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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Habiba ist ein Puzzle-Fan;
Sie hatten eins halbfertig auf dem Tisch liegen, haben es aber ohne Zögern in
die Schachtel gefegt. Mavis ist Wodkatrinkerin, und dieses Glas...«
    »Ich trinke Wodka.«
    »Vorhin haben Sie nicht nach Wodka
gerochen.«
    »Es steht schon ein paar Tage da.«
    Ich kippte das Glas um, ließ einen
Tropfen Flüssigkeit herausgleiten und zu Boden fallen.
    Newtons Schultern sackten herab. »Also
gut«, sagte er schleppend. »Speed hat sie hergebracht.«
    »Wann?«
    »Gegen Mittag.«
    Also hatte Schechtmann sie wohl aus dem
Konsulat geholt, während ich Malika Hamid dazu zu bewegen versucht hatte, sie
mit mir gehen zu lassen. Mir fiel wieder ein, daß Khalil Latif zweimal auf ihr
Geheiß die Bibliothek verlassen hatte; sie hatte in ihrer Muttersprache mit ihm
geredet, und ich hatte mir nichts dabei gedacht. »Warum hierher und nicht auf
die Freia}«
    Newton ging zum Sofa und setzte sich
hin. »Die war erst um vier bereit zum Ablegen, und Speed wollte nicht, daß ihn
der Verwalter des Bootshafens sah. Er hatte die beiden eigentlich vom Konsulat
direkt auf das Boot bringen wollen, aber dann kam irgendwas dazwischen, und er
mußte sie schon früher holen. Also hat er Leila angerufen, und Leila hat mich
angerufen und gesagt, Speed würde mich dafür bezahlen, wenn ich sie ein paar
Stunden bei Laune halten würde. Das war gar nicht so leicht. Die Mutter...« Er
verzog das Gesicht.
    »Was war mit ihr?«
    »Sie war betrunken und unruhig und
wollte nach Hause. Speed fuhr runter zum Bootshafen, um zu gucken, wie es
stand, und in der Stunde, die er weg war, ist sie zweimal raus in den Hof
gelaufen, um abzuhauen. Als er wiederkam, hatte er eine Flasche Wodka dabei;
sie hat das meiste davon getrunken, aber davon ist sie auch nicht ruhiger
geworden.«
    »Wie ging es Habiba dabei?«
    »Sie war besorgt wegen ihrer Mutter,
aber sie hat wohl schon öfter erlebt, daß sie sich seltsam benimmt. Nach einer
Weile hat sie sie einfach ausgeblendet und ihr Puzzle gemacht. Sie sagte, Speed
würde sie auf eine Abenteuerreise mitnehmen, und wenn sie ankämen, würde sie
ihren Vater sehen.«
    »Wenn sie wo ankämen?«
    »Ich glaube nicht, daß sie das wußte.«
    »Und Mavis? Wußte sie es?«
    »Die wußte ja kaum, daß sie hier war.«
    Die Art, wie er über Mavis’ letzte
Stunden sprach, machte mich traurig und wütend. »Jetzt ist sie nirgends mehr,
Mr. Newton.«
    »Was soll das heißen?«
    »Mavis ist tot, und Habiba ist
verschwunden.«
    Irgend etwas blitzte in seinen Augen
auf. »Was ist passiert?«
    »Mavis ist ertrunken, ob mit oder ohne
Nachhilfe, kann ich nicht sagen.«
    »Hat Speed damit zu tun?«
    »Ich denke doch. Sie trieb am
Anlegeplatz der Freia im Wasser. Selbst wenn sie versehentlich
reingefallen ist, hat Speed tatenlos zugesehen. Sie war betrunken und hilflos,
und sie hat vielleicht noch gelebt — aber er hat sie ihrem Schicksal
überlassen.«
    Newtons Gesichtsmuskeln zuckten, und
als er sprach, zitterte seine Stimme. »Ich habe Speed angefleht, ihr diese
Flasche nicht zu geben. Er hat nur gelacht und gesagt, sie brauchte was zur
Beruhigung. Dann hat er hier gesessen, wo ich jetzt sitze, und ihr beim Trinken
zugeguckt.« Er stand auf und marschierte mit harten, zornigen Bewegungen im
Zimmer herum. »Ich hasse Männer, die glauben, mit Frauen können sie alles
machen! Ich hasse diese Typen!«
    Warum hast du dann nichts dagegen
getan? fragte ich stumm. Und überließ ihn seinem Gewissen.
     
    Blancas Augen weiteten sich
erschrocken, als ich in Sandy Ronquillos Wohnung ankam. Irgendwas in meinem
Gesicht, dachte ich, in Kombination mit dem zerknautschten Zustand der Jeans
und des Pullovers, die so lange in der Reisetasche im Kofferraum meines Wagens
gelegen hatten.
    »Ist sie da?« fragte ich.
    Blanca nickte und sah zu einem Flur am
anderen Ende der Diele. »Nüchtern?«
    Sie antwortete gar nicht erst auf diese
absurde Frage. »Sie macht sich gerade ausgehfertig.«
    »Holen Sie sie, bitte.«
    Sie eilte den Flur hinunter, klopfte an
eine Tür ganz am Ende und trat ein. Ich ging auf dem schwarzweißen
Schachbrettboden auf und ab und versuchte, meinen Zorn zu beherrschen, ehe er
mich beherrschte. Nach ein paar Minuten knallte die Tür, und Leila kam den Flur
entlanggestapft, in einem kurzen roten Seidenkleid und mit finsterer Miene.
»Was zum Teufel wollen Sie schon wieder hier?« herrschte sie mich an.
    »Wohin bringt Ihr Mann Habiba Hamid?«
    Unter ihrem frisch aufgelegten Make-up
wurde ihr Gesicht bleich. Sie

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