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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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sangen mit dem Count Basie Orchestra mit.
    Did you see Jackie Robinson hit that ball?
It went zoomin cross the left field wall.
Yeah boy, yes, Jackie hit that ball.
    Auf einmal wieder jung, jung und frei und vollkommen entspannt, sang Charlie aus vollem Halse mit, zog an seiner Lucky Strike und warf den Stumpen aus dem Fenster, doch die Sonne strahlte so gleißend hell, dass die Funken nicht zu sehen waren.

    Yes, yes, yes … Jackie’s a real gone guy.
    Das Lied endete, als sie an ihrem Haus vorbeifuhren, wie sie es immer taten, bloß dass sie diesmal auf der Veranda stand, und diesmal blickte Charlie auf und zu ihr hinüber, und er sah sie, ein schlichtes Mädchen auf einer einfachen, weiß gestrichenen Veranda, das einmal sein Mädchen gewesen war. Nein, dieses Mal sah er sie deutlich, und sie war kein Hollywood-Filmsternchen mehr, diese Zeit war vorüber und würde nicht wiederkommen, aber er sah sie, wie sie war, wie Gott sie geschaffen hatte, und er sah auch seine Felder und seine Häuser, das Haus im Wald, und er begehrte sie über alle Maßen. Als er weiterfuhr, war es nur mit einem winzigen Zögern, einem kaum wahrnehmbaren Abbremsen des schwarzen Pick-up. Er verwuschelte dem Jungen das Haar, sang: »Yes, yes, yes, Jackie’s a real gone guy«, obwohl sie längst ein anderes Lied spielten, und ihm schien, als hätte er nie etwas anderes getan als zu schauen, als hätte er jenes erste Mal nicht angehalten, wäre nicht durch ihre Einfahrt gefahren, um dann den Pick-up hinter dem Haus zu verstecken.
     
    Ganz plötzlich schien Charlie endlich frei zu sein, als wären die Vorwürfe erst in diesem Moment ad acta gelegt worden. Er war frei von Schuld, frei auch von Besitz, und er lachte mit dem Jungen, redete mit ihm darüber, wie lange es noch bis zum Beginn des Frühjahrstrainings war und was Sam glaubte, was der richtige Jackie Robinson wohl in dieser Minute mache, da oben in Connecticut, wo er lebte. Er spiele mit seinen Kindern, vermutete Sam. Und mache ein Mittagsschläfchen, so wie Sam es immer noch jeden Tag machen musste, außer am Mittwoch, wenn er mit Charlie ins Schlachthaus fuhr. An diesen Tagen musste er früher ins Bett,
um den Schlaf wieder aufzuholen, obwohl er dann trotzdem lange wach lag, bis die ganze Straße schlief und im Dunkeln lag, nur für den Fall, dass er etwas verpasste, nur für den Fall, dass jemand sich in ihr Haus schlich und seine ganze Familie ermordete, seine Mutter und seinen Vater, die er doch, dort im Dunkeln, beschützen wollte, so gut er konnte.
     
    Im Schlachthaus ging es schnell. Sam wartete draußen mit Jackie und trödelte herum. In dieser Jahreszeit gab es keine Fliegen und somit nicht viel zu jagen für Jackie, und so spielten Sam und Jackie Ball: das leise Aufprallen des Balls im Handschuh, das Rennen des Hundes, der den Ball dann apportierte, ganz nass vom Hundespeichel, bis der Handschuh innen davon ganz dunkel geworden war; Charlie drinnen, der schnitt und tranchierte, der seine Arbeit machte, bei der er nicht gerne unterbrochen wurde, weshalb er auch keine Zeit hatte, um mit dem Jungen zu spielen.
    Als alles fertig geschlachtet und gesäubert war und die Rinderhälften in der Kühlbox auf der Ladefläche hingen, alles voller Steaks und Koteletts und Schnitzel und Keulen, kam Charlie aus dem Schlachthaus, sein schärfstes Messer baumelte in einem Lederetui von seinem Gürtel, und er schaute den Jungen an und sah selber wieder wie ein Junge aus, frisch und bereit und ausgeruht, und dann spielten Sam und er eine Runde Ball, während Jackie zwischen ihren Beinen durchwuselte und versuchte, sich den Ball zu schnappen. Charlie fing ihn, sprang hoch, wirbelte in der Luft herum wie ein Halbspieler, ein Wunder an Geschmeidigkeit und Flinkheit in jeder seiner Bewegungen, und dann warf er ihn ganz behutsam, behutsamer, als man es der kraftvollen Bewegung seines Armes angesehen hätte, und der Ball landete mit einem leisen Klatschen in Sams Handschuh.

    »Out! Out als Erster!«, schrie Sam, warf den Ball hoch über seinen Kopf, so hoch, dass er ihn kaum sehen konnte, und sah mit Verwunderung, wie Charlie losrannte und den fallenden Ball fing und zur gleichen Zeit Sam in seine Arme riss, ihn herumwirbelte und mit einer einzigen anmutigen, geschmeidigen Bewegung in den Pick-up hievte, den Ball in den Handschuh auf Sams Schoß legte und Jackie neben ihn setzte, und dann ließ er den Wagen an, zündete sich eine Lucky an, schaltete wieder das Radio an, wo sie jetzt

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