Ein wilder und einsamer Ort
öffnete
sich eine andere in der Wand gegenüber. Ein silberhaariger Mann mit der
Sonnenbräune eines passionierten Seglers trat heraus und sagte: »Ms. McCone?
Hier durch, bitte.«
Ich sah in einen schmalen himmelblauen
Gang. Er bedeutete mir, um ihn herumzugehen, verriegelte die Tür und lehnte
sich dagegen, die Arme vor der Brust verschränkt. »Also«, sagte er, »was ist
das für eine Geschichte mit einer Leiche?«
Ich postierte mich ein paar Schritte
von ihm entfernt. »Sie sind Eric Sparling?«
Er nickte.
»Dann wundert es mich, daß sich das
Sheriffs Department von San Mateo County noch nicht mit Ihnen in Verbindung
gesetzt hat. Die Deputys werden sicher jeden befragen wollen, der ein Boot dort
im Hafen liegen hat — und außerdem trieb die Leiche am Liegeplatz der Freia.«
»Kommen Sie bitte auf den Punkt.«
»Der Punkt ist, daß es sich bei der
Leiche um die Frau handelte, die Ihr Geschäftsfreund Speed Schechtmann heute
morgen aus dem azadischen Konsulat entführt hat.«
»Schechtmann hat Vorjahren die Staaten
verlassen.«
»Und ist seither mehrmals zurückgekehrt
— mit Ihrer Hilfe.«
»Quatsch. Und was reden Sie da von
einer Entführung?«
»Mr. Sparling, sparen Sie sich die
Mühe. Ich weiß genau, daß Sie Schechtmann von der Freia draußen auf See
haben abholen lassen. Der Manager des Bootshafens hat Sie beide oft genug
zusammen gesehen. Und ich weiß auch von den Schecks, die Sie Speed eingelöst
haben.«
»Schecks einzulösen ist mein Geschäft.«
»Arbeitslosengeldschecks. Fürsorgeschecks.
Gehaltsschecks. Aber nicht Schecks über Wettschulden.«
Sein Mund zuckte, und sein Blick senkte
sich auf meine rechte Hand, die auf der Pistole lag. Er sah den Gang entlang,
dann wieder auf mich. »Ist das ein Versuch, mich auszunehmen?«
»Erpressung? Nein, Mr. Sparling. Ich
brauche ein paar Informationen.«
Er sah wieder den Gang entlang.
Irgendwer dort hinten hätte aufpassen sollen, tat es aber nicht.
Ich ging aufs Ganze. »Hören Sie, mich
interessiert nicht, was Sie mit Schechtmann und seinem Wettbüro zu tun haben.
Mich interessiert auch nicht, wem Sie welche Art Schecks einlösen. Mich
interessiert nur eins: Wohin will Speed mit Habiba Hamid, der Tochter der toten
Frau?«
Schweigen.
»Sie wollen doch Ihr hübsches Geschäft
hier nicht aufs Spiel setzen, indem Sie sich der Mitwisserschaft und
Mittäterschaft bei einer Entführung schuldig machen?«
»Speed hat niemanden entführt, weder
die Mutter noch das Kind. Er sollte sie beide zu Dave Hamid bringen — mit dem
Einverständnis von Daves Mutter.«
»Warum?«
»Wegen dieser Bombenanschläge — sie
dachte, dort unten wären sie sicherer.«
»Wo unten?«
Erneutes Schweigen.
»Es ist trotzdem eine Entführung; weder
Mavis noch Habiba wollten mit.«
»...Ist Hamids Frau ermordet worden?«
»Das wird erst die Autopsie zeigen, aber
wenn Sie mich fragen, ich würde sagen: ja.«
»Von Speed?«
»Außer Ihrer Crew und der Kleinen war
ja nur er an Bord. Ach, apropos, warum hat Sie eigentlich niemand von der Crew
benachrichtigt?«
»Die Freia dürfte noch auf See
sein. Und wenn das, was Sie da sagen, stimmt, würde mein Kapitän es sicher
nicht per Seefunk verbreiten.« Er klang zerstreut, als wäre er dabei, seine
Möglichkeiten auszuloten. Vom Ende des Gangs kam ein Geräusch; Sparling
schüttelte den Kopf, und als ich mich umsah, war niemand mehr da.
Er sagte: »Sie haben keinen Beweis
dafür, daß sie auf der Freia waren. Meine Crew wird zu mir halten.«
»Es geht mir nicht darum, irgend etwas
zu beweisen. Alles, was ich will, ist die Kleine.«
»Warum?«
»Sie ist in Gefahr.«
»Das ist doch lächerlich.«
»Ach? Sie kennen doch Speed — und Dave
Hamid.«
»Hamid ist ihr Vater, Herrgott noch
mal! Und Speed nennt sie Onkel.« Aber ich hatte einen Nerv getroffen: Ich sah
ein Zucken unter seinem rechten Auge.
Ich sagte: »Ich kann sie auch auf
anderem Wege aufspüren. Ich weiß, daß Speed das Wettbüro jetzt von einer
Privatinsel aus betreibt, die zu den Leewards gehört. Sie war britisch, bis der
Vorbesitzer die Unabhängigkeit erklärt hat; davon kann es nicht allzu viele
geben. Aber dieses Verfahren dauert länger und erhöht die Gefahr für das Kind.
Wollen Sie mir nicht helfen, damit ich ihnen so schnell wie möglich folgen und
die Kleine zurückholen kann?«
»Das werden Sie nie schaffen.«
»Ich muß es versuchen.« Ich war selbst
nicht hundertprozentig dazu entschlossen gewesen, bis ich das Zucken
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