Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
Kopf und sah in meine ungefähre Richtung. Seine Augen waren schwarze kleine Punkte.
Ein weiterer Rabe gesellte sich krächzend zu ihm. Gemeinsam begannen sie, auf eine übrig gebliebene Kartoffel einzuhaken. Sie nahmen von mir keine weitere Notiz.
Ich hatte die Plastiksäcke mit meinen Einkäufen gegen die Brust gepresst. Erst jetzt bemerkte ich, wie sich die scharfkantigen Austernschalen durch die Plastikfolie schmerzhaft in meine Haut drückten. Ich atmete heftig aus und lockerte den Griff.
Die Erleichterung war unbeschreiblich – es waren tatsächlich nur gewöhnliche Vögel, nichts weiter. Keiner von ihnen hatte blutrote Augen, wie der Rabe, der zu der Studentenverbindung gehörte. Der Rabe, der mich über Wochen verfolgt hatte, mit dem Ziel, mich umzubringen.
Beinahe schon hysterisch lachte ich laut heraus, was mir einige verwunderte Blicke der am Muschelstand wartenden Kunden einbrachte.
Es gelang mir erst nach einer gewissen Zeit, meinen Einkauf auf dem Gepäckträger der BMW zu verstauen, so sehr zitterten meine Hände.
4
Bis nach Hause war es nicht weit. Am großen Feigenbaum rechts neben der Straße bog ich in die Einfahrt ab, die zu unserem Haus führte.
Mein Timing war perfekt. Meine drei Jungs kamen gerade von ihrem Ausflug zurück. Mozart rannte ein Stück kläffend neben mir her und vollführte die unglaublichsten Freudensprünge. Ich stellte die BMW ab, klopfte und tätschelte Mozart und schon waren meine Männer bei mir.
„Und, wie fährt sie?“, fragte Johannes.
„Auf einer Skala von eins bis zehn gebe ich ihr…“, ich tat, als würde ich abwägen, „eine elf. Das ist wirklich ein umwerfendes Bike, Johannes!“
„Hoffentlich haben wir genügend Bargeld dabei, um all ihre Strafzettel zu bezahlen. Ich habe gehört, die haben hier Radarüberwachung“, stichelte Johannes mit glänzenden Augen.
„Ich fahre immer vorsichtig“, protestierte ich.
„Sie fährt wie der Henker“, stellte Asmodeo fest. „Aber keine Angst, Lilith. Johannes und ich können uns Geld schicken lassen. Und bis es da ist, wartest du eben ein, zwei Tage in Untersuchungshaft.“
„Hört auf mit dem Blödsinn. Sonst lasse ich das Abendessen ausfallen“, warnte ich.
„Apropos Abendessen, was gibt’s denn?“, fragte Johannes und meine Freude war unbändig, dass er wirklich hungrig aussah. Das war ein gutes Zeichen.
Asmodeo deutete auf die grünen Plastiksäcke, die ich auf dem Gepäckträger festgezurrt hatte. „Lilith kocht Muscheln. Und ich muss zugeben, dass kann sie mittlerweile …durchaus … annehmbar .“
„Annehmbar?“, entrüstete ich mich.
„Man kann sie essen.“
Halbherzig versuchte ich, Asmodeo auf seine Brust zu schlagen und er blockte meinen Angriff betont lässig ab.
„Ich könnte beim Kochen helfen“, meinte Johannes hoffnungsvoll.
„Nein!“, sagten Asmodeo und ich wie aus einem Mund.
5
Es war dunkel, eine Petroleumlampe stand auf unserem Gartentisch und spendete warmes Licht. Ich trank Weißwein, die beiden Männer waren zu Scotch übergegangen. Sie saßen sich gegenüber und sahen sich in die Augen. Kein Muskel zuckte in ihren Gesichtern. Sie versuchten, das jeweilige Gegenüber einzuschätzen, beziehungsweise einzuschüchtern.
Sie spielten Poker.
Der Einsatz waren Streichhölzer.
Wenn ich das richtig verstand, lag Johannes weit vorne. Links von ihm türmten sich die Zündhölzer auf. Aus irgendeinem Grund ärgerte das Asmodeo abgrundtief, denn er kämpfte um jedes Streichholz, als wäre es sein letztes.
Männer - die werde ich nie verstehen.
„Johannes gewinnt!“, sagte ich laut und Asmodeo strafte mich mit einem verächtlichen Blick. „Das ist nicht raus, der Abend ist noch nicht zu Ende“, wies er mich zurecht, während Johannes verstohlen in sich hinein grinste.
„Doch, doch, Asmodeo! Johannes gewinnt ganz sicher. Johannes liebt es, alle möglichen Dinge anzuzünden. Er braucht die Streichhölzer. …Bald sind deine weg. Aber keine Sorge, ich kann dir aushelfen. Ich denke, ich habe irgendwo ein Feuerzeug in der Küche gesehen“, ärgerte ich ihn weiter.
Asmodeo tat, als hätte er nichts gehört, doch es gelang ihm nicht ganz, denn er atmete zu laut durch. Dann legte er seine Karten auf den Tisch und breitete sie triumphierend vor Johannes aus. Er bezeichnete die Karten als Straße und streckte seine Hand nach den Streichhölzern in der Mitte des Tisches aus.
Jetzt blätterte Johannes betont langsam und genüsslich seine Karten hin.
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