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Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein verzauberter Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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vor zwei Jahren, Maria. Den Kontakt zu Santina hatte sie abgebrochen. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, als sie loszulassen. Und jetzt existierte auch ihre letzte Verbindung zu Sizilien nicht mehr. Sie fasste sich an den Kopf; Schweißtropfen standen ihr auf der Stirn. Die letzte Verbindung. Sie spürte Panik in sich aufsteigen.
    »Geht’s dir gut, Muma?« Plötzlich war Tess ganz die besorgte Tochter. Sie trat zu Flavia, die auf dem alten, hölzernen Küchenstuhl am Tisch saß, beugte sich vor und legte Flavia sanft die Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid. Ich hatte ja keine Ahnung, dass dich das so aufregen würde. Habt ihr beide euch nahegestanden?«
    Flavia schüttelte den Kopf. »Nein«, erklärte sie. »Eigentlich nicht.« Ihr Arbeitgeber war Engländer gewesen und sie ein junges sizilianisches Mädchen. Und es war so lange her. Obwohl da eine Verbindung gewesen war … Edward war der erste Mensch gewesen, der Englisch mit ihr gesprochen hatte, und Edward hatte es ihr damals ermöglicht, nach England zu gehen. Genau wie sie hatte sich Edward in seiner Heimat fremd gefühlt, und daher war er nach Sizilien gezogen, obwohl es Jahre dauern sollte, bis sie begriff, warum. Puzzles waren nun einmal so. Manchmal hatte man alle Teile direkt vor sich und sah trotzdem nicht das ganze Bild.
    »Was dann?«, fragte Tess.
    Flavia fuhr mit der Handfläche glättend über ihre Schürze. Bügle alle Falten weg, und alles wird gut … Sie hätte nicht genau sagen können, was sie so getroffen hatte. Vielleicht lag es daran, dass sie Edwards Namen gehört hatte, oder es waren die Erinnerungen oder der Umstand, dass er tot war.
    Dann wurde ihr schlagartig klar, was genau der Grund war. »Warum haben diese Anwälte wegen seines Todes Kontakt zu dir aufgenommen?«, fragte sie. »Das verstehe ich nicht. Was hat das mit dir zu tun?«
    Tess stand neben ihr. Sie schien ganz aus langen Beinen und wildem dunkelblonden Haar zu bestehen. Sie sah genauso aus wie damals als Kind. »Er hat mir sein Haus vermacht, Muma.«
    Flavia blinzelte und runzelte die Stirn. »Was?«
    Tess wiederholte ihren Satz, was Flavia Zeit ließ, sich zu fassen und über seine Beweggründe nachzudenken. »Warum sollte er so etwas tun?«, fragte sie schließlich. »Ausgerechnet er …« Er hatte verstanden, wie Flavia empfand. Schließlich hatte er selbst mit England gebrochen, oder? Oder?!
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung«, gab Tess zurück. Sie hakte die Daumen in die Gürtelschlaufen ihrer Jeans. »Aber ich dachte, du wüsstest es vielleicht.«
    Langsam stand Flavia auf. Das Abendessen musste gekocht werden, eine willkommene Ablenkung. Zum Kochen war sie nicht zu alt. Dazu war man nie zu alt; obwohl sie sich heutzutage auf einen Gang und gelegentlich ein dolce beschränkte. Sie mochten in einem modernen englischen Dreizimmerhaus in einem Komplex aus identischen Häusern ein wenig außerhalb der Stadt leben ( sehr schick und ordentlich, liebste Flavia , hatte Lenny damals zu ihr gesagt), und vielleicht war hier alles ganz anders als in Sizilien (das war es auch), aber die cucina war trotzdem der wichtigste Raum. Ihre Küche und ihr Essen vermochten ihr immer wieder ein Gefühl von Sicherheit zu geben.
    »Also, so etwas«, sagte sie. Jedes Mal in ihrem Leben, wenn sie geglaubt hatte, Sizilien losgeworden zu sein, hatte ihre Heimat sie wieder eingeholt. Jetzt waren es Edward und die Villa Sirena, das Haus ihrer Kindheit, obwohl Flavia und ihre Familie natürlich nicht in der großen Villa selbst gelebt, sondern das Hausmeisterhäuschen auf der Rückseite des Anwesens bewohnt hatten.
    Was sollte sie sagen? »Er hatte keine Kinder. Vielleicht hatte er das Gefühl …« Ja, was hatte er empfunden? Verantwortung? Hatte er ihrer Tochter die Villa vererbt, um Wiedergutmachung zu leisten, weil er glaubte, etwas falsch gemacht zu haben? Sie zuckte mit den Schultern, denn sie war sich bewusst, dass diese Erklärung Tess nicht zufriedenstellen würde. Tess war schon neugierig auf die Welt gekommen und gab niemals Ruhe, wenn ihr etwas Rätsel aufgab. Und jetzt das. Es war, als hätte Edward gewusst, was für ein Mensch Tess werden würde. Und natürlich stellte sie Fragen.
    »Aber er muss doch Verwandte gehabt haben, Muma.« Dieser unschuldige Blick aus blauen Augen …
    »Vielleicht nicht.«
    Seine Schwester Bea war vor einigen Jahren gestorben, und sie war ebenfalls kinderlos gewesen. Dank Bea hatten Flavia und Lenny das Restaurant Azurro in Pridehaven aufmachen

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