Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Wunsch.
„Wie wär’s“, sagte ich, „wenn ihr Jungs ein bisschen mit Mozart spazieren gehen würdet? Ich war schon heute früh mit ihm unterwegs, jetzt seid ihr dran.“
„Und du kommst nicht mit?“, fragte Asmodeo.
„Nein.“
„Nein?“, wiederholte Asmodeo.
Johannes lächelte. In seinen Augen lag Verständnis. „Sie will ihre BMW ausprobieren. Wir stören nur. Komm, lass uns abhauen, Asmodeo.“
Dankbar ließ ich die beiden auf der Terrasse stehen und ging ins Haus, wo ich mich in eine Jeans und in meine Lederjacke schmiss. Ich schnappte mir den brandneuen Helm, der auf wundersame Weise plötzlich auf meinem Bett lag, zog mir ein paar feste Schuhe an und lief hinunter zum Bike.
Meine Männer verschwanden gerade aus der Einfahrt. Asmodeo schob Johannes und Mozart sprang wie ein Gummiball um beide herum. Die drei hatte ich gut unter.
Jetzt hatte ich endlich Zeit, die Maschine gründlich zu inspizieren. Ehrfürchtig betrachtete ich den prominenten Motorblock, die jungfräulichen Reifen und den massigen Tank. Alles wirkte solider und stärker als bei meiner heißgeliebten Suzi. Und wieder stellte ich fest, dass ich Luxus nicht unbedingt brauchte. Aber wenn er schon mal da war…
Ich setzte mich auf den Sitz und packte den Lenker. Es fühlte sich wirklich gut an.
Mehr als gut.
Richtig gut.
Der Zündschlüssel steckte und ich betätigte den Anlasser. Der Motor hieß mich mit einem tiefen, satten Klang willkommen. Behutsam fuhr ich an und schlängelte mich über die Privatstraße an einer offenen Schranke vorbei bis zur Bundesstraße.
Ich liebte die Franzosen. Die hatten die Sache mit den Geschwindigkeitsbegrenzungen noch nicht verinnerlicht. Auf der Hauptachse, die quer über die Insel verlief, fuhr jeder, wie er wollte.
Ich auch.
Ich bog nach rechts ab, Richtung Festland. Die vierspurige Strecke war sanft geschwungen. Ich drehte am Gasgriff und jubelte laut. Die Maschine flog wie ein Pfeil dahin. Bald hatte ich die letzte Siedlung passiert.
Ich fuhr hinauf auf die hohe Brücke, die die Insel mit dem Festland verband. Hier drosselte ich die Geschwindigkeit, um den herrlichen Blick auf die Küste zu genießen, auf den hellgelben Sand und das blaugrüne Meer.
Dann hatte ich plötzlich genug von der schönen Landschaft und gab ordentlich Gas. Ich brauste die Brücke hinunter, stob durch einen lichten Pinienwald hindurch und war auf dem Festland. Die Straße führte durch Dörfer und kleine Ortschaften hindurch. Dazwischen lagen lange freie Strecken, in denen ich die BMW fast bis an ihre Leistungsgrenze hochtreiben konnte. Verwundert sahen mir grasende Kühe nach. Es war eine traumhafte Route für Motorradfahrer.
Schließlich verflog meine Anspannung, ich fühlte mich innerlich ausgeglichen und befreit.
Im nächsten größeren Dorf wendete ich auf dem Marktplatz und sauste zurück. Bald hatte ich zum zweiten Mal die Brücke zur Insel passiert, doch diesmal nahm ich eine Abzweigung, die an einem kleinen Fischerhafen endete. Die schmale Straße ging in einen Weg über, der mit Schotter und Muschelschalen befestigt war.
In Schrittgeschwindigkeit tuckerte ich dahin, bis ich vor einer Handvoll winziger Häuser, die eher ausgebauten Garagen glichen, anhielt, und die Maschine abstellte. Ich ließ meinen Helm auf dem Sitz liegen und begab mich in das beste Muschelgeschäft der Insel und damit der ganzen Welt.
Ich kaufte drei Kilo Miesmuscheln, und da mir heute abenteuerlich zumute war, drei Dutzend große Austern. Der Fischer packte mir zusätzlich zwei Flaschen Weißwein aus der Gegend sowie eine Zitrone ein und verabschiedete mich vertraut als regelmäßige Stammkundin.
Ich war auf dem Weg zu meiner Maschine. Da hörte ich das Krächzen.
Er ist zurück! - mir war, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich stand da, bewegungsunfähig. Ich weigerte mich, meinen Kopf zu drehen. Stattdessen versuchte ich mir einzureden, dass ich mich getäuscht hatte.
Und dann vernahm ich das Krächzen ein zweites Mal, ganz in meiner Nähe.
Er ist zurück! – wiederholte mein Verstand - es war alles, was ich denken konnte, als ich mein Gesicht millimeterweise in die Richtung des Geräusches bewegte.
Ich brauchte nicht lange zu suchen. In dem abgeernteten Kartoffelfeld neben dem Feldweg saß er. Sein Gefieder glänzte blauschwarz.
Der Rabe – er hatte mich gefunden.
Wie hypnotisiert starrte ich ihn an. Ich wagte nicht, zu atmen.
Als ob er meinen Blick gespürt hätte, drehte er seinen
Weitere Kostenlose Bücher