Ein verfuehrerischer Tanz
nicht über ihren befriedigten Gesichtsausdruck hinwegtäuschen konnte. Er fiel ein paar Schritte zurück, um genussvoll den aufreizenden Schwung ihrer Hüften zu beobachten. Vielleicht war dieser Tag doch erfolgversprechender verlaufen als gedacht.
Er folgte ihr zum Dienstbotenflügel und zu einem unauffälligen Nebeneingang. Sie steckte einen Schlüssel ins Schloss, er passte. Wieso kannte sie das Haus schon so gut? Verdammt, Spencer lebte seit fast fünfzehn Jahren in Braxton Hall, und er hatte diese Tür noch nie wahrgenommen.
»Wo gehen wir hin?«, wollte er wissen, als sie durch einen dämmrigen, engen Korridor liefen.
Sie drehte sich um und musterte ihn fassungslos.
»In die Küche natürlich.«
»Oh, natürlich.« Kopfschüttelnd folgte er ihr. In der Küche angekommen, nahm Amelia aus einem Schrank zwei abgedeckte Platten heraus und stellte sie zusammen mit einem Gedeck auf die Küchenarbeitsplatte.
»Hast du Hunger?«, fragte er, als sie Wein in ein großes Glas goss.
»Nein, aber du.«
Sie nahm die Abdeckung von einer der kalten Platten. Spencers Blick fiel auf Schinken, Roastbeef, gebratene Hähnchenschenkel, gepökelte Zunge …
»Kein Lamm«, versicherte sie. »Und hier ist Brot.«
Spencer lief das Wasser im Mund zusammen.
»Also dann. Worüber wolltest du mit mir sprechen?«
»Verzeihung?« Sie schob sich eine kitzelnde Strähne aus der Stirn.
»Du hast vorhin im Stall gesagt, dass du auf mich gewartet hast, weil du mit mir etwas besprechen wolltest.«
»Das hat Zeit bis morgen früh. Hier, nimm ein paar Gürkchen.«
»Nein.« Er stützte sich auf der Holzplatte ab. »Es war dir immerhin so wichtig, dass du aufgeblieben bist und mich draußen gesucht hast. Also, worum geht’s?«
Seine Frage übergehend, schob sie ihm einen kleinen Tontopf hin.
»Butter.«
»Zum Donnerwetter noch mal, ich will keine Butter!«
»Auch gut.« Sie nahm den Tiegel wieder weg.
Er fuhr sich durch die Haare.
»Verdammt, Amelia. Was willst du?«
»Wieso isst du nichts?«
»Wieso interessiert dich das?«
»Wieso behandelst du mich nicht so, wie du deine Pferde behandelst?«
Ihm blieb die Spucke weg.
Gereizt verschränkte sie die Arme.
»Wieso ich dich nicht wie meine …« Er schüttelte den Kopf, als hätte er sich verhört. »Du bist lustig. Vielleicht, weil du kein Pferd bist?«
»Stimmt, ich bin kein Pferd. In deinen Augen steh ich offenbar weit unter dieser Spezies. Zumindest werden die Pferde ab und an ausgeführt.«
Sie schnitt ein Brötchen auf. »In diesem Haus sind gemeinsame Mahlzeiten wohl ein Fremdwort«, murrte sie. Energisch bestrich sie eine Brötchenhälfte mit Butter. »Ich bin gewiss keine Intelligenzbestie. Und ich bin nicht unbedingt mit Schönheit und Charme gesegnet. Dafür hab ich andere Qualitäten.« Sie fuchtelte mit dem Messer vor seiner Nase herum. »Ich kann Menüs planen, einen Haushalt führen, Gäste unterhalten. Mich um Menschen kümmern. Aber du versagst mir die Chance, dass ich mein Talent unter Beweis stelle.«
»Das ist nicht wahr.« Schließlich war er das arme Schwein, dem in dieser Ehe so einiges versagt blieb, oder?
»Du versagst mir rigoros alles! Du hast mich aufs Land gebracht, weit weg von meiner Familie und meinen Freundinnen. Meine Menüs werden ignoriert, genau wie meine Freundschaften. Ich darf keine Gäste einladen. Du erlaubst mir nicht mal, dass ich ein dummes kleines Sitzkissen sticke.« Laut klirrend fiel ihr Messer auf den Tisch. »Was schließt du daraus, mmh?«
»Amelia …«
»Ach ja, und noch was anderes. Die Pferde sind ›mein Schätzchen‹, ›Süße‹, ›Kleines‹. Ich bin bloß Amelia.« Sie zog ihren Namen übertrieben in die Länge und imitierte seine tiefe Stimme.
Spencer fiel die Kinnlade herunter. Sie hatte ihn im Stall belauscht? Die Vorstellung, dass sie ihm nachspioniert haben könnte, entflammte abermals seinen Zorn.
»Bloß Amelia«, wiederholte er. »Ja, ich ziehe es vor, dich mit deinem Vornamen anzureden. Aber das mit dem ›bloß‹ ist auf deinem Mist gewachsen.«
Sie presste die Lippen aufeinander.
»Möchtest du lieber, dass ich dich mit Kosenamen anspreche? Soll ich wirklich ›mein Schatz‹, ›mein Liebling‹ oder ›Kleines‹ zu dir sagen? Das kann nicht dein Ernst sein, oder?«
»Nein«, fauchte sie. »Was du sagst, stimmt. So eine Heuchelei wäre schlimmer als gar keine Kosenamen. Bitte vergiss, was ich gesagt habe.« Ärgerlich griff sie nach dem Weinglas und trank einen großen Schluck. »Ich hab
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