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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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und der Zeitpunkte der
Anschläge ergab keinerlei Muster.
    Als ich den Computer schließlich
abschaltete, hatte ich Kopfschmerzen. Ich ging an das Medizinschränkchen im
Gemeinschaftsbad, nahm mir drei Aspirin aus dem Fläschchen in Raes Fach und
setzte mich dann wieder an meinen Schreibtisch, um Stichpunkte aufzulisten, zu
denen Mick recherchieren sollte: Azad; das hiesige Konsulat; dessen
Belegschaft; vergleichbare Hintergrunddaten für sämtliche anderen betroffenen
Staaten über die letzten zehn Jahre. War dieser Zeitraum ausreichend? Ja, fürs
erste schon.
    Für den nächsten Vormittag hatte ich
einen Gerichtstermin, so daß ich nicht ins Büro kommen würde, und ich erwog kurz,
Mick anzurufen und ihm die Liste zu erläutern. Nein, befand ich, keine gute
Idee, seinen romantischen Abend mit Maggie zu stören. Mein Neffe war ziemlich
umgänglich, aber auch er hatte seine Grenzen; wenn ich ihn heute abend
belästigte, würde er es mir auf irgendeine abstruse, unvorhersehbare Art und
Weise heimzahlen. Ich würde ihm ausführliche Anweisungen aufschreiben und ihn
nötigenfalls morgen vom Gericht aus anrufen.
    Ich legte meinen Schrieb mitten auf
seinen Schreibtisch und beschwerte ihn mit dem Werk Professionelle
Schloßöffnungswerkzeuge — selbst gemacht von einem gewissen Draht-Eddie.
Micks sogenannte Fortbildungslektüre war ziemlich dubios, und ich hatte schon
vor einiger Zeit beschlossen, besser nicht zuviel darüber nachzudenken, welche
Fertigkeiten er sich aneignete. Er hatte eine ziemlich bewegte Vergangenheit,
was die Anwendung seiner Computerkenntnisse betraf, und so war sein Interesse
für elektronische Lauschangriffe, Schwindlertricks, Verkleidungen und
Fluchtwagen-Fahrtechniken wohl nur natürlich. Solange ich ihn nicht bei einem
Einbruch oder bei der Fabrikation eines Virus erwischte, würde ich ihn einfach
seinen etwas suspekten Freizeitbeschäftigungen überlassen.
    Es war jetzt kurz vor neun, aber ich
war zu unruhig und aufgedreht, um heimzugehen. Ich setzte mich wieder an meinen
Schreibtisch und listete die Bedingungen auf, die ich in dem Vertrag mit RKI
festgehalten haben wollte. Ich fügte dem, was Renshaw und ich bereits
ausgehandelt hatten, noch einen großzügigen Spesenvorschuß und eine
ausdrückliche Begrenzung meiner Berichtspflicht hinzu. Danach stauchte ich die
Papiere in meinen Postkörben zu ordentlichen Stapeln, durchforstete meinen
Schreibzeugbehälter nach ausgetrockneten Filzstiften, schmiß drei
Bleistiftstummel weg und spitzte drei weitere. Nachdem ich die aufgespießten
Notizzettel auf vergessene Rückrufe kontrolliert hatte, lehnte ich mich in
meinem Schreibtischstuhl zurück und betrachtete die samtigen schwärzlichroten
Blütenblätter der Rose in der Kolbenvase auf der Ecke der Schreibtischplatte.
Jeden Dienstagmorgen kam eine einzelne Rose, eine Aufmerksamkeit von Hy; die
Farbe hatte sich im Lauf unseres Zusammenseins geändert, war im selben Maß
tiefer geworden, wie sich unsere Beziehung vertieft hatte, aber die Rosen waren
inzwischen eine Konstante in meinem Leben, die ich mir nicht mehr wegdenken
konnte.
    Einem spontanen Impuls gehorchend, nahm
ich den Telefonhörer ab und wählte die Vorwahl von Mendocino County.
    Nach mehrfachem Läuten nahm Hy ab. Er
klang groggy und seltsam gedämpft. »Habe ich dich geweckt?« fragte ich.
    »Nein, ich fühle mich nur fiebrig. Muß
mir wohl in Managua einen Infekt eingefangen haben.« Er hatte dort vor ein paar
Wochen eine Geiselbefreiungsaktion geleitet — sein Spezialgebiet und ein
Dienst, den er RKI im Austausch dafür erwies, daß er bei seinen eigenen
Projekten im Bereich Menschenrechtsaktivitäten freie Hand hatte.
    »Warst du schon beim Arzt?«
    »Das mache ich, sobald ich wieder auf
der Ranch bin. Was tut sich bei dir?«
    »Ich habe den Nachmittag mit deinem Kumpel
Gage Renshaw verbracht.«
    »Nicht im Bett, will ich doch hoffen.«
Vor ein paar Monaten hatte , Gage ihm gegenüber erwähnt, er finde mich sexy;
damit zog Hy mich immer noch auf, wohl wissend, daß ich Gage sexuell so
attraktiv fand wie einen Bananenstecker.
    »Das will ich überhört haben,
Ripinsky!«
    »Was habt ihr denn gemacht?«
    Ich erzählte ihm von den Azadis, dem
vereitelten Bombenanschlag und Renshaws Angebot.
    Als ich fertig war, fragte Hy: »McCone,
bist du sicher, daß du dich mit ihm einlassen willst?«
    »Warum nicht? Ich hatte ja schon mal
mit ihm zu tun — unter extrem stressigen Bedingungen, wie du dich vielleicht
erinnerst — und ich habe

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