Ein verführerischer Schuft
in das fabelhafte apfelgrüne Seidenkleid, das Adriana entworfen hatte. In dieser Nacht war der Ball der Duchess of Richmond.
Traditionell galt dieser Ball als offizieller Auftakt der Saison.
Noch ehe sie die Tür der Herzogin erreichten, war klar, dass das Gedränge furchtbar sein würde; ihre Kutsche benötigte vierzig Minuten, nur um über die Auffahrt zu fahren und sie vor den Eingangsstufen unter dem eigens errichteten Vordach aussteigen zu lassen, das die eleganten Kleider der Damen von den gelegentlichen Regenschauern schützen sollte. Sobald sie im Haus waren, schlug ihnen der Lärm tausender Stimmen entgegen, Freunde riefen ihnen Grußworte zu - es war unmöglich, sich nicht von der ausgelassenen Stimmung anstecken zu lassen.
Geoffrey war der Erste, der sie entdeckte.
»Darf ich?« Er nahm Adrianas Arm, bot Alicia seinen freien und brachte sie dann zu einem Platz zwischen drei Topfpalmen, die Schutz boten vor den Menschenmassen.
Sie blieben dort stehen, atmeten tief durch. Alicia klappte ihren Fächer auf und wedelte sich frische Luft zu.
»Jetzt verstehe ich, weshalb solche Gesellschaften oft einfach ›Gedränge‹ genannt werden.«
Geoffrey warf ihr einen mitfühlenden Blick zu.
»Glücklicherweise wird es nicht viel schlimmer als so.«
»Dem Himmel sei Dank«, murmelte Adriana.
Nach und nach stießen die anderen, mit denen sie sich angefreundet hatten, zu ihnen; es war eine angenehme Runde, die sich innerhalb kürzester Zeit gebildet hatte. Miss Carmichael und Miss Pontefract, zwei überaus vernünftige junge Damen aus guter Familie halfen, ein Gleichgewicht der Geschlechter wenigstens in etwa herzustellen. Man tauschte die letzten Geschichten aus, die man gehört hatte, die Herren, von denen die meisten ihre Tage in ihren Clubs verbrachten, hatten oft noch nicht erfahren, was die Damen bereits wussten, und umgekehrt.
Gelegentlich kam eine ältere Dame und blieb stehen, unterhielt sich mit Alicia; manche brachten ihre Töchter, um sie ihr vorzustellen. Lady Horatia Cynster lächelte und nickte ihr zu; später kam auch die Duchess of St. Ives und machte Alicia ein Kompliment zu ihrem Kleid.
»Sie sind ebenso hinreißend wie Ihre Schwester.«Die hellgrünen Augen der Herzogin waren forschend auf sie gerichtet.
»Ich bin erstaunt, dass Torrington nicht da ist. Rechnen Sie heute Abend mit ihm?«
Sie war sich nicht ganz sicher, was sie darauf antworten sollte, und sagte schließlich einfach:
»Ich glaube, er wird bald eintreffen.«
»Sicher, und er wird Sie auch gewiss nach Hause bringen.« Das Lächeln der Herzogin vertiefte sich, und sie legte Alicia eine Hand auf den Arm.
» Bien. Das ist gut. Ich bin ja so froh, dass er den Verstand besessen hat, selbst etwas zu unternehmen, statt es weiter vor sich her zu schieben - und es ist so angenehm zu sehen, dass er sich so ausgezeichnet um Sie kümmert.« Ihr Blick glitt zu Geoffrey.
»Und dieser hier, wird sich - wenn meine alten Augen mich nicht täuschen - Ihrer Schwester annehmen, hein ?«
Alicia hob die Brauen.
»Wie es aussieht, hegt er den Wunsch, sicher, allerdings muss sie ihm noch sagen, dass er es darf.«
Die Herzogin lachte.
» Bon! Es ist immer klug, Männer wie ihn im Ungewissen zu lassen, wenigstens für eine gewisse Weile.«
Mit einem Nicken zu Adriana und Sir Freddie, der sie entdeckt und sich in ihre Richtung verneigt hatte, tätschelte die Herzogin Alicia die Hand und ging weiter.
Die Tanzfläche befand sich im angrenzenden Raum, durch einen Türbogen von dem Salon getrennt. Alicia lehnte alle Aufforderungen zum Tanz ab, blieb bei den Palmen stehen und unterhielt sich mit denjenigen der Herren, die gerade nicht mit den anderen Damen beschäftigt waren.
So groß war das Gedränge, dass es sie beinahe überraschte, dass Tony sie finden konnte. Es war schon spät, als er erschien.
Seine Finger schlossen sich um ihr Handgelenk; sie schaute auf in sein Gesicht, lächelte ihn an, wurde sich eines nicht sehr ausgeprägten, aber eindeutig vorhandenen Gefühls der Erleichterung bewusst, dass er unversehrt vor ihr stand. Eine Erleichterung, die gleich darauf Sorge wich, als sie in seine Augen blickte und dort Müdigkeit las.
Er hob ihre Hand an seine Lippen, benutzte die Geste, um seine Grimasse zu verbergen.
»Ich hatte vergessen, wie furchtbar überfüllt diese Gesellschaften doch sind.«
Sie lächelte und ließ sich näher zu ihm ziehen.
»Auf der Tanzfläche soll man sich kaum bewegen können, habe ich gehört.«
Er zog
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