Ein Vampir für gewisse Stunden: Argeneau Vampir 6
sie etliche Nummern zu groß waren.
Sie entschied sich für eine Jogginghose und ein T-Shirt. Die Jogginghose besaß ein Zugband, das sie so eng ziehen konnte, dass die Hose nicht rutschen konnte. Mit beiden Teilen lief sie nach nebenan in den Raum, den sie im Geiste schon als ihren eigenen betrachtete, legte den Bademantel ab und zog Hose und T-Shirt an. Wie nicht anders zu erwarten, waren ihr seine Sachen viel zu groß, doch der Trick mit dem Zugband funktionierte genau nach Plan. Dann begab sie sich in die Küche.
Wie viel Zeit ihr bis zu Rachels Eintreffen blieb, wusste sie nicht, dennoch wollte sie lieber früher mit dem Kaffee anfangen. Die Küchenschränke waren größtenteils leer. Es gab Salz und Pfeffer, Mehl und Zucker, und im Kühlschrank fanden sich ein paar Zutaten. Nur richtiges Essen konnte sie so gut wie gar nicht entdecken - was aber auch kein Wunder war. Erst als sie in den Edelstahldosen auf dem Tresen nachschaute, wurde sie fündig. Die waren nicht beschriftet, eine enthielt Milchpulver, eine andere Teebeutel, die nächste Zucker, und erst beim Blick in die größte der Dosen stieß sie auf Kaffee. Nach ihrer Schätzung reichte das bestenfalls für zwei Kannen.
Sie setzte den Kaffee auf und ging in der Küche hin und her, während sie darauf wartete, dass das heiße Wasser durch den Filter lief. Die Fragen in ihrem Kopf hatten sich aufgestellt wie eine kleine Armee und warteten auf Antworten. Wenn sie nicht verflucht waren, was waren sie dann? Wie würde sich das alles auf ihr Leben auswirken? Immer wieder wanderte ihr Blick zur Decke, und jedes Mal verzog sie mürrisch den Mund. Sie konnte verstehen, dass Lucian müde war, doch fiel es ihr schwer, sich in Geduld zu üben und auf Rachel zu warten, wenn er ihre Fragen genauso gut beantworten konnte.
Als die Kaffeemaschine summte, da das Wasser durchgelaufen war, verließ Leigh die Küche und ging zur Tür, um nach draußen zur Auffahrt zu sehen, die in einem Halbkreis am Haus vorbeiführte. Von Rachel war noch nichts zu entdecken, und es näherte sich auch kein Wagen dem Grundstück.
Leigh schnalzte ungehalten mit der Zunge, dann schaute sie zur Treppe. Inzwischen musste Lucian unter der Dusche hervorgekommen sein. Vielleicht fühlte er sich jetzt ja ausgeruhter, und ihm stand der Sinn mehr nach Reden als zuvor. Sie konnte zumindest mal nach ihm sehen und ihm einen Kaffee bringen, damit er etwas zugänglicher wurde.
Sie biss sich auf die Unterlippe und warf noch einen Blick auf die Zufahrt zum Haus. Nach wie vor war kein Wagen zu sehen. Sie würde zwei Tassen Kaffee eingießen, und wenn Rachel bis dahin noch immer nicht aufgetaucht war, würde sie Lucian eine Tasse bringen und ihm ein paar Fragen stellen, bis diese Frau eintraf.
7
Leigh sah es als gutes Zeichen an, dass aus dem Bad nicht das Geräusch von laufendem Wasser zu hören war, als sie in Lucians Schlafzimmer zurückkehrte. Sicher bedeutete es, dass er mit seiner Dusche fertig war, so wie sie es erhofft hatte. Aber erst als sie die Tür mit dem Fuß zudrückte, wurde ihr bewusst, dass Lucian ebenso gut nur mit einem Handtuch bekleidet mitten im Zimmer hätte stehen können.... oder sogar völlig nackt. Das hätte peinlich werden können.
Jedenfalls für ihn. Die Vorstellung, ihn so anzutreffen, weckte in ihr Bilder, die sie erröten ließen, wenn auch nicht vor Verlegenheit. Dieser Mann, dieses wandelnde Muskelpaket, ist wirklich gefährlich, dachte sie und erinnerte sich an seinen Anblick in der Küche. Sie verdrängte die Erinnerung daran ebenso wie die Gedanken, die sich in diesem Zusammenhang regten, und ging zum Nachttisch, um dort das Tablett abzusetzen. Darauf befanden sich zwei Tassen Kaffee, ein Schälchen mit Zucker und eins mit Milchpulver. Da sie keine Ahnung hatte, wie er seinen Kaffee am liebsten trank, sollte er sich selbst bedienen.
Dass es Bestechung war, war nicht zu leugnen. Sie hoffte, ihn mit dem Kaffee freundlicher zu stimmen, wenn sie ihn mit weiteren Fragen überhäufte. Sie ging zur Badezimmertür und lauschte, doch von nebenan war überhaupt kein Geräusch zu hören, keine Bewegung, kein Rascheln oder Ähnliches.
Leigh biss sich auf die Lippe. Hatte sie ihn womöglich verpasst, und er war längst komplett angezogen aus dem Zimmer gegangen? Sie ließ ihren Blick durch das Schlafzimmer schweifen, aber alles sah noch so aus wie zuvor, als sie es verlassen hatte. Vielleicht war er ausgerutscht und hatte sich den Kopf angeschlagen, als er aus der Dusche
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