Eine andere Art von Ewigkeit: Lilith-Saga: 2 (German Edition)
rasende Ungeduld. Sie wirkte locker und gelöst. „Wie steht es mit unserem einzigartigen Projekt?“
„Bestens, Elisabeth, bestens. Es macht gewaltige Fortschritte“, erwiderte Clement.
Elisabeth nickte leicht. Für den Moment war sie zufrieden.
„Wen hast du uns heute Abend mitgebracht“, fragte sie Clement und wandte sich seiner Begleiterin zu. Die junge Frau war bestenfalls Anfang zwanzig. Sie war fast so groß wie der Mann, der sie mitbrachte, und schlank wie ein Model. Elisabeth streckte ihre Hand mit dem Gelenkring aus und ließ ihre Finger durch die endlos langen, braunen Haare der Frau gleiten. „Sie haben wunderschönes Haar. Allein dafür wird Sie Clement für immer lieben.“
Bevor die junge Frau etwas antworten konnte, lachte Clement wieder los, diesmal unverhohlen und schallend. Elisabeth stimmte mit ein, klopfte Clement sanft an die Schulter und wandte sich nochmals an seine Begleiterin. „Passen Sie mir auf Herrn Hohenberg nur gut auf, meine Liebe. Er ist für mich von unschätzbarem Wert.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sich Elisabeth ab, um einige Politiker zu begrüßen, die ihre Frauen offensichtlich zuhause gelassen hatten.
Mitten in der Bewegung hörte sie den gellenden Schrei. „Samael!“ – brauste es in ihrem Kopf. Sie hielt kaum merklich inne, bevor sie zu den Staatsmännern ging und ein paar nette Belanglosigkeiten wechselte.
Sie hatte die Stimme erkannt. Viktor rief um Hilfe. Er schrie vor Todesangst und dann vor Schmerzen.
Elisabeth betrieb nach außen hin ihre oberflächliche Konversation weiter, bediente sich am Buffet, hatte für jeden eine geistvolle Bemerkung auf den Lippen, während sie innerlich angespannt lauschte und darauf wartete, dass Viktors Agonie ein Ende fand. Viktor war stark, sein Gegner äußerst geschickt und erfahren in diesen Dingen – es dauerte seine Zeit.
Als sie sich sicher war, dass Viktor aufgehört hatte zu existieren, gab sie Cunningham ein unmerkliches Zeichen mit den Augen. Sie ging hinaus bis zu einem uneinsehbaren Teil der Terrasse ihres Penthauses. Cunningham folgte unauffällig und schloss die schwere Glastür hinter ihnen.
Sie waren alleine.
Elisabeths Gesicht wirkte entschlossen, beinahe entrückt. „Du kümmerst dich um unsere Gäste. Wenn jemand nach mir frägt, habe ich einen wichtigen Geschäftstermin.“
„Wann bist du zurück?“
„Keine Sorge, mein lieber Charles. Du wirst der Erste sein, der es erfährt.“ Mit diesen Worten öffnete sie den Reißverschluss ihres Kleides, streifte die Träger ab und ließ die Robe zu Boden gleiten. Nackt stand sie vor Cunningham, nackt und atemberaubend schön. Sie stieg aus ihren Pumps, zog ihre Haarnadeln heraus und legte sie in Cunninghams Hände. Nur ihr Medaillon behielt sie an.
Cunningham wusste, was jetzt passieren würde. Er zitterte vor Erregung. Sie trat einen Schritt von ihm zurück, bis ihr Rücken das Außengeländer berührte. Sie hob ihre Arme hoch über den Kopf, ihr Gesicht war ausdruckslos und doch konzentriert.
Cunningham wagte nicht, sich zu bewegen.
Sie drückte ihren Rücken durch, beugte sich nach hinten, weit über das Geländer hinaus. Ihr Körper, der sich ihm entgegenreckte, schimmerte im Mondlicht.
Und als er seine Hand ausstreckte, um sie zu berühren, stieß sie sich ab und fiel nach hinten in die bodenlosen Tiefen.
Cunningham sprang nach vorne und blickte ihr nach. Sie stürzte der Straße entgegen, stumm, ohne jedes Geräusch. Dann veränderte sich ihre Gestalt, verlor ihre Konturen, verlor ihre Substanz. Sie wurde zu einem formlosen Schatten, dunkel und undefinierbar.
Es dauerte nur einen Wimpernschlag, dann durchbrach ein schwarzer Vogel den rußigen Dunst.
Es war ein Rabe, seine Augen glühten rot.
Der Rabe vollführte einige Flügelschläge und verschwand im Nichts.
10
Es war nicht schwer, den Nebel zu finden. Der Rabe tauchte hinein, hielt sich aber zunächst nur am äußersten Rand auf. Witternd, lauschend ließ er sich auf dem felsigen Boden nieder. Nichts als eine trostlose Stille – er war allein.
Erneut erhob er sich in die Luft, flog tiefer in die Schwaden hinein, bis er vor sich eine Gestalt liegen sah. Sachte setzte er neben ihr auf. Es handelte sich um Viktor – oder das, was von ihm übrig war.
Viktor war nicht leicht gestorben. Das zeigten sein grotesk verrenkter Körper und seine gebrochenen Augen, die im Todeskampf weit aus den Höhlen getreten waren. Sein Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt.
Überall
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