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Ein verboterner Kuss

Titel: Ein verboterner Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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kraftlos.
    Alle atmeten erleichtert auf. Sir John weilte wieder unter den Lebenden, vorerst wenigstens.
    Unter Abduls Argusaugen tischte Mrs Stokes an diesem Abend und auch am nächsten ein womöglich noch exzellenteres Mahl auf als an den Abenden zuvor, aber Melly stocherte nach wie vor nur lustlos in ihrem Essen herum. Grace beobachtete sie besorgt. Das sah Melly so gar nicht ähnlich. Der Zustand ihres Vaters hatte sich während Grannys Behandlung nicht verschlechtert, und er nahm wenigstens Flüssiges zu sich.
    Gegen Ende der Mahlzeit klopfte Enid, Mrs Stokes Nichte, an die Tür zum Speisesaal und trat mit sorgenvoller Miene ein. „Bitte entschuldigen Sie, Mylord, Herr Vikar, die Damen, aber ich komme gerade aus Sir Johns Zimmer, weil ich das Tablett mit seinem Abendessen abholen wollte ... “
    Melly sprang auf. „Ist irgendetwas ...“
    „O nein, Miss, es geht ihm genau wie immer. Er hat zwar nichts gegessen, aber Granny hat ihn den ganzen Tag Kräutertee trinken lassen, und den hat er auch bei sich behalten, das ist ein gutes Zeichen. Nur ... “ Sie zerknüllte nervös ihre Schürze. „Ich habe ein bisschen mit ihm geplaudert, ohne böse Absicht -ich meine, er ist sehr freundlich, und es lässt sich gut mit ihm plaudern. Aber ... “ Sie sah erst Abdul, dann Frey an. „Ich habe von Mr Abdul erzählt, und dann ist mir herausgerutscht, dass wir gerade auch einen Vikar im Haus haben. Und jetzt will er den Vikar sehen. Allein und auf der Stelle.“
    Melly hielt erschrocken die Luft an, und Grace und Dominic tauschten verstohlene Blicke.
    „Es tut mir leid, Miss“, fügte Enid hinzu. „Ich weiß, ich hätte das nicht sagen dürfen.“ Abdul entließ sie mit einer Handbewegung.
    Grace setzte sich neben Melly und nahm ihre Hand. „Melly, es besteht kein Grund, gleich das Schlimmste zu befürchten.“ Melly fing an zu schluchzen.
    Frey legte seine Serviette hin und erhob sich. „Miss Pettifer, es gibt keinen Anlass zur Besorgnis. Wir wissen ja noch gar nicht, was er überhaupt von mir will“, sagte er ruhig. „Ich gehe jetzt zu ihm nach oben und spreche mit ihm. Es war sehr nachlässig von mir, dass ich mich nicht sofort nach meiner Ankunft bei ihm vorgestellt habe. Sie bleiben jetzt hier sitzen und trinken eine schöne Tasse Tee. Ich werde Ihnen berichten, sobald Ihr Vater das Gespräch mit mir beendet hat.“
    Zu Grace’ Erstaunen hörte Melly tapfer auf zu schluchzen und nickte. „Tee wäre jetzt gut“, brachte sie mühsam hervor.
    Frey ging nach oben und stellte sich Sir John vor. Er war dem Mann nie zuvor begegnet, aber obwohl er erschrak, wie dünn und zerbrechlich der alte Herr aussah, so ermutigte ihn doch der wache Ausdruck seiner Augen.
    „Kann ich Ihnen irgendetwas bringen lassen, Sir?“, fragte er. Sir John machte eine ablehnende Handbewegung und verzerrte vor Schmerz das Gesicht. „Holen Sie sich einen Stuhl, mein Junge, von dem grässlichen Zeug nehme ich später etwas.“ Er zeigte auf die kleine Flasche Laudanum neben sich auf dem Nachttisch. „Das macht mich immer ganz durcheinander, also warte ich damit, bis ich gesagt habe, was ich zu sagen habe.“
    Frey setzte sich zu ihm, verschränkte die Hände und wartete ab.
    Sir John musterte ihn prüfend. „Netterton, ja? Ich kannte mal einen Humphrey Netterton, als ich noch jung war. Ihr Vater?“
    Frey nickte. „Ja, Sir. Man hat mich nach ihm benannt.“ „Netter Kerl, Ihr Vater. Tat mir leid zu hören, wie er gestorben ist.“ Sir John schnaubte leise. „Zu jener Zeit war ich allerdings eher bekannt mit Ihrem Onkel Cedric.“ Er schüttelte den Kopf. „Konnte es einfach nicht glauben, als er ausgerechnet Pfaffe wurde. Doch nicht Ceddie Netterton!“
    „Er ist inzwischen Bischof, Sir.“
    „Großer Gott! Was ist nur aus dieser Welt geworden?“ Er grinste Frey an. „Ist er schrecklich aufgeblasen?“
    „Ganz schrecklich.“ Frey grinste zurück.
    „Immer noch so ein knauseriger Geizkragen?“
    „O ja, das ist er, Sir.“ Frey fing an, diesen alten Gentleman ausgesprochen gern zu mögen.
    „Nun ja, dann hat er sich ja wohl nicht allzu sehr verändert. Ich allerdings auch nicht, leider. Ich kann das Geld nicht Zusammenhalten, er kann es nicht ausgeben. So, und nun zu dieser Sache mit meiner Tochter.“
    „Sir?“
    „Ich möchte, dass Sie am Sonntag das Aufgebot verkünden. Für sie und DAcre. Es ist alles arrangiert.“
    Frey runzelte die Stirn. Er zögerte, aber er konnte dazu einfach nicht schweigen. „Sir, bitte

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