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Ein Winter mit Baudelaire

Ein Winter mit Baudelaire

Titel: Ein Winter mit Baudelaire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Cobert
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hat, langsam zu seinem Auto. Im Wageninneren schaltet er das Handy wieder an, legt es auf den Beifahrersitz, startet den Motor.
    Als er nach dem Sicherheitsgurt greift, ertönt das Piepen, das eine Nachricht anzeigt. Während er sich mit einer Hand weiter anschnallt, wählt er mit der anderen seine Mailbox an: »Sie haben eine neue Nachricht. Empfangen heute um 16 Uhr 27: »Guten Tag, hier spricht Monsieur Maury …«
    Philippe stockt der Atem.
    »Ich habe alle Ihre Nachrichten bekommen seit unserem kurzen Gespräch, das jetzt schon über einen Monat zurückliegt …«
    Der Anrufer ist der Eigentümer einer der größten Hotelketten, die ihre Filialen an den Autobahnen und Umgehungsstraßen sämtlicher Großstädte in Nordfrankreich betreibt.
    »Es tut mir leid, dass ich jetzt erst anrufe, aber ich war in letzter Zeit sehr beschäftigt …«
    Nach einer schwierigen Annäherung, die ein riskanter Drahtseilakt zwischen Belästigung und übertriebener Zurückhaltung war, hatte Philippe es geschafft, zwei Minuten lang direkt mit ihm zu sprechen, ohne allerdings einen festen Termin ausmachen zu können.
    »Ich habe heute Nachmittag mehrmals versucht, Sie im Büro zu erreichen, aber dort sagte man mir, Sie seien mit einem Kunden unterwegs …«
    Wenn es ihm gelänge, Monsieur Maury davon zu überzeugen, seine Hotels mit Wärmepumpen auszurüsten, hätte dies eine Flut von Verträgen zur Folge, die Philippe einen Umsatz bescheren würden, der den wöchentlichen Zielvorgaben eines ganzen Jahres entspräche.
    »Ich hatte Ihre Handy-Nummer nicht mehr, deshalb habe ich mit einem Ihrer Mitarbeiter gesprochen, der sie mir dann gegeben hat … Monsieur … Stéphane Tascal, glaube ich …«
    Philippes Miene erstarrt.
    »Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, habe ich einen Termin mit ihm vereinbart und … werde ihn gleich treffen, am Spätnachmittag …«
    »Nein!«
    Ohne das Ende der Nachricht abzuwarten, drückt er rasch auf Rückruf.
    »Monsieur Maury ist gerade in eine Sitzung gegangen, möchten Sie ihm eine Nachricht hinterlassen?«
    »Ich melde mich später noch mal, danke.«
    Er wählt Stéphanes Nummer im Büro: Mailbox. Sein Handy: Mailbox. Gerade als er ihm eine Nachricht aufsprechen will, taucht ein Motorradpolizist neben ihm auf und bedeutet ihm, am Straßenrand zu halten.
    »Scheiße!«
    Philippe schaltet sein Handy aus und leistet der Anordnung des Polizisten Folge.

Wärmepumpen
    Hals über Kopf kommt Philippe in das große Büro gestürmt. Mit lautem Krachen prallt die Tür von der Wand ab und schlägt hinter ihm zu. Unter den erstaunten Blicken der Kollegen durchquert er wild entschlossen den Raum. Ohne anzuklopfen, marschiert er in François’ Büro.
    »Stéphane hat nicht das Recht, das zu tun!«
    François erhebt sich und geht ein paar Schritte auf Philippe zu, dessen Stimme durch sämtliche Räume hallt.
    »Philippe, beruhige dich, wovon redest du?«
    »Du weißt ganz genau, wovon ich rede! Ich arbeite seit über einem Monat daran, diesen Termin mit Maury zu bekommen! Er ist mein Kunde, nicht seiner!«
    »Du warst nicht da.«
    »Ich hatte einen Kundentermin!«
    »Und hast du etwas verkauft? Hast du mir einen Bestellschein mitgebracht?«
    »Nein!«
    François zuckt mit den Schultern.
    »Das ist einfach zum Kotzen! Ich mache die Drecksarbeit, und er kriegt die Lorbeeren!«
    »Maury ist eine große Nummer. Wir konnten es uns nicht leisten, dass er uns durch die Lappen geht.«
    »Wer sagt denn, dass er mir durch die Lappen gegangen wäre?«
    »Niemand, aber Stéphane macht im Gegensatz zu dir Umsatz.«
    Philippe funkelt François schweigend an. Dann sagt er leise, mit zusammengebissenen Zähnen: »Arschloch …«
    »Wie bitte?«
    »Arschloch!«
    François nimmt seelenruhig hinter seinem Schreibtisch Platz. Die beiden Männer funkeln sich an.
    »Ich bringe dich vors Arbeitsgericht.«
    »Ach ja, und mit welchem Argument? Die Hotelbranche ist nicht mal eine, mit der wir regelmäßig zusammenarbeiten. Welche Ansprüche willst du geltend machen?«
    »Ich war sein erster Kontakt.«
    »Was willst du, Philippe? Stéphane war einfach schneller als du. So sind nun mal die Gesetze des Marktes, das nennt man Wettbewerb.«
    »Das werden wir ja sehen …«
    »Da ist nichts zu sehen, Philippe. Dein Vertrag läuft Ende nächster Woche aus. Du hast noch zehn Tage, um deine monatlichen Zielvorgaben zu erreichen, ansonsten …«
    Er hebt die Hand und macht eine Abschiedsgeste.
    »Und zwar ganz legal …«
    Einen Moment lang steht

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