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Ein verruchter Lord

Ein verruchter Lord

Titel: Ein verruchter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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die Augen und lauschte dem Geräusch ihrer streichenden und glättenden Hände. Klammerte sich daran und passte ihm seine Atmung an, als würde es den Takt seines Lebens vorgeben. Er stellte sich vor, es würde für immer so weitergehen, gleichmäßig und ewig wie das Meer selbst. Für den Rest seines Lebens in diesem Zimmer dem friedlichen, rhythmischen Klang von Laurels Händen lauschen.
    » Wegen seiner falschen Entscheidungen waren wir inzwischen von den anderen Einheiten abgeschnitten und von Franzosen umzingelt. Wir versteckten uns im felsigen, bergigen Gelände und warteten darauf, dass unser Kommandant etwas zu unserer Rettung unternahm. Er wollte oder konnte nicht – ich weiß es bis heute nicht. Schließlich ergriff ich die Initiative und übernahm das Kommando. Blakelys Versagen hätte sich den Vorgesetzten gegenüber leicht mit einer plötzlichen Krankheit oder mit Kontrollverlust entschuldigen lassen, damit er nicht unehrenhaft dastand. Er aber lehnte meine Vorschläge rundheraus ab, warf mir Verrat vor. Und weigerte sich weiterhin, den Rückzug zu befehlen. Das sei feige, meinte er. «
    Die Wellen rollten weiter an den Strand. Jack schloss die Augen und wünschte sich, auf diesen Wogen davonzusegeln, von diesen unermüdlichen Händen gestreichelt zu werden, an diesem weichen Busen zu schlafen. Träumte davon, neben diesem herrlichen Wesen aufzuwachen und sich auf sie zu rollen, sie unter sich zu spüren, verschlafen und anschmiegsam und willig und feucht.
    Was würde sie von ihm denken, wenn sie erst die volle Wahrheit kannte?
    » Am Ende habe ich Blakely verlassen, um die anderen über das Schlachtfeld zurück zur Hauptachse der englischen Armee zu führen. Wir sind wie Ratten durch die Dunkelheit gekrochen, ohne Stolz oder Bravour. Es war die einzige Möglichkeit, lebend zurückzugelangen. «
    Weiterhin blieb es still im Raum, die Wände stürzten nicht ein, und die Decke senkte sich nicht zur Strafe auf ihn herab. Ein Teil seines Geheimnisses war bereits enthüllt worden, ohne dass etwas passierte. Die Welt blieb nicht stehen, und Laurel fuhr ungerührt mit ihrer sinnlosen und zugleich so beruhigenden Beschäftigung fort. Vielleicht wurde ja doch noch alles gut, nachdem er sein Gewissen erleichtert hatte. Aber der schlimmste Teil seiner Beichte kam noch.
    » Ich habe ihn nicht nur zurückgelassen. « Er atmete tief ein und stieß langsam den Atem wieder aus. » Ich habe ihn auch getötet. «
    Die Geräusche verstummten. Er schlug die Augen auf und sah, dass Laurel sich zu ihm gedreht hatte und ihn anschaute. » Die Franzosen haben ihn getötet « , sagte sie sanft. » Er ist aus eigenem Antrieb in den Krieg gegangen. Du hast seinen Tod nicht verschuldet. «
    Er schaute in ihre klaren blauen Augen. Auf See bedeutete ein solches Himmelsblau, dass man ewig weitersegeln konnte. » Ich habe einmal gelesen, Verzweiflung definiere sich folgendermaßen: Selbst für einen kurzen Moment kann man nicht mehr daran glauben, dass am Ende alles gut ausgeht. «
    Sie legte die Hände in den Schoß ihres Kleides und blickte ihm ernst ins Gesicht. » Ja, genau. Das ist hundertprozentig zutreffend. «
    Bezaubernde, ernsthafte Laurel, die sich bemühte, die passenden Worte zu finden. Wie sehr wünschte er sich, sie würde ihn erneut erlösen und diesmal für immer. Er machte eine vage Handbewegung. » Nein, Laurel, ich habe meinen Cousin mit meinen eigenen Händen umgebracht. «
    Er sah die Weigerung in ihrem Blick, das zu glauben, und fuhr fort, ehe sie ihn unterbrechen konnte. » Es geschah nach dem Rückzug, nachdem ich die Männer – oder zumindest die meisten von ihnen – sicher zur Truppe zurückgeführt hatte. Am nächsten Morgen bin ich wieder zurückgegangen, um Blakely zu suchen. Ich hoffte, dass er jetzt endlich Vernunft annahm und begriff, dass sein Entschluss zu bleiben falsch war. «
    Er stockte, denn bei dem, was er jetzt gestehen musste, würde sie sich bestimmt mit Grausen abwenden. Wie alle, die es erführen. Die ganze Welt. Warum erzählte er es ihr überhaupt, warum gab er so viel von sich preis, was er sonst mit niemandem teilen konnte? Um sein Versagen ihr gegenüber zu rechtfertigen oder zumindest zu erklären? Um sich als nicht zurechnungsfähigen Mann hinzustellen, der nicht zur Verantwortung gezogen werden kann?
    Nein, das wäre billig und feige. Was er sie wirklich wissen lassen wollte, war die Tatsache, dass alles seine Schuld gewesen war. Er hätte den Trost nicht annehmen dürfen, den sie

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