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Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Titel: Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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und sie sind in gewisser Hinsicht gefährlich. Es bedarf eines makellosen Willens, um sie in Schach zu halten.«
»Wie sehen sie aus?«
    »Sie sind für jeden Mann anders, genau wie die Verbündeten. Für dich wird ein Verbündeter vermutlich aussehen wie ein Mann, den du einmal kanntest, oder wie ein Mann, den du immer im Begriff stehst zu kennen. Das entspricht deiner Veranlagung. Du hast eine Neigung für Wunder und Geheimnisse. Ich bin nicht wie du. Daher ist ein Verbündeter für mich etwas sehr Präzises.
    Die Geister der Wasserlöcher sind an bestimmte Orte gebunden. Der, den ich anrief, damit er dir helfe, ist einer, den ich selbst kenne. Er hat mir oft geholfen. Sein Domizil ist diese Schlucht. Damals, als ich ihn anrief, damit er dir helfe, warst du nicht stark, und der Geist packte dich hart an. Das war nicht seine Absicht - sie haben keine -, aber du lagst dort sehr schwach, schwächer als ich angenommen hatte. Später lockte dich der Geist beinah in den Tod; im Wasser, im Bewässerungsgraben, warst du phosphorisierend. Der Geist überraschte dich, und du bist ihm fast unterlegen. Macht ein Geist das einmal, so kommt er immer wieder und hält nach seiner Beute Ausschau. Ich bin sicher, er wird deinetwegen wiederkommen. Leider brauchst du das Wasser, um wieder fest zu werden, nachdem du den kleinen Rauch verwendet  hast. Das ist für dich sehr von Nachteil. Wenn du das Wasser nicht benutzt, wirst du wahrscheinlich sterben, aber wenn du es benutzt, wird der Geist dich ergreifen.«
»Kann ich Wasser irgendwo anders benutzen?«
»Das macht keinen Unterschied. Der Geist des Wasserloches, der in der Nähe meines Hauses wohnt, kann dir überall hin folgen, wenn du keinen Geisterfänger hast. Darum hat der Verbündete ihn dir gezeigt. Er hat dir gesagt, daß du einen brauchst. Er wickelte ihn um seine linke Hand und kam auf dich zu, nachdem er dir die Schlucht gezeigt hatte. Heute wollte er dir wieder den Geisterfänger zeigen, wie schon beim ersten Mal, als du ihn trafst. Es war klug von dir, daß du dich abwandtest. Der Verbündete ging für deine Kraft zu schnell, und ein direkter Zusammenstoß mit ihm hätte dich schwer verletzt.«
»Wie kann ich jetzt einen Geisterfänger bekommen?«
»Offenbar wird der Verbündete dir selbst einen geben.«
»Wie?«
    »Ich weiß nicht. Du wirst zu ihm gehen müssen. Er hat dir schon gesagt, wo du ihn  suchen sollst.«
    »Wo?«
    »Dort oben, in jenen Hügeln, wo du das Loch gesehen hast.«
»Werde ich allein nach dem Verbündeten suchen?«
    »Nein. Aber er heißt dich bereits willkommen. Der kleine Rauch hat dir den Weg zu ihm geöffnet. Später wirst du ihm dann von Angesicht zu Angesicht begegnen, aber das wird erst geschehen, wenn du ihn bereits sehr gut kennst.«

16.
    Am 15. Dezember 1969 kamen wir am späten Nachmittag in demselben Tal an. Während wir durch das Gebüsch gingen, erwähnte Don Juan mehrmals, daß die Richtungen oder Orientierungspunkte bei dem Unternehmen, das mir bevorstand, von größter Bedeutung seien.
    »Du mußt die richtige Richtung bestimmen, gleich wenn du auf dem Gipfel eines Hügels ankommst«, sagte Don Juan. »Sobald du oben bist, wende dich in diese Richtung.« Er deutete nach Südosten. »Das ist deine gute Richtung, und du solltest dich immer ihr zuwenden, besonders wenn du in Schwierigkeiten bist. Denk daran.« Wir blieben am Fuß der Hügel stehen, wo ich das Loch wahrgenommen hatte. Er deutete auf eine bestimmte Stelle, an die ich mich setzen mußte. Er setzte sich neben mich und gab mir mit sehr ruhiger Stimme detaillierte Anweisungen. Er sagte, sobald ich den Gipfel des Hügels erreichte, sollte ich meinen rechten Arm nach vorn strecken, die Handfläche nach unten kehren und die Finger wie einen Fächer spreizen, nur der Daumen mußte unter der Handfläche eingeschlagen werden. Dann sollte ich den Kopf nach Norden wenden und meinen Arm über der Brust kreuzen, wobei die Hand ebenfalls nach Norden zeigen sollte. Dann sollte ich tanzen, und zwar indem ich den linken Fuß hinter den rechten stellte und mit der linken Fußspitze auf den Boden klopfte. Er sagte, sobald ich eine Hitze in meinem linken Bein fühlte, solle ich anfangen, meinen Arm langsam von Norden nach Süden und dann wieder nach Norden zu schwenken.
    »Die Stelle, über der deine Handfläche sich wärmt, während du den Arm schwenkst, ist die Stelle, an der du sitzen mußt, und es ist gleichzeitig die Richtung, in die du schauen mußt«, sagte er. »Wenn die Stelle im

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