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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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sah sich um. »Sandy«, wisperte sie. »Er wird uns
hören.«
    »Dann lassen Sie uns oben reden.«
    »Nein, Sie müssen jetzt gehen!« Sie streckte
die Hände aus, um mich in Richtung Tür zu schieben.
    Ich wich aus. »Soll ich lauter reden,
Leila?«
    »Nein! Bitte nicht.« Sie sah sich
verwirrt um, packte mich dann am Arm und bugsierte mich nach oben ins
Wohnzimmer. Aber das war offenbar immer noch nicht weit genug von Ronquillo
entfernt, denn sie deutete auf die Wendeltreppe und führte mich in den
Wintergarten oben auf dem Dach.
    Jetzt, im abendlichen Nebel, war es
hier nicht so gemütlich wie nachmittags in der Sonne. Die beschlagenen Scheiben
verschleierten das Lichterpanorama, und es war so kalt, daß Leila zitterte. Sie
setzte sich auf die Kante eines der Korbsessel; ich blieb stehen. »Also«, sagte
ich, »wo bringt er sie hin?«
    »Woher wissen Sie...? Fig, diese
Ratte!«
    »Lassen Sie’s nicht an ihm aus. Sagen
Sie mir einfach nur, wo Speed hinwill.«
    Ihre Augen zuckten hin und her, während
sie abzuschätzen versuchte, wieviel sie mir sagen mußte.
    »Ich weiß, daß Sie die
Zwischenunterbringung der beiden bei Fig arrangiert haben. Ich weiß von der Freia und dem Schiff draußen vor der Küste. Und jetzt erzählen Sie mir den Rest,
Leila, oder ich fange an, sehr laut zu reden. Sie wollen doch nicht, daß Sandy
erfährt, was ich sonst noch weiß.«
    »Was?«
    »Das mit den Besuchen Ihres Mannes hier
bei Ihnen. Und dem Geld, das er Ihnen gibt.«
    Sie schlug sich die Hand vor den Mund,
faßte sich dann aber wieder. »Dieser Fig ist ein Lügner. Deshalb hält er sich
auch in keinem Job.«
    Ich antwortete nicht.
    »Oder war es Blanca, die Ihnen das
erzählt hat? Sie lügt genauso. Ich habe sie auch schon beim Stehlen erwischt.«
    »Das bezweifle ich. Sie können sich
glücklich schätzen, eine Hausangestellte wie sie zu haben — und einen Freund
wie Fig.«
    »Wer dann? Speed? Speed würde nie...«
    »Sie ahnen gar nicht, was Speed alles
tun würde. Also — wo ist er?«
    Sie biß sich auf die Lippe. »Sandy
bringt mich um, wenn er dahinterkommt. Na schön, Sie wollen wissen, wo Speed
sie hinbringt? Gut, ich werde es Ihnen sagen. Den genauen Ort kenne ich nicht,
aber Speed besitzt eine Insel irgendwo in der Karibik. Er betreibt wieder ein
Wettbüro, aber dort können sie ihm nichts anhaben, weil er gegen kein Gesetz
verstößt.«
    »Gegen die Gesetze irgendeines Landes
muß er ja wohl verstoßen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Insel ist
souverän. Warum genau, weiß ich nicht, aber irgendwie hat sie der alte Mann,
von dem er sie gekauft hat, für unabhängig erklärt, und die Briten, denen sie
gehörte, wollten sie sowieso nicht. Die Insel ist winzig und sehr arm.«
    »Aber Sie wissen nicht, wie sie heißt?«
    »Nein.«
    »Oder wo sie liegt?«
    Sie schloß die Augen. »Ich glaube, sie
gehört zu den Leeward-Inseln.«
    »Liegt sie vielleicht in der Nähe von
St. Maarten?«
    »Ich kenne mich dort nicht aus, ich
weiß es wirklich nicht.«
    Ich musterte ihr Gesicht, um
festzustellen, ob sie log, aber ich sah nur ängstliche Anspannung. »Okay, Speed
betreibt also wieder ein Wettbüro. Warum geht er das Risiko ein, hierher
zurückzukommen?«
    »Meinetwegen natürlich.«
    Das bezweifelte ich. Nach allem, was
ich wußte, schien Speed Schechtmann nicht der Typ, der seine Freiheit für eine
Frau aufs Spiel setzte — und schon gar nicht für eine, für die Treue so
offensichtlich ein Fremdwort war. »Da muß schon noch etwas anderes sein.«
    »Na ja, das mit den Schecks.«
    »Was?«
    »Eric Sparling, kennen Sie den? Der
Mann, dem die Freia gehört. Er besitzt eine Kette von Scheckschaltern,
hauptsächlich für Fürsorgeempfänger.«
    »Und?«
    »Speed bringt die Schecks hin, mit
denen die Leute ihre Wettschulden bezahlen, und Eric löst sie ihm ein.«
    »Sie meinen, Eric fungiert als Geld
Wäscher.«
    »So nennt man das wohl.«
    »Wo finde ich Sparling?«
    Ihre Augen weiteten sich erschrocken.
»Sie dürfen ihm nicht sagen...«
    »Es wird nicht nötig sein, Ihren Namen
zu erwähnen. Also, wo?«
    »Er hat sein Büro in der Hauptstelle,
Sixth Street, Ecke Howard Street.«
    Das war mitten in Skid Row. Sehr
passend. »Und seine Privatadresse?«
    »Ich weiß nicht. Speed hat nie was
davon gesagt.«
    Es war vermutlich nicht allzu schwer,
sie herauszubekommen. Ich wandte mich zur Wendeltreppe.
    »Ms. McCone?« Leila stürzte ängstlich
hinter mir her. »Sie verraten mein kleines Geheimnis doch nicht weiter?«
    »Nein,

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