Ein vortrefflicher Schurke (German Edition)
ist!«
Minerva warf Giles ein verschmitztes Grinsen zu, doch er starrte Maria nur fassungslos an. Begriff sie denn nicht, dass es in dem Roman um ihn und Minerva ging? Es war doch völlig offensichtlich!
Maria löste sich von Minerva und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Oliver wird so gerührt darüber sein, dass du ihn in einem neuen Licht erscheinen lässt!«
»Das wage ich zu bezweifeln«, brummte Giles.
»Doch, wirklich! Er war immer ein wenig gekränkt, dass Minerva ihn als so einen schlimmen Schurken dargestellt hat. Und nun ist er zum Helden geworden! Eine ausgezeichnete Idee, Minerva!« Sie lächelte schüchtern. »Ich denke, ich habe vielleicht auch ein klein wenig dazu beigetragen, dass du dich dazu entschieden hast, ihn zu verändern.«
»Absolut«, sagte Minerva mit einem listigen Blick in Giles’ Richtung.
Er schnaubte.
»Man kommt nicht umhin zu bemerken, dass die Heldin klein und rundlich ist – genau wie ich«, fuhr Maria fort. »Deshalb hast du sie auch Miranda genannt, nicht wahr? Weil ich Shakespeare liebe? Und natürlich, weil mein Name mit ›M‹ anfängt.«
»Natürlich«, entgegnete Minerva vergnügt.
Diese kleine Lügnerin!
Maria drückte das Manuskript an ihre Brust und seufzte traurig. »Aber ich nehme an, das heißt, dass Rockton von nun an nicht mehr in deinen Büchern in Erscheinung treten wird.«
»Leider nicht.« Minerva sah Giles mit leuchtenden Augen an. »Von geläuterten Schurken geht nicht mehr so ein Reiz aus. Ich muss mir einen neuen Bösewicht suchen.« Als Giles den Blick gen Himmel richtete, fügte sie hinzu: »Ursprünglich hatte ich vor, ihn einfach sterben zu lassen …«
»Oh, nein! Das wäre schrecklich gewesen. Deinen Leserinnen hätte es gewiss nicht gefallen.« Maria klopfte auf das Manuskript. »Aber das hier werden sie lieben. Es ist wirklich großartig. Und so ergreifend, geradezu poetisch. Diesmal hast du dich wirklich selbst übertroffen!«
»Vielen Dank«, sagte Minerva und errötete vor Freude über die Komplimente ihrer Schwägerin.
Maria gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich muss es Oliver zeigen! Er wird es auch lesen wollen.« Und schon lief sie davon.
Giles ging mit finsterer Miene auf seine Frau zu. »Du hast
gewusst
, dass sie so reagieren würde.«
Das Luder besaß die Dreistigkeit zu lachen. »Ich hatte so eine Ahnung.«
»Und ich nehme an, deine anderen Leserinnen sehen es wie sie. Alle werden annehmen, dass es um Oliver geht und darum, wie seine Frau ihn verändert hat. Rockton wird in den Köpfen deiner Leserinnen wohl für immer mit deinem Bruder verknüpft sein.«
Ihre Augen funkelten. »Wahrscheinlich.«
»Sie werden überhaupt nicht darauf kommen, dass es eigentlich von dir und mir handelt, nicht wahr?«
»Ich denke nicht.«
»Und warum hast du mich dann gewarnt, bevor ich anfing zu lesen?« Er warf sein Exemplar des Manuskripts auf einen Beistelltisch. »Ich bin vor Schreck um Jahre gealtert, als ich sah, dass du die Heldin Miranda genannt hast. Du legst es eindeutig darauf an, dass ich einen Herzinfarkt bekomme, damit du mit Pinter durchbrennen kannst.«
Dass sie mit dem Ermittler durchbrennen wollte, war zu einem kleinen Scherz zwischen ihnen geworden, obwohl Giles stets noch etwas gereizt reagierte, wann immer ihnen Pinter begegnete.
»Sag ehrlich, wie findest du das Buch?«, fragte sie.
»Nun, du hast Rockton für meinen Geschmack viel zu wenig zu tun gegeben, und die Heldin müsste größer sein, aber alles in allem …« Er hielt inne, um sie auf die Folter zu spannen, und musste lachen, als sie eine Grimasse schnitt. »Ist es ein großartiger Roman.«
»Dann hat er dir also gefallen?«, hakte sie nach.
»Natürlich hat er mir gefallen. Schließlich hast du ihn geschrieben.«
Sie legte den Kopf schräg und sah ihn misstrauisch an. »Das sagst du nicht nur, um nett zu sein, oder?«
»Eines habe ich in den vergangenen Monaten gelernt, Liebling: Man handelt sich nur Kummer ein, wenn man eine kluge Frau wie dich belügt.«
»Weil du dann als Schurke in meinen Büchern erscheinst?«, stichelte sie.
»Weil es dir das Herz bricht. Da ist eine Szene, von der ich weiß, dass sie dem wahren Leben entstammt: als Rockton Miranda belügt und sie damit tief verletzt. Ich weiß sogar, wann du sie geschrieben hast. In Calais, nicht wahr?«
»Giles …«
»Schon gut. Ich verstehe es.« Er schloss sie in die Arme. »Aber du sollst wissen, dass ich dir nie wieder Anlass dazu geben werde, eine solche Szene zu
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