Ein Vampir für gewisse Stunden: Argeneau Vampir 6
hörte sie ihn leise fluchen. „Also gut”, lenkte er resignierend ein. „Stellen Sie endlich Ihre Fragen.”
Erleichterung erfasste sie und wollte in Begeisterung umschlagen, als ihr noch gerade rechtzeitig etwas einfiel. „Ich habe Ihnen einen Kaffee gemacht? Wie hätten Sie ihn gern? Ich kann Ihnen.... ”
„Ich trinke keinen Kaffee”, unterbrach er sie.
„Nicht.” Sie stutzte. Wenn er keinen Kaffee trank, sollte sie ihm vielleicht einen Tee anbieten? Oder....
„Stellen Sie Ihre Fragen, bevor ich es mir anders überlege.”
„Ja, natürlich. Vielen Dank”, sagte sie hastig und stellte die erste Frage von der Liste, die sie im Geist aufgestellt hatte. „Wenn wir nicht wegen eines Fluchs Vampire geworden sind, weswegen dann?”
„Nanos”, antwortete er ohne Umschweife, woraufhin Leigh sich überrascht zu ihm umdrehte.
„Nanos?”, wiederholte sie verblüfft.
„Ja. Dass Sie Ihre Seele verlieren, liegt nicht an irgendeinem romantischen Fluch, sondern hat mit schlichter, altmodischer Wissenschaft zu tun.” Leigh verzog das Gesicht und merkte, dass diese Offenbarung bei ihr eine tiefe Enttäuschung hinterließ. Also das war doch nun wirklich albern!
„Ich versuche es mal mit der kurzen Erklärung”, meinte Lucian und riss sie damit aus ihren Gedanken. „Wenn Sie eine umfassendere Antwort bekommen wollen, müssen Sie sich an meinen Neffen Bastien wenden. Er ist dafür der Fachmann. Wenn Sie in Zukunft irgendwelche Probleme oder Fragen haben, wenden Sie sich direkt an ihn. Klar?”
„Bastien”, nickte sie. Sichtlich zufrieden über ihre Reaktion, veränderte er wieder seine Position im Wasser. Leigh drehte sich prompt weg, als ihr bewusst wurde, dass ihr Blick von seinem Gesicht zu den interessanteren Partien seines Körpers glitt.
„Die Kurzfassung ist die: Ich gehöre zu einem Volk, das wissenschaftlich sehr weit fortgeschritten war. Um Verletzungen zu heilen und Krankheiten wie Krebs ohne chirurgische Eingriffe zu bekämpfen, kombinierten unsere Wissenschaftler Nano-und Biotechnologie und schufen so die Bionanos. Die wurden in den Blutkreislauf der erkrankten oder verletzten Person injiziert und so programmiert, dass sie dann von innen heraus die Zellen reparieren.” Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Es war ein echter Durchbruch, als die Methode erfolgreich verlief. Zumindest schien das der Fall zu sein. Mehrere Personen wurden so behandelt, darunter auch meine Mutter. Sie war mit mir und meinem Zwillingsbruder Jean Claude schwanger, sodass wir beide infiziert wurden.”
„Infiziert?”, fragte sie leise und sah, wie er mit den Schultern zuckte.
„Wie ich sagte, es war zunächst ein Erfolg und schien ein Wunderheilmittel darzustellen. Aber es dauerte nicht lange, da stellte sich heraus, dass die Nanos mehr taten als beabsichtigt. Sie sollten eine Wunde schließen oder eine Krankheit angreifen und unschädlich machen, und danach war vorgesehen, dass sie sich abschalten und zerfallen, damit der Körper sie ausscheiden kann. Die Wissenschaftler hatten aber nicht bedacht, dass die Nanos darauf programmiert waren, im Körper nach allen Krankheiten und Wunden zu suchen. Nachdem sie also ihre ursprüngliche Aufgabe erledigt und Krebszellen vernichtet hatten, suchten sie nach anderen Erkrankungen.”
„Und das war nichts Gutes?”, fragte Leigh verständnislos.
„Wie sich zeigen sollte, war es nichts Gutes. Der menschliche Körper muss ständig repariert werden. Sonnenlicht, Alter, Umweltfaktoren - das alles wirkt auf ihn ein. Die Nanos wurden darauf aufmerksam, regenerierten sich ständig wieder und nahmen ihre Reparaturen vor, gleichzeitig halfen sie dem Wirt, immer neue Zellen zu erzeugen.”
„Deshalb wird der Wirt nicht älter, und er erkrankt auch nicht”, folgerte sie. Als Lucian nickte, ließ sie sich durch den Kopf gehen, was er soeben geschildert hatte. Im Grunde genommen hatte sein Volk den Jungbrunnen gefunden. „Aber wieso die Reißzähne und die Notwendigkeit, Blut zu trinken?”
„Die Nanos wurden so entwickelt, dass sie im Blut leben und sich im Gefäßsystem durch den Körper bewegen sollten. Sie benutzen auch das Blut ihres Wirtskörpers, um Reparaturen durchzuführen, Körperzellen und auch sich selbst zu regenerieren. Dummerweise produziert der Mensch nicht genug Blut, um alle Aktivitäten der Nanos zu unterstützen”, erklärte er ruhig. „Die Nanos verbrauchen das Blut schneller, als Nachschub kommen kann, und dann greifen sie auf der Suche nach
Weitere Kostenlose Bücher