Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Gegenwart auch finde, muss ich mich doch von Ihnen losreißen. Frau Balbasova“ – er wies voller Besitzerstolz auf das russische Fräuleinwunder, das bereits einen neuen Cocktail schlürfte – „hat mein Versprechen, dass ich ihr heute ausreichend Zeit widme. Normalerweise gelingt mir das nur selten.“
„Schöne Frauen darf man nicht warten lassen“, erwiderte Asmodeo mit leisem Spott in der Stimme.
Als Clement irritiert aufblickte, hatte ich Mühe, mir ein Grinsen zu verkneifen.
Clement grüßte uns steif und schlenderte zurück zu seiner Lebensgefährtin, die erneut zu strahlen begann, kaum dass er sich näherte. Sie tat mir leid. Das, was sie anstrebte, würde sie niemals erreichen – jedenfalls nicht mit Clement.
„Wow, was war denn das?“, fragte ich, als Clement außer Hörweite war.
„Meinst du jetzt die Sache mit den Waffen?“, erkundigte sich Johannes.
„Das war so ein Männerding“, bemerkte Asmodeo ausweichend.
„Ein Männerding? Mir kam es vor, wie die Herausforderung zu einem Kampf“, sagte ich.
Asmodeo verzog einen Mundwinkel „Ach was, an so einem Tag wie heute liegen bei den Beteiligten die Nerven einfach blank. Das darf man nicht überbewerten.“
Ich hörte, was er sagte, konnte ihm aber nicht recht glauben. Nochmals blickte ich zu Clement hinüber, der inzwischen bei seiner Verlobten angekommen war. „Er gibt mit seiner Freundin an, wie mit einem teuren Rennpferd“, stellte ich fest.
„Frauen hatten bei meinem Bruder noch nie einen anderen Stellenwert“, sagte Johannes.
„Glücklicherweise unterscheidet ihr euch in dieser Beziehung grundlegend“, meinte ich.
„Wer sagt dir das?“, grinste Johannes.
„Frau Balbasova ist eigentlich ganz nett“, meldete sich Julian Becker zu Wort. Ich hatte ganz übersehen, dass er noch immer bei uns stand. Er wirkte verlegen und war unsicher, wie er sich korrekt verhalten sollte. „Wir unterhalten uns häufig über Russland. Sie müssen wissen, ich liebe Tolstoi und ich kann mit ihr stundenlang über dessen Bücher reden. Als Einheimische versteht sie ihn wesentlich besser, als ich es vermag. Ich vermute, das liegt an der russischen Mentalität.“
„Tolstoi?“, Asmodeo war überrascht. „Sie sollten es einmal mit Dumas probieren. Der ist wesentlich positiver und nicht dermaßen schwermütig.“
„Dumas ist der Nächste auf meiner Liste“, beeilte sich der Assistent, Asmodeo zu versichern. „Ein Land nach dem anderen. Doch irgendwie bin ich momentan bei Russland hängen geblieben.“ Er lächelte entschuldigend.
5
Julian Becker fühlte sich sichtlich wohl in unserer Runde. Und wir hätten uns sicher noch lange mit ihm unterhalten, wenn er nicht einen kurzen, herrischen Wink von Clement bemerkt hätte. Unverzüglich verabschiedete er sich von uns und eilte hinüber zu seinem Chef.
Wir waren allein.
„Dein Bruder wollte nicht, dass wir uns ohne sein Beisein mit seinem persönlichen Mitarbeiter unterhalten“, bemerkte Asmodeo.
„Ich bin der Meinung, du solltest dir die Bücher deines Konzerns nochmals ganz genau ansehen“, sagte ich. Bisher hatte ich an die Vermutungen von Johannes keinen zweiten Gedanken verschwendet. Aber nach diesem Treffen mit Clement und nach dessen Reaktion auf die Fragen von Johannes zu urteilen, war ich fest davon überzeugt, dass es für Johannes dringend nötig war, sich um die Finanzen seines Familienkonzerns zu kümmern. Clement versuchte, etwas zu verheimlichen.
„Ich wusste gar nicht, dass die Mutter von Clement und Klara bereits gestorben ist“, wechselte Asmodeo das Thema.
Johannes blickte ihn überrascht an. „Wie kommst du denn darauf?“
„Na, er sagte doch vorhin, dass er sich genau daran erinnert, wie er seine Mutter verloren hat“, antwortete Asmodeo.
„Das stimmt. Das heißt aber nicht, dass seine Mutter tot ist.“
„Was ist dann passiert?“, fragte ich Johannes. „Sie wird ja wohl kaum mit dem Gärtner durchgebrannt sein.“
Johannes verzog seine Lippen zu einem leichten Lächeln, dann wurde er ernst. „Nein, das nicht. Sie ist auf eine andere Art gestorben. …Sie ist wahnsinnig geworden und lebt schon seit langer Zeit in einem geschlossenen Sanatorium.“
„Wahnsinnig?“, wiederholte ich.
„Sie redet von Visionen, Dämonen und Teufeln. Sie sagt, sie würde von ihnen Aufträge erhalten.“
6
Cunningham stand am Fenster seines Appartements und blickte mit zusammengekniffenen Augen in die untergehende Sonne. Rotglühende Wolken,
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