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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Sonntagsfressen
verabreichte.
    Niemand zu erreichen.
    Die Kreuzung Mission Street — Army
Street war wegen eines Unfalls gesperrt. Einer der großen Gelenkbusse der
städtischen Verkehrsbetriebe blockierte die Fahrspuren in südlicher Richtung,
ein Kleinbus klebte an einem Strommast, und Polizisten, Leute vom
Feuerwehrrettungsdienst und Sanitäter eilten hin und her. Ich sah mich nach
einer Umfahrungsmöglichkeit um und erspähte ein paar Meter weiter ein kleines
Verbindungsgäßchen. Um hinzukommen, mußte ich allerdings über den Bordstein und
den Bürgersteig fahren, was eine harte Belastungsprobe für meine fast neuen
Reifen bedeutete. »Scheiß drauf«, sagte ich und stellte das Radio an. Es war
kurz nach drei; vielleicht kam ja etwas Interessantes in den Nachrichten —
»...ein Flammenmeer, das die Feuerwehr unter Kontrolle zu bringen versucht. Das
Bombenkommando ist ebenso vor Ort wie Beamte der Diplobomber-Sonderkommission,
und die Atmosphäre hier in der Jackson Street ist...«
    »O mein Gott!«
    Zur Hölle mit den Reifen. Ich fuhr an,
holperte über die Bordsteinkante und den Bürgersteig. Schoß durch das kleine
Gäßchen bis zur Valencia Street und preschte quer durch die Stadt zum
azadischen Konsulat.
     
    Ich kam nicht an die Jackson Street
heran, also beschloß ich schließlich, mich über den Lafayette Square
heranzupirschen. Ich parkte in der zweiten Reihe neben dem RKI-Mobil. Es war
verlassen und abgeschlossen. Ich steckte einen Zettel unter meinen
Scheibenwischer: »Fahrzeug des Konsulats-Sicherheitsdienstes. Bitte nicht
abschleppen.« Dann rannte ich die Laguna Street hinunter zur Jackson.
    Die Kreuzung und die Bürgersteige waren
voller Schaulustiger, die über die Absperrungen hinweg etwas zu sehen
versuchten. Ein Reporter stand auf einem Channel-Five-Bus und filmte. Ein
Fotograf war auf eine Palme im eingezäunten Vorgarten einer weißen Altbauvilla
geklettert; ein zweiter Mann, vermutlich der Hausbesitzer, drohte ihm von unten
mit der Faust und brüllte, er solle sofort herunterkommen. In der Luft lag ein
Rauchschleier, durchsetzt mit übelriechenden chemischen Dämpfen. Für einen
Augenblick fühlte ich mich zu den Trümmern von Bootlegger’s Cove
zurückversetzt, aber dann schob ich die Erinnerung weg und zwängte mich durch
die Menge zu der Absperrung. Ich zeigte dem dort postierten uniformierten
Beamten meine Lizenz und erklärte, daß ich für RKI arbeitete. Er brüllte:
»Was?« und beugte sich dichter an mich heran. Ich wiederholte meine Erklärung,
aber sie machte keinen Eindruck. Er schüttelte den Kopf und drehte sich weg.
    Ich wollte mich gerade nach einem
anderen Weg zum Ort des Geschehens umsehen, als ich Craig Morland entdeckte.
Der FBI-Beamte versuchte, sich unauffällig unter die Menge zu mischen, aber
sein dunkler Anzug und die rote Krawatte stachen von der Wochenendkleidung der
anderen Leute deutlich ab. Ich rief ihn an, und er drehte sich um und kam zur
Absperrung.
    Morland zeigte dem Polizisten seinen
Dienstausweis und winkte mir, ihm zu folgen. »Wann ist das passiert?« fragte
ich.
    »Punkt fünfzehn Uhr. Ich kann Ihnen
sagen, in dieser Bombe war genügend Schwarzpulver, um einen Berg wegzupusten.«
Er faßte mich locker am Ellbogen, schob ein paar Schaulustige beiseite und
führte mich die Straße entlang.
    Ich sagte: »Wann waren Sie hier?«
    »Circa siebzehn nach. Inzwischen hat
das Feuer auf die Nebengebäude und die beiden Nachbarhäuser übergegriffen. Und
auf den Anbau hinten.«
    »Großer Gott. Tote?«
    »Mit Sicherheit, aber wir wissen noch
nicht, wie viele und wer.«
    »Überlebende?«
    Er zuckte die Achseln.
    Je näher wir dem Feuer kamen, desto
dicker wurde das Grau aus Rauch und Rußpartikeln. Obwohl es ein eher kühler Tag
war, fühlte ich Hitze auf meiner Haut. Die Stimmen der Gaffer und die Rufe der
Feuerwehrleute gingen im Tosen und Prasseln der Flammen unter.
    Jetzt sah ich das Konsulat und die
Nebengebäude — oder besser gesagt, ihre verkohlten Gerippe. Die Häuser zu
beiden Seiten hatten ebenfalls Feuer gefangen; Wasserströme aus
Feuerwehrschläuchen ergossen sich auf die Dächer und Mauern und verdampften
zischend. Die Feuerwehrleute rückten seitlich vor, um zu verhindern, daß das
Feuer den ganzen Häuserblock erfaßte.
    Trotz der Hitze fröstelte mich bis ins
Mark. Wieder überkam mich die Erinnerung an die brennenden Trümmer in
Bootlegger’s Cove; wieder schob ich sie weg.
    Morland streckte den Arm aus und fegte
ein älteres Ehepaar, das

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