Ein verruchter Lord
schmerzhaften Verlangens gezogen, gepaart mit unendlicher Zärtlichkeit und Fürsorge füreinander. Wie konnten sehnsüchtiges Begehren und wilde Rachsucht so dicht beieinanderliegen? Oder war das Bedürfnis, sich zu entschädigen für erlittenes Unrecht, gar nicht so sehr gegen ihn gerichtet? Konnte es sein, dass sie gemeinsam Vergeltung an der Welt zu üben suchten, weil sie sich deren Unbarmherzigkeit nicht beugen wollten? Schrien sie mit ihren Körpern, ihren Mündern und ihren heißen, forschenden Händen ihren Protest heraus? Vielleicht. Dennoch ließen die Stimmen, die sie zur Vorsicht mahnten, sich nicht zum Schweigen bringen.
Wenn du mit ihm schläfst, kann es passieren, dass du nie wieder auftauchst und dich ihm völlig unterwirfst.
Sie wusste es und wollte es doch nicht wahrhaben. Spürte bloß, wie sie davonglitt, wie sie sich in ihm verlor, wie sie anfing zu vergessen, warum sie hergekommen und warum sie geblieben war. Keuchend löste sie mit einem Mal den Mund von seinem und drehte den Kopf zur Seite. » Nicht! Hör auf! «
Er hielt inne, lag absolut reglos auf ihr und schaute mit Augen, die beinahe schwarz waren vor Verlangen, auf sie herab.
Sie schluckte. » Lass mich los « , flüsterte sie heiser und kaum hörbar, um es etwas energischer zu wiederholen. » Lass mich los! «
» Das willst du nicht wirklich. « Sein Gesicht wurde hart, sah aus wie aus Stein gemeißelt. » Ich kann doch fühlen, wie heiß und feucht du bist. « Er presste sich wieder zwischen ihre Beine. » Du willst mich in dir haben. «
Stöhnend stieß sie den Atem aus, weil sie wusste, dass es stimmte. Und trotzdem beharrte sie auf ihrer Weigerung. » Nein. «
Er ließ sie nicht los. » Ich kann spüren, wie bereit du bist, wie dein Körper, dein Unterleib bebt und zittert. Wenn ich gleich jetzt in dich eindringen würde, könntest du deinen Höhepunkt in meinen Mund schreien so wie gestern, und niemand würde auch nur einen Mucks hören. «
Weil sie sich in einer Zelle befand als seine Gefangene, auf den Boden gedrückt, überwältigt und willenlos gemacht. Der Himmel stehe ihr bei, aber der Gedanke erregte sie zusätzlich. Genau wie ihn. Das war das Dunkle in ihm, die wilde Gesetzlosigkeit, die ihn der Krieg gelehrt hatte. Und diese Wildheit zog sie an, stachelte ihr Verlangen an, brachte sie dazu, sich wie eine Kriegsbeute auf dem Boden nehmen zu lassen. Zugleich spürte sie seine eigene Verletzlichkeit, und das war es, was sie damals in jener Nacht in sein Zimmer und in sein Bett lockte. Obwohl sie wusste, wie es enden würde. Sie hatte mit dem Feuer gespielt, bis aus einem glimmenden Funken ein Flächenbrand entstand. Würde sie es wieder tun? Und sich nehmen, was sie wollte?
Er denkt, du bist seine Gefangene, weiß nichts von dem Schlüssel und dass du freiwillig hier bist.
Und deshalb wird er sich später verfluchen und sich mit zusätzlichen Schuldgefühlen herumschlagen – auch wenn jetzt sein Blut heiß und sein Verlangen übermächtig ist.
Nein, sie wollte ihn nicht in eine neue Krise stürzen, nicht so gewissenlos sein wie Blakely, der ihm bewusst Schuld aufbürdete. Deshalb musste sie einen klaren Kopf bewahren und ihr eigenes Verlangen zähmen. » Lass mich los, Jack. «
Traurig sah sie das Begehren in seinen Augen ein letztes Mal aufflackern. Für einen Moment gerieten ihre guten Vorsätze ins Wanken, und ihr hungriger Körper hoffte bereits auf Erlösung. Bis sich der Griff seiner Finger um ihre Handgelenke lockerte und er sich von ihr herunterrollte.
Sie setzte sich auf, rieb sich die Handgelenke, zog ihre Röcke ordentlich herunter und schlug die Füße sittsam übereinander. Als sie ihn anschaute, hatte er sich halb abgewandt und hielt sich eine Hand vors Gesicht. » Ich bitte um Verzeihung « , sagte er gepresst.
Sie spürte, dass in seinem Innern nach wie vor ein heftiger Kampf tobte. Sein Begehren war so viel mehr als reine Lust, so viel mehr als pure Einsamkeit und Verlorensein. Er war ein seltsamer, komplizierter Mann, voller Stärken und Schwächen und vor allem voller Widersprüche. Ein Mann, den die Erlebnisse des Krieges einerseits hart gemacht und andererseits beinahe zerbrochen hatten. Die richtige Frau könnte ihm helfen, seine Seele zu heilen. Aber konnte sie diese Rolle übernehmen?
War sie nicht viel zu unsicher, um ihm Halt zu geben?
Würde sie sich dabei nicht vollends verlieren?
Sie erinnerte sich an ihre Sehnsucht, in ihm zu versinken und nie wieder aufzutauchen. Dem durfte
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