Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
er sich dem Dicken, der hastig sein Taschentuch verschwinden ließ. Clement sprach einige Zeit mit ihm, wobei es sich eindeutig nicht um eine Unterhaltung unter Gleichberechtigten handelte. Clement gab dem dicken Mann Anweisungen, Befehle. Und dieser hörte aufmerksam zu, nickte mehrmals beflissentlich, bevor er das Zimmer eilends verließ.
Johannes war meinem Blick gefolgt. „Das ist mein Bruder Clement mit seiner Verlobten, Suzana Balbasova und der andere ist sein Assistent, er heißt Becker, Julian Becker.“
„Dein Bruder und ich, wir kennen uns“, sagte Asmodeo und seine Augen hatten einen Ausdruck, den ich bei ihm bislang nicht gesehen hatte - unendlich kalt und dabei tausende von Jahren alt.
Interessiert betrachtete ich Asmodeos Mimik. „Du scheinst ihn nicht sonderlich zu mögen“, stellte ich fest.
„Gewöhnlich mache ich mir nicht viel aus den meisten Menschen“, erwiderte er. Dann lachte er zu meiner Überraschung leise auf. „Obwohl Johannes Bruder eine - sagen wir einmal - überaus kreative Seite hat, die er gerne dazu nutzt, spannende und ungewöhnliche Geschäftsbeziehungen zu unterhalten.“
„Davon habe ich gerüchteweise bereits gehört“, pflichtete Johannes Asmodeo bei. Er wirkte dabei nicht sonderlich erfreut, doch ebenso wurde deutlich, dass er Asmodeos Einschätzung teilte.
Clement sah sich suchend um, als habe er meine Augen in seinem Rücken gespürt. Er hob die Hand und machte Johannes ein Zeichen. Ohne eine Reaktion abzuwarten, schlenderte er zu uns herüber. Es schien, als würde ihm der Raum und alles was sich darin befand, vollkommen allein gehören. Aber wahrscheinlich vermittelte Clement diesen Eindruck, egal in welcher Umgebung er sich befand. Er wusste um seine Macht und um seine Ausstrahlung.
Er steuerte direkt auf uns zu und blieb nur eine knappe Armlänge von uns entfernt stehen. In seinem Gesicht entwickelte sich eine Art Lächeln. Es war kühl und gleichzeitig faszinierend. Es war der Ausdruck eines überaus starken Willens.
„Graf“, sagte er mit einem vertrauten Unterton in der Stimme. „Ich hätte Sie überall erwartet, aber nicht hier.“
Asmodeo antwortete mit einem leichten Nicken seines Kopfes.
„Lilith, das ist mein Bruder Clement. Clement, das ist Lilith Stolzen“, meinte Johannes. Er lächelte nicht.
Der forschende Blick von Clement fiel auf mich und bewegte sich keinen Millimeter mehr von mir fort. Gelassen hielt ich seiner Musterung stand, was ihn zu verwirren schien. Er runzelte fast unmerklich die Stirn und der Schatten einer tiefen Verärgerung huschte über seine Züge. Er erwartete Unterwerfung und Bewunderung, doch ich dachte überhaupt nicht daran, ihm diesen Gefallen zu tun. Blitzschnell brachte er seine Gefühle unter Kontrolle und sein einnehmendes, jedoch gefühlloses Siegerlächeln kehrte zurück.
Johannes bemerkte das außergewöhnliche Interesse, das sein Bruder mir entgegenbrachte und fügte hinzu: „Asmodeo und Lilith sind die zwei Personen, denen ich am meisten vertraue.“
Clement lachte, jedoch nur mit dem Mund. „Oh, das wirft aber ein schlechtes Licht auf mich, wenn mein eigener Bruder anderen Menschen mehr vertraut, als mir.“ Unterschwellig meinte ich, eine gewisse Verachtung oder sogar leise Drohung aus seiner Bemerkung zu vernehmen.
„Wenn man viel miteinander erlebt hat, schweißt das zusammen“, antwortete ich und lächelte ihn ebenso distanziert wie frostig an. Neugierde huschte über das Gesicht von Clement, doch er beherrschte sich.
„Es ist ein außergewöhnliches Geschenk, wenn man wahre Freunde findet“, entgegnete er unverfänglich, wobei er seine Krawatte glatt strich. Seine Finger glichen denen von Johannes. Sie waren lang und sehnig. Seltsamerweise erweckten sie aber dennoch nicht den Eindruck von Sensibilität, wie es die Hände von Johannes taten.
Während ich noch darüber sinnierte, woran ich den Unterschied festmachen konnte, sprach er weiter. “Für jeden in unserer Familie ist die gegenwärtige Situation sehr belastend. Ganz besonders für meinen Vater, aber auch für Johannes. Ich weiß noch ganz genau, als Klara und ich unsere Mutter verloren haben und kann deshalb nachempfinden, was Johannes jetzt durchstehen muss. Deshalb bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie ihn unterstützen.“ Sein Tonfall klang ehrlich, seine Miene passte zu seinen netten Worten und dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass er log.
Ich glaubte ihm einfach nicht.
Der dicke Assistent trat in unseren Kreis.
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