Ein Wirbelwind namens Millie (German Edition)
einmieten, bevor sie die Reise nach Texas antraten, um ihnen etwas Zeit zu geben. Doch welchen Unterschied hätte das gemacht? Normalerweise überdeckte der Schock die ersten Tage nach dem Verlust. Nachdem Henrietta gestorben war, war er eine Woche lang wie betäubt herumgelaufen. Es war vielleicht besser, die Reise nach Texas so schnell wie möglich hinter sich zu bringen und in das neue Haus einzuziehen, bevor sich die schmerzliche Wahrheit mit voller Wucht bemerkbar machte.
Tiefe, schmerzhafte Erinnerungen tauchten plötzlich wieder auf. Henrietta hat mich geliebt. Sie war alles, was ich mir erträumt hatte, und doch habe ich sie im Stich gelassen. Ich war nicht da, als sie mich wirklich brauchte. Erst gestern Abend habe ich gesagt, dass ich auf den Herrn warten will. Ich würde auf seine Führung warten – und doch habe ich heute Morgen alle Bedenken zur Seite geschoben und geheiratet. Es schien mir der einzige Ausweg zu sein. Ich habe meine Logik vorgeschoben und nicht nach dem Willen des Herrn gefragt. Was habe ich nur getan?
Schweigend saß Daniel da und war dankbar, dass Arthur in dem ganzen Durcheinander und dem Lärm schlafen konnte. Die beiden Damen hatten kein Bedürfnis zu reden, deshalb konzentrierte er sich auf sein Problem. Was sollte er jetzt tun? Er hatte dem Herrn versprochen, nicht zu heiraten, bis er sicher war, dass er es wieder tun sollte und Gott es auch so wollte. Doch in der Krise hatte er überstürzt gehandelt. Aber wenn er die Ehe jetzt nach dem Eheversprechen annulieren ließ, würde er das Ganze nicht zu einer Farce machen? Er hatte vor Gott und den Menschen versprochen, dass er ihr Ehemann bleiben würde, bis der Tod sie scheidet. Er hatte Millicent einen Antrag gemacht, ihr den Ehering seiner Mutter an den Finger gesteckt und ihr gesagt, dass sie das Richtige getan hatte. Eine Annulierung war ... undenkbar.
Aber was hieß das jetzt für sie?
Ich liebe Sie nicht ... Zweckehen gibt es doch nur in den billigen Groschenromanen ... Ihre Worte klangen noch in seinen Ohren. Sie hatte recht. Die ganzen Umstände erinnerten stark an die Handlung in einem dieser Romane. Sie hatten sich gegenseitig versichert, dass sie nur wegen Arthur und Isabelle heirateten. Aus den Augenwinkeln beobachtete Daniel, wie Millicent das Cape um Isabelles Schultern glattstrich und ihr zärtlich etwas zuflüsterte. Die beiden Schwestern waren sich so nahe, dass sie bestimmt zusammenbleiben wollten. Das würde die Sache am Anfang um einiges erleichtern. Wenigstens in der ersten Zeit könnten sie dadurch eine Ehe führen, die nur auf dem Papier bestünde. Im Laufe der Zeit würde Daniel immer wieder Gottes Führung suchen. Der Herr würde ihm entweder genug Selbstkontrolle schenken, um die Entbehrungen zu ertragen, die seine übereilte Entscheidung kosten würde, oder aber er würde ihm erlauben, Millicent wirklich zu seiner Frau zu machen.
Herr, vergib mir dieses Durcheinander.
* * *
Spät am nächsten Abend erreichte der Zug das Städtchen Gooding in Texas. Millicent beugte sich vor und versuchte, Arthur aus den Armen seines Vaters zu nehmen, aber Daniel wollte ihn nicht loslassen. Mitten in diesem kleinen Tauziehen um ihn rührte sich Arthur nicht einmal. Millicent flüsterte: „Ich kümmere mich um Isabelle und Arthur. Sie müssen sich um so vieles andere kümmern.“
„Es ist nicht so viel, dass ich mich nicht auch noch um meine Familie kümmern kann.“ Vorsichtig legte Daniel seinen Sohn über die Schulter und berührte sanft Isabelles Schulter. „Hier steigen wir aus.“
Schnell drückte Millicent ihr eine der Taschen in die Hand. „Isabelle, bitte trag das hier. Ich nehme die anderen.“
An den Taschen und Koffern unter ihren Sitzen musste sie ein paarmal kräftig ziehen, bevor sie sich lösten. Als Millicent sich wieder aufrichtete, legte Daniel seine große, starke Hand um die Griffe. Er half ihnen beim Aussteigen und führte sie zu einer Bank unter einer Gaslampe. „Wartet hier auf mich. Ich bin so schnell wie möglich wieder zurück.“
„Wir schaffen das schon.“ Sie stellte die Tasche auf den Boden. „Ich kann ihn jetzt nehmen, Sir.“
Im Licht der Lampe konnte Millicent sehen, wie er die Stirn runzelte. Lag das daran, dass die Tränen wieder über Isabelles Wangen liefen?
„Bitte sag Daniel zu mir, Millicent.“
Er legte Arthur in ihre Arme, dann drehte er sich um und verschwand. In den wenigen Minuten, in denen er weg war, sah sich Millicent in der unmittelbaren Umgebung um.
Weitere Kostenlose Bücher