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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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uns im Weg stand, grob beiseite. Die Frau drehte sich
empört um, aber der FBI-Mann marschierte ohne Entschuldigung weiter. Der wohlerzogene,
korrekte Craig trug das gleiche Gewaltpotential in sich wie die meisten von
uns, und im Augenblick hielt er es nicht besonders gut in Schach. Ich entwand
meinen Ellbogen seinem Griff und ging vorsichtig hinter ihm her, für den Fall,
daß noch heftigere Ausbrüche folgen würden.
    Auf der Straße stand Wasser; ich
patschte hindurch, fühlte es in meinen zu großen Sandalen quatschen. Ein paar
Meter weiter, hinter einem der Feuerwehrwagen, sah ich ein Grüppchen
Zivilisten: Gage Renshaw, drei RKI-Leute, Khalil Latif und — zu meiner
Überraschung — Mick. Ihre Gesichter waren rußverschmiert; Renshaws Hosen waren
bis zur halben Wade durchweicht und mit etwas bespritzt, das aussah wie
feuerhemmende Chemikalien.
    Ich sagte zu Morland: »Ich bin da
drüben. Danke, daß Sie mir durch die Absperrung geholfen haben.«
    Er nickte und marschierte zu einem
Wagen des Bombenkommandos, der auf dem Bürgersteig stand.
    Ich ging zu dem Grüppchen neben dem
Feuerwehrwagen und berührte Renshaw am Arm. »Was ist hier passiert?«
    Er drehte sich um und sah mich an. Die
Überraschung in seinem Gesicht verwandelte sich rasch in Wut. »Wo, zum Teufel,
haben Sie gesteckt?«
    »Ich war mit Habiba auf der Heimreise.«
    »Wo ist sie?«
    »An einem sicheren Ort.« Ein Glück, daß
wir Renshaw nicht angerufen hatten, um uns vom Firmenjet in der Mojave-Wüste
abholen zu lassen! Wenn die Dinge so gelaufen wären, wie Hy es vorhergesagt
hatte, dann hätte sich die Kleine im Konsulat befunden, als die Bombe
hochgegangen war.
    »Wo?« herrschte mich Renshaw an. »An
was für einem sicheren Ort?«
    Ich ignorierte die Frage und wandte
mich Mick zu. »Ich habe dich anzurufen versucht. Warum hast du dich nicht
gemeldet?«
    »Das verdammte Ding ist verreckt. Das
hat man davon, wenn man ein Billigmodell kauft.«
    Er sah erschöpft und entmutigt aus und
rührte mein Herz. Ich gelobte mir im stillen, ihm das beste Handy auf dem Markt
zu kaufen und mich nie wieder über seine Technologiehörigkeit zu ereifern.
»Komm mit«, sagte ich und zog ihn von den anderen weg.
    Renshaw guckte finster und setzte an, uns
aufzuhalten, beschränkte sich dann aber auf ein ärgerliches Achselzucken. Mick
und ich gingen zur Stoßstange des Feuerwehrwagens und setzten uns drauf. »Was
hat Hamid getan?« fragte ich. »Erzähl von Anfang an.«
    Er schloß die Augen und atmete tief
durch, als müßte er erst seinen Kopf freikriegen. »Okay, ich habe Blanca Diaz
angerufen, wie du gesagt hast. Sie war gern bereit, mir zu helfen, und hat mich
über Hamid genauestens auf dem laufenden gehalten. Er war ziemlich von der
Rolle, als er in der Wohnung ankam. Blanca hat dort übernachtet; das tut sie
immer, wenn Ronquillo und Mrs. Schechtmann eine größere Party schmeißen, und an
dem Abend hatten sie ein Essen für dreißig Leute. Als die Gäste weg waren, sind
Leila, Sandy und Hamid die ganze Nacht aufgeblieben und haben getrunken und
gekokst. Blanca mußte immer raus und rein, um das Party-Chaos aufzuräumen, und
sie hat eine Menge mitgekriegt.
    Offenbar hatte Hamid seine Mutter vom
Flughafen aus angerufen. Sie wollte wohl nicht, daß er ins Konsulat kam, und hat
ihm erklärt, der Chef ihres Sicherheitsdienstes habe ihr gesagt, Habiba sei in
guten Händen. Und sie hat ihm wohl auch erklärt, sie werde das Kind auf gar
keinen Fall mit ihm in die Karibik zurückkehren lassen, und er solle wieder
verschwinden, bevor noch etwas Schreckliches passieren würde. Jetzt wissen wir
wohl, was sie damit gemeint hat.« Mick zeigte auf die brennenden Gebäude.
    »Erzähl weiter.«
    »Okay, irgendwann ist Hamid dann total
ausgerastet und hat rumgebrüllt, seine Mutter wolle ihm sein Kind wegnehmen,
und er werde auf gar keinen Fall ohne die Kleine wieder weggehen. Schließlich
hat ihm Ronquillo etwas gegeben, was ihn beruhigt hat, und alle sind ins Bett
gegangen. Aber Hamid war schon früh wieder auf und hat Blanca bereits um zehn
Uhr zur Schnecke gemacht, weil kein Scotch mehr da war. Er ist eine Flasche
kaufen gegangen, und sie sind alle den ganzen Samstag im Haus geblieben und
haben weiter getrunken und gekokst.
    Ich habe die ganze Zeit auf der anderen
Straßenseite in meinem Wagen gesessen. Gar nichts tat sich. Das Scheißhandy hat
irgendwann seinen Geist aufgegeben, und ich habe es erst um zehn gemerkt, als
ich Maggie anrufen wollte, damit sie mir noch

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