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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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Jackie ist ganz nervös, weil er weiß, etwas stimmt nicht, und er schaut zu dem Jungen, als wüsste er Rat, als könnte er ihm einen Befehl geben, und dann sagt der Junge: »Ab, Jackie!« , und er schreit: »Hau ab!«, und Jackie weicht zurück, schaut Sam dabei mit diesen Augen an, diesen Augen, die sagen: »Was ist denn los, was soll ich bloß tun?«
    Sam schnappt sich den Umschlag und läuft los. Der Pick-up parkt immer noch auf der Straße, nutzlos, weil Sam nicht Auto fahren kann, er kommt nicht einmal mit den Füßen an die Pedale, und so läuft er die Straße entlang, eine Meile bis in die Stadt hinein, was viel ist für einen Jungen, gefolgt von dem Hund, dessen Nase mit dem Blut seines Herrn beschmiert ist, »Go down go down you Knoxville girl«, und Sam kennt eine Abkürzung und nimmt sie auch, den Umschlag, der klebrig von Charlies Blut ist, an die Brust gedrückt, sein Geschenk, hat Charlie gesagt, aber er weiß nicht, was es ist, bloß dass er es nicht verlieren und sich an ihn erinnern soll, nicht einmal darüber reden soll er, aber sich erinnern, und was soll er mit noch einem Geheimnis? Wo er doch weiß, dass er alles verraten wird, weil er es muss, weil er nichts begreift und es ihm doch jemand erklären muss.
    Jetzt biegt Sam von der Straße ab und läuft in den Wald hinein, der jetzt, im Herbst, dicht zugewachsen ist, und er verliert einen Schuh im Gebüsch, läuft aber trotzdem weiter, völlig zerkratzt von den wilden Blaubeeren und Himbeeren und den langen Nadeln der Kiefern. Er weint, hat jetzt richtige
Angst, und so läuft er zu dem einzigen Platz, den er kennt, und den einzigen Menschen, die sich seiner annehmen werden, Jackie dicht auf den Fersen.
    Die Glocken läuten nicht mehr, als sie die Stadt erreichen, und Sam läuft nach Hause und setzt sich auf die Veranda. Er heult hysterisch, und seine Beine und auch sein Gesicht sind mit Kratzern und Schrammen bedeckt, Blut klebt an seinem Haar, und als seine Mutter ihn sieht, ihn zuerst hört und dann sieht, denkt sie, dass es einen Unfall gegeben hat, dass der Pick-up verbeult irgendwo im Straßengraben liegt, mit Charlie hinter dem Steuer und Schlachtfleisch überall auf der Straße verteilt, doch Sam kann nicht sprechen, kann nicht sagen, wo es wehtut oder was passiert ist, kann nur heulen, und der Hund heult jetzt auch, und die Nachbarn sammeln sich am Ende des Gehsteigs und sparen sich ihre Gebete für später auf, und wo ist denn sein Baseballhandschuh, den ihm Charlie zum Geburtstag geschenkt hat, und seine Mutter fragt ihn, wo es wehtut, tastet seine dünnen Arme und Beine ab, um festzustellen, ob etwas gebrochen ist, fragt, ob es einen Unfall gegeben habe, und Sam schüttelt den Kopf, nein und nochmals nein, nichts sei passiert, aber Charlie sei verletzt, ganz schlimm verletzt, und sie hätten es ihm nicht geglaubt, doch tatsächlich ist Charlie nicht da, und der Junge ist voller Blut, und etwas, irgendetwas, muss wirklich passiert sein, und so steigen sie ins Auto, und Sam zeigt ihnen heulend den Weg, sie haben die Scheinwerfer eingeschaltet, bis sie zu Charlies Pick-up kommen, der immer noch vor ihrem Haus steht, das Radio spielt immer noch in dem menschenleeren Wagen, und dann sehen sie sie selbst, das junge Mädchen, den gutaussehenden Mann, mit dem Gesicht am Boden und tot, und dann ist es offiziell, das einzige Verbrechen, das jemals in Brownsburg, Virginia, geschehen ist, ist vorbei und vorüber, die Ballade ist verklungen, die Saite gerissen, der letzte Ton gespielt.

30. KAPITEL

    E s dauerte vier Stunden, bis sie ihn begraben hatten. Am Ende blieb nur der Bruder, der es tun konnte. Die Priester hatten über Sünde und Höllenfeuer gewettert und gesagt, wer immer Charlie Beales Körper berühre oder auch nur in seine Nähe komme, würde genauso sicher in der Hölle enden, wie er bereits dort war. Will bot seine Hilfe an, doch am Schluss wusste sein Bruder, dass es etwas war, das er ganz allein tun musste, etwas, für das er, ohne es zu wissen, eigentlich gekommen war.
    Sylvan war gleich weggebracht worden, Scheinwerfer wanderten über ihre Leiche hinweg, während Männer in Uniform im Dunkeln herumwuselten, und Boaty Glass saß währenddessen auf seiner Veranda, stumm und reglos, und sah dabei zu, wie seine Frau zuerst vom Leichenbeschauer untersucht und dann zum Bestattungsinstitut von Kenneth Harrison gebracht wurde, um für das Begräbnis vorbereitet zu werden. Als der Leichenbeschauer ihm sagte, Sylvan sei schwanger gewesen,

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