die Wahrheit war, dass die Nanos ihr Gehirn, ihren Körper und absolut alles umkrempelten. Es wäre unmöglich, sie davon nichts spüren zu lassen. Deren Angriff war schlicht überwältigend, und jeder Nerv schien in Flammen zu stehen. Aber das sagte er nicht, weil er längst mehr als genug erklärt hatte. „Weil das niemand kann”, antwortete er nur und sah, wie der Mann niedergeschlagen die Schultern sinken ließ. „Gibt es an Bord Ohrstöpsel?”
„Ja, in der Schublade über dem Kühlschrank. Allerdings können Bob und ich keine Ohrstöpsel benutzen.”
„Ich schon”, konterte Lucian mit breitem Grinsen, während er letzte Hand an den Blutbeutel legte.
Mit verbissener Miene machte der Copilot kehrt und stürmte davon. „Sehen Sie zu, dass sie sich ruhig verhält, wir müssen uns da vorn nämlich konzentrieren.”
Lucian fand die Ohrstöpsel in der erwähnten Schublade, setzte sie ein und atmete erleichtert aus, als Leighs Geheul soweit gedämpft wurde, dass nur noch ein tiefes Summen zu hören war. Das waren Deluxe-Stöpsel für Passagiere, die während des Flugs ungestört schlafen wollten. Lucian hatte sich für so etwas zuvor noch nie interessiert, aber sie leisteten hervorragende Dienste.
Als er merkte, wie die Anspannung allmählich von ihm ab fiel, kehrte er in den Schlafbereich zurück, um Leigh zu beobachten. Allerdings gab es nicht viel zu beobachten. Sie war eine attraktive Frau, doch während sie sich jetzt auf dem Bett hin-und herwarf und den Mund weit aufriss, um den doch während sie sich jetzt auf dem Bett hin-und herwarf und den Mund weit aufriss, um den Schmerz hinaus zuschreien, da war von dieser Attraktivität nichts mehr zu erkennen.
Er war froh, als die Maschine bereits siebenundvierzig Minuten später landete. Lucian wusste nicht, ob das einem kräftigen Rückenwind zu verdanken war oder ob Bob und Ted etwas mehr aus den Triebwerken herausgeholt hatten, damit dieser Flug und die
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