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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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sagte: »Mrs. Hamid lügt, Gage.«
    »Ich weiß.« Er parkte aus.
    »Und außerdem ist sie wegen dieser
Drohbriefe und dem Anschlagversuch viel nervöser, als sie zugibt.«
    »Auch das weiß ich.«
    »Warum sprechen Sie sie dann nicht
darauf an?«
    »Würde nichts nützen.«
    »Dieser Botschafter, Jalil — kann er
nicht ein bißchen Druck auf sie ausüben?«
    Renshaw seufzte und bog links ab in die
Van Ness Street. »Malika Hamids Urteil über diesen Mr. Jalil ist überaus
zutreffend: Der Mann hat von nichts einen Schimmer.«
    »Aber warum haben ihn die Azadis dann
zu ihrem Botschafter gemacht?«
    »Azad wird buchstäblich von zwei
Familien regiert: den Jalils und den Hamids. Unbedarfte Verwandte, die größere
Anteile an ölhaltigem Grund und Boden besitzen, werden mit politischen Ämtern
bei Laune gehalten. Jalil wollte nach Amerika, weil er Theaterfan ist und auf
Broadway-Stücke steht.«
    »Warum haben sie ihn dann nicht nach
New York geschickt? Es hätte sich doch sicher auch bei der UNO ein Job für
einen unbedarften Verwandten finden lassen?«
    »Zu der Zeit gab es nichts, was Jalils
Stellung angemessen gewesen wäre, aber der Botschafterposten war vakant.«
    »Merkwürdiges Verfahren, internationale
Beziehungen zu pflegen.« Dann mußte ich lächeln, weil ich an einige unserer
Diplomaten dachte. »Na ja, wenn ich es mir recht überlege, sind sie wohl nicht
das einzige Land, das seine Trottel exportiert.«
    »Nein, aber sie umgeben ihre Trottel
mit gewieften Ratgebern.« Wir waren jetzt im Broadway-Tunnel; ich sah die
gekachelten Wände an den Wagenfenstern vorbeihuschen. Als wir am Rand von
Chinatown wiederauftauchten, bemerkte ich: »Malika Hamid scheint keine
gewieften Ratgeber zu brauchen.«
    »Nein, sie ist eine gescheite Frau, aber
sie hat auch welche. Wenn Sie möchten, kann ich Sie morgen mit einem von ihnen
zusammenbringen.«
    »Und wer ist das?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht
mehr darüber sagen, ehe ich nicht die Gewißheit habe, daß Sie mit uns
zusammenarbeiten. Wir müssen die Bedingungen festklopfen und einen Vertrag
machen.«
    »Okay — die Bedingungen?«
    »Nichts, was Sie von mir über die
Azadis erfahren — einschließlich der Existenz dieser Drohbriefe — dringt zu
Joslyn oder irgend jemandem aus der Sonderkommission durch, solange Mrs. Hamid
nicht ihre Meinung ändert und dem zustimmt.«
    Ich runzelte die Stirn, schon jetzt
wenig angetan von seinen Bedingungen.
    Gage sah meinen Gesichtsausdruck und
setzte hinzu: »Natürlich bezahlen wir Ihnen ein hübsches Honorar. Fünfzig
Prozent mehr als letztes Frühjahr — wie klingt das?«
    Das klang in der Tat sehr hübsch, aber
ich antwortete noch immer nicht.
    »Außerdem können Sie frei über unsere
technischen und personellen Mittel verfügen.«
    »Ich brauchte jemanden aus ihrer
Data-Search-Abteilung zu meiner Unterstützung — Charlotte Keim, wenn möglich.
Sie hat letzten Herbst ein paar Dinge für mich erledigt, und mir gefällt ihre
Art zu arbeiten.«
    Er zögerte, nickte dann.
    »Und ich brauche freie Hand — keine
Briefings, Besprechungen oder Instruktionen.«
    »Sie erstatten nur mir persönlich
Bericht.«
    »Und auch das nur, wenn ich meine, daß
ich Ihnen etwas mitzuteilen habe.«
    Er lächelte säuerlich. »Einen anderen
Arbeitsstil kann ich mir bei Ihnen sowieso nicht vorstellen.«
    »Da ist noch etwas zu klären, Gage. Wie
ich Sie vorhin schon gefragt habe: Warum so großzügig?«
    Seine Hände packten das Lenkrad fester,
als er sich jetzt an einem in zweiter Reihe parkenden Lieferwagen vor einem
China-Restaurant vorbeimanövrierte. »Also gut — aus einem ganz einfachen Grund.
Als der Bombenleger sein Betätigungsfeld nach San Francisco verlegte, fiel mir
auf, daß er sein Tempo beschleunigte. Aus irgendeinem Grund hat er es auf die
Azadis abgesehen, und er wird seine Rache kriegen. Ich weiß nicht, ob die
anderen Anschläge nur Vernebelungstaktik waren, ob da sonst irgendein
Zusammenhang besteht oder was. Aber ich wußte, daß er bald das Konsulat aufs
Korn nehmen würde, und ich weiß, daß er wieder zuschlagen wird. Er meint es
verdammt ernst — so ernst, daß er nichts dabei findet, ein neunjähriges Kind
umzubringen.«
    Ich nickte.
    Renshaw fuhr fort: »Heute haben wir das
Schlimmste abwenden können, aber das wird nicht ewig klappen. Wenn wir nicht
herausfinden, warum er es auf sie abgesehen hat und wer er ist, wird er uns
eines Tages austricksen und eine Menge Menschen in die Luft jagen — auch

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