Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
fällt zu mir in die Vertiefung. Beinahe begräbt er mich unter sich. Aber ich bin schnell. Ich werfe mich zur Seite, komme neben ihm hoch, strecke meine Arme in die Luft und lasse den rechten Ellenbogen mit meinem vollen Gewicht auf sein Gesicht niedersausen.
Ich sehe für den Bruchteil eines Lidschlags seine weit aufgerissenen Augen. Todesangst steht darin. Wieder und wieder schlage ich zu, obwohl ich längst weiß, dass kein Leben mehr in ihm ist.
Ich tue das nicht aus Angst.
Ich tue das nicht, weil ich kopflos bin.
Nein, ich höre nicht auf, weil ich es liebe zu töten.
Wir beide lieben das Töten - die Fremde, in deren Bewusstsein ich stecke, und ich.
Ein weiteres Mal löst sich ein Schuss. Diesmal folgen ihm drei Schüsse nach.
Ein unmenschlicher Schlag prallt auf meinen linken Oberschenkel. Mein panischer Blick irrt nach oben zu den Baumkronen und ich falle schwer auf den Rücken. Ich taste nach unten zu meinem Bein. Es ist nass. Warmes Blut fließt aus einer tiefen Wunde. Ich fühle gar nichts. Mein Bein, das nicht mein Bein ist, ist wie taub.
Ich versuche, mich auf den Bauch zu drehen, um wegzukriechen. Mein Gesicht liegt im feuchten, halb vermoderten Laub und wieder ertönt das Knacken. Aus den Augenwinkeln erkenne ich schwarze Springerstiefel. Sie kommen näher an mich heran. Ich fühle den Druck von Knien auf meinem Rücken. Mehr Stiefel kommen hinzu und jemand tritt mir in die Wunde. Der Schmerz ist unerträglich und ich schreie, doch es ist nicht mein Schrei.
Ich werde auf den Rücken gedreht, ein Seil wird mir um die Brust geschlungen, eine Kette mit einem Anhänger um den Hals gelegt. Es ist ein Pentagramm. Dann werde ich durch das Laub gezogen, ich stoße mit dem Kopf gegen Steine und Bäume. Ich sehe schwarze Militärhosen und immer wieder diese hochpolierten Springerstiefel.
Die Bäume werden weniger, aus dem Laub wird spärliches Gras und ich bleibe auf die Seite gerollt liegen. Auf einer Lichtung vor mir brennt ein großer Stapel Holz.
Es ist kein gewöhnlicher Stapel. Es ist ein Scheiterhaufen.
Panik überschwemmt meine Sinne. Und diesmal ist es meine eigene Angst, die mich in ihren Klauen hält. Meine uferlose Furcht vor dem, was gewesen ist.
Ich werde an der Schulter und an den Beinen gepackt und zu den lichterloh brennenden Hölzern getragen.
Und ich begreife. Sie werden die Fremde dort verbrennen. Sie werden auch mich dort verbrennen - bei lebendigem Leib.
Mit der letzten mir verbliebenen Kraft versuche ich, mich loszureißen. Es ist vergeblich. Ich versuche, den fremden Körper zu verlassen, doch das Amulett mit dem Pentagramm hält mich zurück. Es ist wie eine Klammer um meine Brust, wie ein undurchdringbarer Reif. Ich bin in dem Körper gefangen. Die meterhohen Flammen warten hungrig auf mich.
Schlagartig wird es vor meinen Augen gleißend hell. Ich kann nichts sehen, spüren oder empfinden. Ich werde aus dem Körper gerissen und mir ist, als wird mir mein Herz zerfetzt. Ich gerate ins Nirgendwo und taumele durch das Nichts. Nur das Licht ist bei mir.
Das Licht ist mein einziger Halt.
Es ist mir vertraut.
Es gibt mir Geborgenheit.
Es wacht über mich und beschützt mich.
Nach Luft japsend, öffnete ich die Augen. Ich befand mich auf der Mole. Über mir wölbte sich der blaue Himmel der französischen Atlantikküste. Die Wellen schlugen beruhigend gegen die Granitfelsen. Asmodeo lag neben mir, seine Augen waren unnatürlich aufgerissen und er keuchte, als hätte er gerade einen Marathonlauf absolviert. Sein Gesicht war aschfahl, seine Wangen waren eingesunken.
„Das war knapp“, brachte er heraus.
Ich robbte zu ihm hinüber. Orientierungslos klammerte ich mich an ihn. Ich zitterte heftig.
„Was ist passiert?“
Asmodeo atmete mehrmals durch. „Du hast Kontakt gehabt“, sagte er schließlich.
„Kontakt?“ Ich verstand nicht.
Asmodeo räusperte sich. „Wenn wir Dämonen es wollen, können wir uns gegenseitig besuchen. Das kennst du ja bereits.“
„Wie in den Träumen?“
„Ja. Aber es gibt darüberhinaus etwas Intensiveres, etwas, was …sagen wir einmal… weitergeht . Wir können miterleben, was der andere gerade tut und dabei fühlt. …Wir teilen dann dessen Empfindungen, sie sind wie unsere eigenen. Kannst du mir folgen, Lilith?“
Ich nickte stumm und Asmodeo fuhr mit seiner Erklärung fort. „Wir können das, wenn der andere das zulässt und wir selbst es wollen.“
„Aber ich wollte wirklich nicht…, ich wollte keinen Kontakt
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