Eindeutig Liebe - Roman

mir und lächelte mich an – diese Augen, diese Wangen und diese Zähne –, und plötzlich kam es mir vor, als wäre ich mit der ganzen Welt im Reinen. Ich wollte sie küssen, hier vor allen Menschen. Sie war so viel mutiger als ich, ganz eindeutig.
    »Der Song ist nicht nur für Nick und Sienna, sondern für jeden von euch, der jemanden liebt. Deshalb möchte ich gern, dass nacheinander noch mehr Pärchen zu unseren Freunden hier auf die Bühne kommen und zu meinem Song tanzen. Glaubt ihr, das könnt ihr?« Wieder erhob sich lautes Gebrüll.
    Tanzen? Augenblick mal!, dachte ich. Ich kann nicht gut tanzen! Ich betete um einen langsamen Song, damit ich einfach ein bisschen die Beine bewegen konnte, sodass es aus der Ferne betrachtet vielleicht ganz okay aussah … Und dann begann er zu singen. Es war wunderschön. Mir fiel auf, dass ich Sienna ziemlich eng an mich drückte. Doch dann wandte sie mir in dem weißen Scheinwerferlicht das Gesicht zu und legte ihre Arme ganz um meine Taille. Das glänzende Haar fiel ihr über die Schultern und leuchtete. Obwohl mein Herz so heftig pochte, schien es für einen kurzen Moment stillzustehen. Es war, als wären nur noch sie und ich da, ganz allein. Als ob die Musik ihres Lieblingssängers nur aus einem kleinen Radio in der Zimmerecke zu uns herüberwehte.
    Ich muss etwas ängstlich gewirkt haben, denn sie sah mich plötzlich beruhigend an und zog mich näher an sich heran. Es passte perfekt. Sie war so warm und wunderschön. Ich legte die Arme um ihre Taille und ließ meine Nase auf ihrer Stirn ruhen. Ihr Haar roch frisch, ihre Haut war weich. Ich begann zu lächeln, doch während wir dort im Rampenlicht vor Tausenden von Menschen tanzten, spürte ich eine tiefe Traurigkeit in mir aufsteigen. Ich durfte das hier nicht tun. Es stand mir nicht zu. Meine Hände gehörten nicht um ihre Taille. Das stand nur Ben zu. Eines Tages würde Sienna heiraten, und ich müsste hingehen und einen Anzug und eine Blume im Knopfloch tragen und den ganzen Tag gut gelaunt sein. Ich würde mit ansehen müssen, wie ein anderer Mann die Frau heiratete, die ich liebte.
    Schließlich kamen andere Paare zu uns auf die Bühne. Gott sei Dank, dachte ich. Um uns herum tanzten alle möglichen Leute, bis wir in der Szene aufgingen wie zwei Farbpunkte in einem Gemälde von Roy Lichtenstein.
    Mittlerweile hätten wir uns loslassen und uns die Hände an der Hose abwischen können, als wären sie schmutzig, weil wir damit in eine Mülltonne gefasst hatten. Doch das taten wir nicht. Stattdessen tanzten wir weiter und waren ebenso in die Augen des anderen versunken wie die Menschen um uns herum.
    Alte Menschen. Junge Menschen. Große Menschen. Kleine Menschen. Viele Menschen, die alle eines verband: Liebe.
    Sienna
    Pete war zur Mittagszeit nicht wie sonst üblich auf der Bank. Das war zwar merkwürdig, kam aber hin und wieder schon mal vor. Er mag den Park in der Nähe, also nahm ich an, dass er sich dort aufhielt.
    Der Park ist nur fünf Minuten Fußweg vom Büro entfernt, deshalb entschied ich mich, dorthin zu gehen und nach dem Rechten zu sehen. Es war ein brüllend heißer Freitagmittag. In London herrschte diese Sommeratmosphäre, wo jeder Mann glaubt, er dürfe jedem Mädchen aus dem Auto nachpfeifen und ihren Hintern kommentieren, und die Leute es für angemessen halten, in der U-Bahn Sonnenbrillen zu tragen. Nichts davon ist okay. Auch nicht bei dreißig Grad im Schatten.
    Doch vielleicht war diese unglaubliche Hitze auch der Grund dafür, dass Pete sich im Park aufhielt, statt auf dem langweiligen Parkplatz hinter unserem Verlag zu sitzen. Ich konnte es ihm kaum verdenken.
    Ich schlenderte durch die belebten Straßen Richtung Park; die Menschen trugen weite bunte Kleidung und hatten ein breites Grinsen im Gesicht. Es fühlte sich gut an, und ich konnte es kaum abwarten, Pete zu erzählen, was bei dem Konzert gestern Abend passiert war und wie lustig ich es gefunden hatte. Ich wusste, er würde diese Geschichte lieben.
    Als ich mich dem Rand des Parks näherte, warf ich einen Blick auf die weite Grünfläche, die sich vor mir ausbreitete. Das endlose Feld aus grünen Halmen war wunderschön. Tief atmete ich die Sommerluft ein und füllte meine Lunge damit.
    Wenn Pete und ich zusammen in den Park gegangen waren, hatten wir uns immer auf einen großen umgestürzten Baumstamm gesetzt. Er ist wunderschön geformt, voller Löcher, in die Vögel und Eichhörnchen hineinhuschen und herausschießen, als spielten