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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Mürrisch nippte sie von ihrem Martini; dann leuchteten ihre Züge plötzlich auf, sie wandte sich ihm zu und sagte in verändertem Ton: »Du siehst nicht wie zweiundvierzig aus. Du siehst gut aus! Weißt du, was ich denke? Du solltest beim Fernsehen oder beim Film sein.«
»Ich war beim Fernsehen. Ein wenig«, sagte Jason vorsichtig.
»Ja, als Statist bei dieser Schau oder was es war; du sagtest es.« Sie nickte vor sich hin. »Nun, finden wir uns damit ab; keiner von uns hat es gescha.«
»Darauf trinken wir«, sagte er in ironischer Heiterkeit; er schlüre seinen Scotch mit Honig. Das Buerklümpchen war geschmolzen.
»Ich glaube, ich erinnere mich doch an dich«, sagte Ruth Rae. »Haest du nicht Blaupausen bei dir für ein Haus da draußen im Pazifik, irgendwo bei Australien? Warst du das?«
»Das war ich«, log er.
»Und du fuhrst einen Rolls-Royce.«
»Ja«, sagte er. Dieser Teil war wahr.
»Weißt du, was ich hier mache? Kannst du es dir vorstellen?« sagte Ruth Rae lächelnd. »Ich versuche Freddy Wasserkopf kennenzulernen. Ich hab‘ mich in ihn verliebt.« Sie ließ das kehlige Lachen hören, das er aus den alten Tagen kannte. »Ich schicke ihm ständig Botschaen mit dem Text ›Ich liebe dich‹, und er schickt maschinengeschriebene Botschaen zurück, in denen steht: ›Ich will mich auf nichts einlassen; ich habe persönliche Probleme‹.« Sie lachte wieder und leerte ihr Glas.
»Noch einen?« fragte Jason.
Ruth Rae schüelte den Kopf. »Ich trinke nicht mehr. Es gab mal eine Zeit ... ich frage mich, ob dir jemals was Ähnliches passiert ist. Nach deinem Aussehen zu urteilen, glaube ich es nicht.«
»Was passierte?«
Ruth Rae spielte mit ihrem leeren Glas und zögerte, ehe sie sagte: »Ich trank die ganze Zeit. Fing morgens um neun damit an. Und weißt du, was die Folge war? Mein Aussehen li. Ich sah wie fünfzig aus. Der verdammte Fusel! Was immer du für dich befürchtest, wenn du trinkst, ziehst du es auf dich herab. Meiner Meinung nach ist Alkohol der größte Feind des Lebens. Findest du nicht?«
»Ich weiß nicht«, sagte Jason. »Ich denke, das Leben hat schlimmere Feinde als den Alkohol.«
»Vielleicht hast du recht. Die Zwangsarbeitslager, zum Beispiel. Wußtest du, daß sie letztes Jahr versuchten, mich in eins zu schicken? Es war wirklich eine furchtbare Zeit. Ich hae kein Geld
– damals war ich Bob Gomen noch nicht begegnet – und arbeitete bei einer Sparkasse. Eines Tages kam eine Bareinzahlung, was es heutzutage kaum noch gibt ... Drei oder vier Fünfzigdollarscheine.« Sie schwieg und blickte sinnend vor sich hin. »Jedenfalls, ich steckte sie ein und warf die Einzahlungsbelege in den Reißwolf. Aber sie erwischten mich. Das Ganze war eine Falle gewesen, um mich zu überprüfen.«
»Oh«, sagte er.
»Aber du mußt wissen, ich hae was mit meinem Chef. Die Polizei wollte mich in ein Zwangsarbeitslager schleppen, eins in Georgia, wo die Hinterwäldler mich wahrscheinlich zu Tode gebumst häen, aber er reete mich. Ich weiß bis heute nicht, wie er es machte, aber sie ließen mich laufen. Ich schulde diesem Mann viel, und ich sehe ihn nie mehr. Diejenigen, die einen wirklich lieben und einem helfen, verliert man immer aus den Augen; immer hat man mit Fremden zu tun.«
»Betrachtest du mich als einen Fremden?« fragte Jason. Er erinnerte sich, daß Ruth Rae eine Schwäche für teure, guteingerichtete Wohnungen hae. Gleichgültig, mit wem sie gerade verheiratet war: sie lebte immer gut. Ruth Rae blickte ihn forschend an. »Nein«, sagte sie dann. »Ich betrachte dich als einen Freund.«
»Danke.« Er streckte den Arm aus und ergriff ihre trockene Hand. Er hielt sie eine Sekunde lang, um genau im richtigen Augenblick wieder loszulassen.
9
    D
    er aufdringliche Luxus von Ruth Raes Wohnung stieß ihn ab. Er vermutete, daß sie dafür mindestens zweitausend Dollar bezahlte. Bob Gomen mußte finanziell in guter Verfassung sein, dachte er. Oder gewesen sein.
    »Es wäre nicht nötig gewesen, den Vat 69 zu kaufen«, sagte Ruth, als sie ihm seinen Mantel abnahm und mit ihrem eigenen zu einem Schrank mit selbstöffnender Tür trug. »Ich habe Cuy Sark und Hiram Walker Bourbon ...«
Sie hae eine Menge dazugelernt, seit er zuletzt mit ihr geschlafen hae: er mußte es zugeben.
    Er lag nackt und erschöp auf dem Wasserbe und befühlte eine wunde Stelle am Rand seiner Nase. Ruth Rae, oder vielmehr Mrs. Ruth Gomen, saß auf dem Teppich und rauchte eine Pall Mall. Keiner von ihnen hae während der vergangenen

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