Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)
gesagt, warum du hier bist.«
»Weil es dich
nichts angeht
, Fräulein Naseweis.«
»Oh, um Himmels willen, behandle mich nicht wie ein Kind! Ich bin keine neun mehr.«
»Schwer zu glauben«, brummte er, rückte ihre Maske zurecht und führte sie zur Tür. »Ich würde dich ja in die liebevolle Obhut deiner Brüder übergeben, aber niemand darf wissen, dass ich hier bin. Und ich denke, du willst auch nicht, dass jemand erfährt, dass
du
hier bist. Also bringe ich dich jetzt nach Hause, damit du keinen Ärger bekommst.«
Sie hätte ihm gern eine scharfe Antwort gegeben, doch sie waren inzwischen in der Eingangshalle, und es konnte jederzeit jemand aus dem Ballsaal kommen. Außerdem hatten Giles und sie gerade das gleiche Ziel: das Haus auf dem schnellsten Weg zu verlassen, ohne erwischt zu werden. Aber sobald sie in Sicherheit waren, wollte sie ihm gehörig Bescheid sagen. Von wegen Fräulein Naseweis! Und er hatte kein Wort über ihr Kostüm verloren. Würde sie für ihn denn ewig ein kleines Mädchen bleiben?
Er geleitete sie durch ein verwirrendes Labyrinth aus Zimmern und Korridoren, was ihr verriet, dass er schon einmal in diesem Haus gewesen sein musste, wahrscheinlich bei einer ähnlichen Veranstaltung. Es sei denn, er hätte sich das Stehlen zur Gewohnheit gemacht. Nein, unmöglich, dafür musste es eine vernünftige Erklärung geben!
Aber er gab ihr keine Gelegenheit zu fragen. Sobald sie draußen waren und eine dunkle Gasse hinunterliefen, riss er sich die Maske vom Gesicht. »Was soll das überhaupt für ein Kostüm sein, zum Teufel?«
»Marie Antoinette.«
»Großer Gott! Ist dir eigentlich klar, was hätte passieren können, wenn dich jemand erkannt hätte?« Er marschierte zielstrebig mit ihr auf Großmutters Stadthaus zu. »Es wäre das Ende deiner Zukunft gewesen! Hätte man dich auf einem solchen Fest von Newmarsh entdeckt, hätte es einen Skandal sondergleichen gegeben, und dein Ruf wäre ein für alle Mal ruiniert gewesen. Kein anständiger Mann würde eine Frau heiraten, die …«
»Es scheint sowieso keinen anständigen Mann zu geben, der mich heiraten will.« Sie nahm aufgebracht ihre Maske ab. »Meine Familie ist skandalbehaftet, und die einzigen Männer, die seit meinem Debüt um mich herumscharwenzeln, sind Mitgiftjäger und Taugenichtse.«
Außerdem will ich nur dich, dachte sie.
Er sah sie von der Seite an. »Wenn das wahr ist, solltest du dir nicht noch mehr Skandale aufladen. Wir wissen beide, wie sich die Gesellschaft an denjenigen rächt, die ihre Regeln missachten. Du solltest versuchen, den guten Namen deiner Familie wiederherzustellen.«
Das sagte ausgerechnet er! »Wie es meine Brüder tun?«, entgegnete sie bitter. »Wie du es tust?«
Sie waren bereits am Garten des Stadthauses der Plumtrees angekommen, und sie musste zusehen, dass sie die Wahrheit aus ihm herausbekam. »Warum hast du diese Papiere gestohlen, Giles? Was hat es damit auf sich?«
Ein Muskel in seiner Wange zuckte, als er sich ihr zuwandte. »Das hättest du nicht sehen dürfen. Und ich hoffe, du bist so vernünftig, Stillschweigen darüber zu bewahren.«
»Und wenn nicht? Was willst du dann machen?«, erwiderte sie voller Sarkasmus. »Mir ein Messer zwischen die Rippen rammen?«
»Sehr amüsant!« Er musterte sie im fahlen Licht des Mondes. »Aber wenn du es jemandem erzählst, musst du zugeben, dass du auch dort warst, und das willst du gewiss nicht. Zumal du zurechtgemacht bist wie … wie …«
Als er verstummte und sein Blick auf den Kamee-Anhänger fiel, der in der Mitte ihres halb entblößten Dekolletés ruhte, hielt sie den Atem an. Nun sah er sie endlich einmal als Frau! »Wie denn?«, fragte sie und legte so viel Sinnlichkeit in ihre Stimme, wie sie konnte.
Er riss seinen Blick los und sah ihr wieder ins Gesicht. »Wie ein liederliches Flittchen«, sagte er schroff. »Das darf wirklich niemand erfahren.«
Ein Flittchen! Er fand, sie sah wie ein Flittchen aus? Und noch dazu ein liederliches? »Warum nicht? Weil es meinen Ruf ruinieren könnte? Schlechter kann meine Lage eigentlich nicht werden.«
»Du hast immerhin eine Mitgift …«
»Die lediglich dafür sorgt, dass sich die falschen Männer für mich interessieren.« Sie hob das Kinn. »Aber ich bin überzeugt, du würdest meinen Ruf nicht aus purer Bosheit ruinieren. Dafür bist du zu sehr Gentleman.«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Und du würdest nicht wollen, dass ich wegen Diebstahls gehängt werde. Dafür sind wir zu gut
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