Ein verführerischer Schuft
hatte; er deutete auf die ein kleines Stück entfernte Gruppe.
»Sollen wir uns zu ihnen stellen?«
Sie fasste sich und war zu einem königlichen Nicken in der Lage. Entzückt und bezaubert legte er sich ihre Hand auf den Arm und ging mit ihr zu Geoffrey.
»Manningham?«
Geoffrey nahm seinen Blick sichtlich widerstrebend von der liebreizenden Adriana. Die Rivalität, die in ihrer Jugend durchaus bestanden hatte, zeigte sich sofort in seinen Augen.
Tony lächelte.
»Erlaube mir, dir Mrs. Carrington vorzustellen - Miss Pevenseys Schwester … und Vormund.«
Geoffrey blickte kurz zu ihr, dann warf er Tony einen sprechenden Blick zu, ehe er sich beeilte, sich vor Alicia zu verbeugen und ihr die Hand zu schütteln. Andere nutzten den Umstand, dass er abgelenkt war, gnadenlos aus und sicherten sich Adrianas Aufmerksamkeit. Tony bemerkte, dass sie zwar keine Vorliebe für irgendeinen ihrer eifrigen Verehrer erkennen ließ, sehr wohl aber aus dem Augenwinkel immer wieder zu Geoffrey schaute, der mit ihrer Schwester die gewöhnlichen Artigkeiten austauschte.
Zufrieden mit der Rolle des Beobachters unternahm er keinen Versuch, Geoffrey loszueisen. Stattdessen verfolgte er interessiert, wie Alicia Carrington sich geschickt alles bestätigen ließ, was er ihr erzählt hatte, und noch ein paar Informationen mehr herausholte. Ihr Wunsch, ihre jüngere Schwester zu beschützen, ihre Entschlossenheit, dafür zu sorgen, dass man sie in keiner Weise übervorteilte, war klar und deutlich aus allem herauszuhören. Keiner der Männer, die sich um Adriana versammelt hatten, konnte daran zweifeln. Ihre Schwester würde immer zu ihrem Schutz bereitstehen.
Mit ihrer zielstrebigen Art erinnerte sie ihn an eine Löwin, die über ihr Junges wachte; wehe dem, der es zu bedrohen wagte. Sie war ruhig, entschlossen und vernünftig, reif, aber nicht alt; sie und die jungen Damen, die ihm in den vergangenen Wochen vorgeführt worden waren, waren so verschieden wie Tag und Nacht. Und dieser Unterschied war segensreich.
Über den Stallburschen, den er in die Gasse hinter den Häusern der Waverton Street geschickt hatte, um mit den Dienstboten das eine oder andere Schwätzchen zu halten, hatte er erfahren, dass Mrs. Carrington ihre Kutsche in den nahen Mietställen bestellte und auch, dass sie - wie es ihre Gewohnheit war - um die Mittagszeit ihre Wünsche dem Kutscher mitgeteilt hatte. Mit diesem Wissen bewaffnet war er früh eingetroffen, übrigens sehr zu Lady Motts Freude; er war bereits im Ballsaal gewesen, als Alicia Carrington eingetroffen war.
Er hatte sie über eine Stunde lang beobachtet, ehe er sich ihr genähert hatte; in der Zwischenzeit hatte er zugesehen, wie sie, ohne mit der Wimper zu zucken, drei völlig passende Gentlemen wegschickte, die wie er ihre ruhigere Schönheit mit der angedeuteten Reife und ihre subtileren Reize attraktiver fanden als die unbestreitbare Schönheit ihrer Schwester.
Wie bei allem anderen, das sie als Antwort auf seine Fragen enthüllt hatte, klang auch ihre Ablehnung der Ehe ehrlich. Sie war wirklich nicht interessiert, wenigstens derzeit nicht. Sie war ganz auf ihre Aufgabe konzentriert … Es war eine Versuchung, sie abzulenken, herauszufinden, ob er es konnte …
Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sie; sie befragte immer noch Geoffrey, der Tonys geschultem Auge nach das Vorankommen zunehmend schwierig fand.
Er hatte seine Pflicht getan. Er hatte sich davon überzeugt, dass sein erster Eindruck von Mrs. Carrington richtig gewesen war; sie hatte Ruskin nicht das Stilett zwischen die Rippen gestoßen, und er konnte keinen Grund erkennen, weshalb ihre Behauptung anzuzweifeln war, dass sie Ruskin nicht näher gekannt hatte. Es gab hier nichts von Interesse für Dalziel.
Nachdem er seine Mission erfüllt hatte, könnte er sich eigentlich zurückziehen und Geoffrey seinem Schicksal überlassen. Warum sollte er in Alicia Carringtons Nähe bleiben?
Das leise Kratzen eines Geigenbogens kündete von der Rückkehr der Musiker und dem folgenden Walzer. Geoffrey richtete sich auf, versteifte sich und warf ihm einen unmissverständlich flehenden Blick zu. Von Mann zu Mann. Von einem alten Jugendfreund-Rivalen zum anderen.
Tony griff nach Alicias Hand.
»Würden Sie mir die große Ehre erweisen, Mrs. Carrington?« Er verbeugte sich.
Alicia blinzelte, erschreckt von Tonys plötzlichem Griff um ihre Finger. Als er sich aufrichtete, sah sie zu Lord Manningham, nur um zu entdecken, dass Seine
Weitere Kostenlose Bücher