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Ein weites Feld

Ein weites Feld

Titel: Ein weites Feld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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zurück, war wieder – und das Publikum im Kesselhaus folgte ihm – bei den Kinderjahren und schilderte den Brand der Scheunen vorm Rheinsberger Tor als lichterlohes Spektakel. Dann ging er, bevor noch die letzten Funken stoben, zum großen Scheunenbrand in »Vor dem Sturm« und zur brennenden Oderbrücke über, nahm den hellen Feuerschein des entflammten Holzhofes dazu, rief die soeben noch beim Kostümfest in Erscheinung getretene Brandstifterin Grete Minde herbei, auf daß sie die Stadt Tangermünde in Flammen aufgehen ließ – »und im nächsten Augenblick lief es in roten Funken über den First hin …« –, erlaubte nach dieser Feuersbrunst – nun wieder im Treuhandgebäude – dem schwachen Botho, alle Briefchen seiner Lene, samt orthographischen Fehlern, zu verbrennen, bis nur noch Asche blieb, rezitierte schnell einige Zeilen aus seiner Ballade vom »Brennenden Tower« – »Seht, wie durstig auch die Flamme sich von Turm zu Turme wirft …« – und bat jetzt Ebba und Holk, Holk und Ebba, dieses unmögliche Paar, den Kammund Zimmerbrand auf Schloß Frederiksborg nachzuspielen; das geschah vor den Augen vieler illustrer Gäste in einer der holzverkleideten Kabinen des unablässigen Paternosters. So eng schürte Fonty die diversen Brände, so hoch schlugen die Flammen, so beißend war der Rauch, so trocken der Zunder, und so viel Leidenschaft züngelte und erhitzte sich wechselseitig, brach brünstig feurig durch, leckte und wurde geleckt, kam lodernd nieder, ergoß Glut, verglühte und steigerte sich zu solch umfassender Hitze, daß sich das Publikum – und wir mit Madeleine in der ersten Reihe – als Augenzeugen vorm Rheinsberger Tor, in Tangermünde, nahe der Oderbrücke und im Schloßhof erlebte; kein Wunder, daß wir die von draußen kommenden Sirenentöne als zum Vortrag gehörend verstanden. Man glaubte, die Berliner Feuerwehr sei auf Geheiß des Unsterblichen im Großeinsatz und mache mit bei Fontys Flammenspiel; da riß jemand von außen die Tür zum Notausgang auf und rief: »Das mußte ja so kommen. Die Treuhand brennt!«
Der da rief, das war Hoftaller. Er wird sich, noch während der Vortrag seinen Höhepunkt suchte, davongemacht haben. »Großfeuer!« rief er und war sogleich wieder weg. Mit heißer Botschaft war er gekommen, und da das Publikum die brennende Treuhand als Ende des Vortrags verstand, war prasselnder Beifall die Folge. Immer noch klatschend, drängten alle nach draußen, wo man den Himmel nach einem Feuerschein absuchen wollte. Heiter und erhitzt zugleich brach das Publikum auf Gerne war man in Wunschkostümen beim Fest dabeigewesen – jeder in seiner ersehnten Rolle –, und mit freudig zustimmenden Rufen hatte man schließlich gehört, daß der lichterlohe Ausklang des Festes von der Wirklichkeit beglaubigt worden war. Im Kesselhaus der Kulturbrauerei wurde, während alle zu den Ausgängen drängten, lauthals gerufen: »Endlich brennt der Kasten!« – »Wurde auch Zeit!« – »Jetzt sollen sie gleich noch die Normannenstraße abfackeln!« – »Da lagert Zunder genug!« Jemand reimte aus dem Stegreif: »Von Stasi und von Treuhand erlöst uns heut ein Großbrand.« Und ein anderer fragte sich und das drängelnde Publikum: »Möchte mal wissen, wer da gezündelt hat?« Unberührt vom Beifall und Aufbruchslärm stand Fonty immer noch hinterm Stehpult. Jemand hatte ihm einen Strauß Blumen – ahnungsvoll Feuerlilien – und ein Kuvert mit dem Vortragshonorar in die Hand gedrückt. Er legte den Strauß und den diskret verborgenen Fünfhunderter auf dem Pult ab, trank einen Schluck Wasser, sortierte das Manuskript der »Kinderjahre«, fingerte nach der Brille, wollte eigentlich weiter-, immer weiterreden, begriff die Aufregung nicht, sah, nun wieder unbebrillt, erstaunt aus und sagte, mehr zu sich als zum Publikum, das sich ohnehin verflüchtigte: »Sind wohl alle übergeschnappt. Ist doch Fiktion alles und nur in einem höheren Sinn wirklich. Klatschen immer zu früh. Hätten den Schluß des Treuhandfestes abwarten sollen, bei dem der Unsterbliche persönlich auftritt.
Plötzlich bringt ihn der Paternoster hoch. Seinen Rock schmückt der Hohenzollernhausorden. Und die Chefin des Hauses, Frau Jenny Treibel, begrüßt ihn im vierten Stock überschwenglich und herzlich, wie es ihre Art ist. Woraufhin beide für alle Gäste und über alle Korridore hinweg den Tanz eröffnen …«
Nur wir und Madeleine hörten ihm zu. Nur wir und La petite sahen, wie heißgeredet das schöne

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