Ein weißes Land
vor mir. Ich blickte auf ihr wirres Haar und glaubte, sie wolle mich waschen, als sie mir die Hosen herunterzog. Ich wich zurück, doch hielt sie meine noch immer schmerzenden Eier fest in der Hand, zog daran, als würde sie eine Frucht ernten. Gleich darauf schien sie meinen Schwanz essen zu wollen und ich erstarrte in Erwartung unvorstellbarer Schmerzen. Doch aus der Mitte meiner Furcht vor ihren deutlich spürbaren Zähnen erhob sich etwas, mir wurde flau und zu meinem Schrecken ergoss ich mich mit einem Schnaufen, dass mir laut vorkam wie das eines Büffels. Nidal nebenan rülpste, während ich mich von der Frau losmachte, in die Wasserschüssel trat und hinfiel. Liegend inspizierte ich meinen noch immer angeschwollenen Schwanz. Ihr Lippenstift hatte sich darauf verteilt und ließ ihn fremd und wund erscheinen; mit zitternden Fingern stopfte ich ihn in die nasse Hose zurück. Auf dem roten Tuch zeichnete sich der riesenhafte Schatten des Offiziers ab.
»Du hast dich bepinkelt«, sagte er später und ich versuchte verzweifelt, ihm das auszureden. »Es macht nichts«, erwiderte er nur. »Wir haben beide gekämpft und ich habe gegen den Whisky verloren.«
3.
W as tust du nur mit deinen Händen?«
Mirjam trat an mich heran und mit einem Finger hob sie meine rechte Hand vor ihre Augen.
»Sie sehen aus, als würdest du in der Erde graben. Arbeitest du in einer Mine? Oder suchst du vielleicht Schätze?«
Ich zog meine Hand fort und versteckte sie hinter dem Rücken. Aufmerksam blickte ich sie an. Im gedämpften Licht des Cafés wirkte ihre Haut blass, die dunklen Augen schienen mir größer als früher. Ich fragte mich, ob sie in der Zwischenzeit dünner, vielleicht sogar krank geworden war. Aber ich sagte nichts. Ihr Anblick erinnerte mich an eine ferne Zeit.
Das Café hatte sich allerdings kaum verändert. Es war noch immer der verschwiegene, exklusiv wirkende Ort, den ich kannte: Im Vergleich zu den Teehäusern in der Altstadt gab es hier nur wenige Besucher. Dennoch verstand ich im Stimmengewirr kaum, was Mirjam sagte. Sie trank Limonade und rauchte wie alle anderen Zigaretten. Nur die zwei Posten auf der Terrasse waren mir schon bei der Ankunft aufgefallen.
»Wozu stehen die Männer dort?«, fragte ich und wies hinaus.
»Sie bewachen uns«, sagte sie leichthin.
»Vor wem?«
»Vor Leuten wie dir«, flüsterte sie und zeigte ihre Zähne.
Ich lächelte gequält. »Ist es wegen der Sache mit dem Auto damals?«
»Nein«, entgegnete Mirjam aufgebracht, »es ist wegen der Hetzreden im Radio, wegen dem, was in den Zeitungen steht und wegen dem, was in der Welt vorgeht. Wo warst du die ganze Zeit?«
»Hier«, entgegnete ich unsicher.
Sie ist wieder in der Stimmung zu streiten, dachte ich und fragte mich, ob sie auch zu Hause so war, wie sie hier auftrat. Ich war sicher, sie spielte in diesem Café eine Rolle, auf die sie sich vorbereitete. Wahrscheinlich genau dann, wenn sie die westliche Kleidung für den Abend aussuchte und für die Fahrt hierher sorgsam unter der Abbaja verhüllte.
»Warum grinst du?«, fuhr sie mich an. »Haben dich deine Leute nicht informiert, ich meine, deine Gangster und Waffenhändler? Die reden doch auch.«
Noch immer stellte ich mir die Maskerade vor, die sie betrieb, nur um an ein paar Abenden »modern« sein zu können wie die Frauen, die man auf der Kinoleinwand bestaunen konnte. Was ich vor nicht allzu langer Zeit noch bewundert hatte, befremdete mich jetzt so sehr, dass ich es kaum verbergen konnte. Ich sah ihren Lippenstiftmund und musste unwillkürlich an jene Hure denken; Lippenstifte gab es erst seit sehr kurzer Zeit, Mirjam war die zweite Frau, an der ich so etwas je gesehen hatte.
»Sag mir, was du so getan hast.« Sie wollte offensichtlich einlenken, doch meine Wortkargheit provozierte sie noch immer.
»Ich habe die Schule abgebrochen und arbeite.«
»Für die Offiziere, nicht wahr?«
Sie war gut informiert und mir wurde das Gespräch unangenehm. Ich schob die Hände in die Hosentaschen und fühlte mich wie in einem der amerikanischen Filme.
»Sie zahlen gut«, brummte ich zwischen die Zähne hindurch.
Mirjam dachte nach. Ich bemerkte, dass sie mich anders als früher ansah, fast so, als warte sie auf etwas, das unausweichlich bevorstand.
»Warum bist du verschwunden?«, sagte sie schließlich.
»Dein Vater wollte es so.«
»Du tust also, was mein Vater dir sagt?« Ein bitteres Lächeln umspielte ihre Lippen. »Das tue ja nicht einmal ich. Wie kommst du
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