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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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unbegrenzte Zukunft gab, und dann nahm er eine schwarze Krawatte, die einzige, aus der Schublade, und wickelte all diese Dinge in eine saubere Bettdecke, stieg in den Pick-up, und erst auf halbem Wege fiel ihm ein, dass da auch noch ein gutes Paar Schuhe waren, und Socken gab es bestimmt auch, und vielleicht sogar etwas Unterwäsche, das alles war es, was sein Bruder tragen würde, bis ans Ende aller Zeit, doch er würde nicht mehr zurückfahren, jetzt nicht, nicht, bis alles erledigt war. Er fuhr zu dem Haus, stieg aus, um das Tor zu öffnen, und dann rumpelte er mit dem Pick-up über das Viehgitter, stieg wieder aus, um das Gatter sorgfältig zu verschließen  – obwohl Boaty schon seit Jahren kein Vieh mehr hielt und deshalb auch keine Gefahr bestand, dass irgendwelche Tiere wegliefen  –, und als er das getan hat, war er ganz allein damit, bereit und doch auch nicht bereit für die Aufgabe und die Trauer, die ihm jetzt bevorstanden, nackt im Angesicht eines kalten Spätmorgens.
    Und es haute ihn einfach um, ließ ihm die Knie weich werden, und er lag auf dem Boden und schluchzte wie ein Kind. Dinge, die man nicht ertragen kann, werden doch ertragen;
und Luftholen tut der Körper von ganz allein. Die Dinge hören nicht auf. Sie tun es einfach nicht.
    Zuerst stellte er ein paar Sägeböcke auf, und dann begann er die Bretter abzumessen und zuzuschneiden. Beim Sägen wurde ihm warm, und er zog seine Jacke aus und arbeitete in Hemdsärmeln weiter. Der Schnaps der letzten Nacht begann ihm aus den Poren und über die Haut zu strömen, zusammen mit den Tränen, die einfach nicht aufhören wollten zu fließen. Und er baute einen schlichten Kiefernsarg, größer als der Körper seines Bruders, den er massiger in Erinnerung hatte, als er gewesen war, und er hielt kurz inne, als die Glocken zu läuten begannen und den Beginn jenes anderen Begräbnisses verkündeten, und er konnte sich vorstellen, nur eine Minute lang, wie die ganze pflichtbewusste Stadt Aufstellung nahm, um ihren Respekt zu bezeugen, nicht so sehr ihr gegenüber als vielmehr Boaty, Boaty Harrison Glass, und der Pfarrer sagte das, was ihm Boaty aufgetragen hatte und was niemand glaubte, und die Männer stellten sich selbst jetzt, wo sie tot war, vor, wie die beiden miteinander im Bett gewesen waren, während die Frauen versuchten, sich das Kleid vorzustellen, drinnen im Sarg, von dem sie gehört hatten. Als die Männer im Dunkeln zum Abendessen nach Hause kamen, hatten sie ihnen von dem Kleid erzählt, das Claudie in den Händen gehalten hatte, dem Kleid, das Sylvan tragen würde, wenn sie, mit bloßen Füßen, an die Himmelspforte klopfte.
    Während Ned mit dem Hammer Nagel für Nagel einschlug, bewegte sich der Leichenzug von der Kirche auf den Friedhof. Boaty ging ganz allein hinter dem Leichenwagen her, und am Grab wurde gesprochen, was gesprochen werden musste, und dann ließ man Sylvan Glass, einundzwanzig Jahre alt, langsam und für immer in die Grube hinab.

    Als der Sarg fertig war, zog Ned seinen Bruder nackt aus und versuchte ihn so gut zu waschen, wie es mit dem kalten Brunnenwasser eben möglich war, das er in einem alten Eimer hochgezogen hatte, und als Lappen nahm er eine alte Decke, die er hinten auf dem Pick-up gefunden hatte. Selbst er konnte die Schönheit dieses Körpers erkennen, seine Würde, und wie alles zu allem passte, als wäre es gemeißelt. Er wusch die Leiche, und an alldem war nichts Sanftes, nicht einmal das leise Weinen des Bruders, nicht einmal die Stille des Todes im Körper von Charlie Beale  – selbst darin war eine Grobheit, eine Wut darüber, dass da Dinge getan werden mussten, die er nicht tun wollte, die aber doch getan werden mussten  –, und dann trocknete sein Bruder ihn mit der Decke ab, zog ihm, etwas unbeholfen, das Hemd und den Anzug an und versuchte ihm die Krawatte zu binden, doch die Tränen wollten einfach nicht aufhören zu fließen, sie strömten und strömten, und so gab er es schließlich auf und schlang die Krawatte einfach so um den Hals seines Bruders mit der tiefen, klaffenden Wunde, in der Hoffnung, es würde so auch gehen. Schluchzer erfassten seinen Körper, aus Trauer um den Mann, den er kaum gekannt hatte, an den ihn nur Blutsbande knüpften und den er gerade deshalb umso mehr liebte. Er weinte darum, was sie füreinander hätten sein können, um Dinge, die sie nicht hatten retten können, nicht mehr, um Vergehen, die er selbst begangen hatte und von denen sein Bruder nichts gewusst

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