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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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randvoll mit Geld. Einer Menge Geld. Den Schlüssel zu dem Schloss trug Charlie an einer Kette um seinen Hals.
    Er bezahlte Russell Hostetter einen Dollar pro Nacht dafür, dass er seinen Pick-up drei Meilen außerhalb der Stadt auf einem Feld am Fluss parken durfte, und er schlief auf einer alten Steppdecke auf der Ladefläche des Pick-up, zugedeckt mit einer anderen, und wenn es dunkel war, wusch er sich am Fluss mit Seife und einem Handtuch, das er im Krämerladen gekauft hatte. Das sommerliche Mondlicht stahl sich durch die Äste der Weiden und warf Schatten auf seinen bleichen, glänzenden Rücken. Das schwarze, kühle Wasser glitzerte, wenn er seine nassen Haare ausschüttelte, die nicht mehr braun, sondern schwarz wie das Wasser und die sternenübersäte Nacht waren. Denn eines musste man Charlie Beale lassen: Er war immer sauber. Er rieb sich mit dem rauen Handtuch trocken und rubbelte so lange, bis die Haut ganz rot war, als hätte ihm jemand eine Ohrfeige verpasst.
    Jede Nacht, bevor er sich schlafen legte und die Kerosinlampe herunterdrehte, um noch eine Weile auf dem Rücken zu liegen und den Sternenhimmel zu betrachten, trank er ein Glas Whiskey und rauchte eine Lucky Strike, und dann schrieb er Tagebuch. Meistens handelte es sich nur um kurze Angaben wie die Temperatur, wie viel Regen gefallen war, lauter kleine Dinge. Heiß heute, schrieb er zum Beispiel. Schnee, fünfundzwanzig Zentimeter. Oder: Hab einen Adler gesehen. Ein poetischer Mensch war er nicht. Die neununddreißig Jahre, die er bereits auf dem Planeten Erde weilte, hatten ihm jede Poesie ausgetrieben.

    Wenn er schrieb, dachte er oft daran zurück, wie es früher gewesen war, daheim, dort wo er aufgewachsen war, bei den Leuten, die seine Leute waren, und an die anderen Menschen, denen er auf seinem langen Weg begegnet war. Dann notierte er sich manche Dinge und fand während des Schreibens zu einer Art bescheidenem Redefluss, wobei er seine Freunde immer nur mit Initialen benannte, und wenn er alt war, würde er auf diese Weise auf die Tage zurückblicken können, die vergangen waren, und auf die Orte, an denen er gewesen war. Das tat er schon, seit er ein Junge gewesen war, dessen Faszination für die Welt noch größer war als jetzt, und obwohl ihn das Leben heute, wo es tatsächlich passierte, weniger interessierte als damals, als er noch darauf wartete, dass es endlich anfing, hatte er diese Gewohnheit beibehalten. Wenn er zurückblätterte, dann stieß er manchmal auf Initialen, die er niedergeschrieben hatte, konnte sie aber keiner Person, keinem Gesicht und keinem Ort mehr zuordnen.
    Tagebuch zu führen war für ihn eine Methode zu beurteilen, wie weit er von dem entfernt war, was er als einen guten Menschen bezeichnete, und oft fügte er seinen Notizen noch ein kleines Plus oder Minus hinzu, einfach nur um festzuhalten, wie weit der Weg zu diesem Ziel noch war, als wäre sein Tagebuch ein moralischer Kompass. In einem kleinen Karton im Pick-up lagen bereits elf dieser Tagebücher, und gerade hatte er sich das zwölfte vorgenommen.
    Wenn er mit Schreiben fertig war, kniete er neben dem Pick-up, begleitet vom lauten Zirpen der Grillen in der Dunkelheit und dem Flattern der Nachtfalter, das so leise war wie ein winziges Flirren in seinem Herzen, und sprach seine Gebete, obwohl er sehr wohl wusste, dass ihm irgendwann auf seinem Weg sein Glaube abhandengekommen
war. Er betete für seine Familie, dafür, dass sich die leuchtenden Hoffnungen seiner Kindheit eines Tages doch noch erfüllen würden. Er betete, dass sich endlich alles zum Guten wenden würde und dass das hier der Ort war, an dem er sich zu Hause fühlen konnte.
     
    Er kaufte einen Laib Weißbrot im Laden, dazu etwas Aufschnitt, Erdnussbutter, Gelee und einen Karton Cola-Flaschen, und dann saß er draußen am Fluss, aß Sandwiches und legte die Flaschen zum Kühlen in das dunkle, fließende Wasser.
    Jeden Tag jener ersten Woche spazierte er, scheinbar ohne Plan und Ziel, durch die Straßen der Stadt. Wenn er an jemandem vorbeikam, nickte er ihm höflich zu, doch er sprach mit keiner Menschenseele. Nur die Geschäfte betrachtete er mit ruhigem, unauffälligem Blick: vom Kurzwarenladen bis zum Friseur mit seinem Wahrzeichen, einer gestreiften Stange, die sich immer drehte. Auch die Häuser mit ihren ordentlichen Lattenzäunen und den Gärten schaute er sich genau an. Er blickte in die Gesichter der Menschen, und die schauten verstohlen zurück, und wenn er dann später im

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