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Ein wildes Herz

Ein wildes Herz

Titel: Ein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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rufe sie jetzt an.«
    Charlie trat in den Kühlraum und hörte, wie Will leise in das Telefon an der Wand sprach. Er suchte eine Rinderseite aus, nahm sie ab und schaffte es, sie auf den Metzgerblock zu wuchten, ohne sich das Hemd schmutzig zu machen. Er öffnete seine Ledertasche und legte die Messer nebeneinander auf den Tresen.
    »Ich hab meine eigenen Messer.«
    »Das sehe ich.«
    »Aus Deutschland.«
    Charlie nahm ein Messer und prüfte die Klinge an seinem Daumen.
    »T-Bone? Lende? Filet?«
    »T-Bone. Für die Pfanne. Sie wissen schon.«
    »Mit Knochen?«
    »Ja. Aber dünn.«
    »Wie viele?«
    »Vier.«
    Mit Hilfe eines Messers und eines Hackbeils für das Rückgrat schnitt Charlie vier Steaks zurecht, zog an der Rolle mit Wachspapier über seinem Kopf und wickelte die Steaks so ordentlich ein wie ein Weihnachtsgeschenk.
    »Recht so?«
    »Wunderbar. Gehen wir essen. Wir fragen meine Frau, was wir mit Ihnen machen. Sie wird es wissen. Sie weiß alles.«
    Sie traten in den Tag hinaus, der heiß geworden war, und Will schloss sorgfältig die Tür hinter ihnen ab.
    Um sie herum, in der heißen Stille des mittäglichen Brownsburg, setzten sich die Leute zum Mittagessen. Die beiden Männer und der Junge gingen die Main Street entlang.
Brownsburg war die Art von Stadt, die von allem nur eins hat, und viele Dinge hatte sie überhaupt nicht. Sie sprachen kein Wort.
    Schließlich blieben sie vor einem hohen, blitzsauberen viktorianischen Haus stehen, das ein wenig an ein Pfefferkuchenhaus erinnerte. Zinnien blühten rund um die Treppe, die zu einer Veranda mit filigran geschnitzter Balustrade und üppig wuchernden Glyzinien führte, welche längst ihre Blüten verloren hatten. Über allem lag das sommerliche Summen von Fliegen und der Geruch von Teer, der in der Hitze langsam weich wurde. Das Haus war ein solides Gebäude, das perfekte Zuhause für eine Familie, die hier ihr Leben, ihre Liebe, ihre Sorgen auslebte, all das Widersprüchliche und Profane, das einen solchen Alltag ausmacht. Das alles atmete Charlie Beale ein, als wäre es der süße, betörende Duft einer Blume, die nur des Nachts erblüht.
    Will Haislett schloss die Tür auf, und Charlie Beale trat in die dunkle, warme Diele. Schon beim ersten Atemzug bemerkte er, dass er ein Haus betrat, das immer sauber war und in dem es nur abgestaubte Tische, blitzblanke Gläser in den Vitrinen und blütenweißes Bettzeug gab, das nach Bleiche und frischer Luft roch. Es war anders als alles, an das er sich erinnerte, hatte nichts mit seiner eigenen, haltlosen Kindheit zu tun, und doch war es ihm so vertraut wie seine eigene Haut, wie etwas, das er schon sein ganzes Leben kannte, ohne es jemals gekostet oder gerochen zu haben.
    Ein Zuhause, wie es Charlie nicht hatte, ein Heim, das jedem, der unter seinem Dach schlief, Geborgenheit und Liebe schenkte, ob es nun ein Verwandter, ein Freund oder ein Fremder war, der hier durch die Tür trat. Ihm schien, als wäre es ein Haus, das allzeit bereit war  – bereit, jemanden willkommen zu heißen.

    Damals gab es keine Antiquitäten. Es gab einfach nur Neues und Altes, Dinge, die man aus seinem eigenen Elternhaus mitgebracht hatte und an denen man hing, die man in turbulenten Ehejahren gehegt und gepflegt hatte, Dinge, die man sich zur Hochzeit angeschafft hatte und die ein Leben lang halten mussten.
    Die Möbel in dem Wohnzimmer, in das Will Haislett Charlie führte, waren zum größten Teil alt und jetzt im Sommer mit Schonbezügen aus Chintz und Leinen abgedeckt. Will bot Charlie keinen Stuhl an, und so standen sie etwas verlegen herum. Der kleine Sam klammerte sich an das Hosenbein seines Vaters. Die beiden ähnelten sich sehr, das gleiche Gesicht, die gleichen blauen Augen. Es duftete nach Essen, nach guten, frischen Zutaten, und Charlie spürte, dass sich irgendwo im Haus jemand zu schaffen machte, während dort, wo sie standen, alles ganz still und unberührt war.
    »Alma?«, rief Will leise. »Alma, ich hab ihn zum Essen mitgebracht.«
    Und dann war sie da, mit einem winzigen Hauch warmer Sommerluft, so wie sie jeden Tag um Viertel nach zwölf da war, und alles, was sie zu Will sagte, war: »Liebling«, und es gibt einfach keine Worte, um auszudrücken, wie liebevoll sie das sagte, mit einem weichen Akzent, gebildet, nicht vom Lande, und mit einer Stimme, die atemlos war vor Freude über seine Gesellschaft.
    Sie war vierzig Jahre alt, nur ein Jahr älter, als Charlie Beale es damals war, und vierzehn Jahre jünger als

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