Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan

Titel: Eine andere Wirklichkeit. Neue Gespräche mit Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
Vom Netzwerk:
Osten liegt, oder wenn sie in dieser Richtung liegt« - er deutete wieder nach Südosten -, »dann wird das Ergebnis ausgezeichnet sein. Wenn die Stelle, an der deine Hand heiß wird, im Norden ist, dann wirst du eine schlimme Niederlage einstecken, aber du kannst das Blatt noch zu deinem Vorteil wenden. Wenn die Stelle im Süden ist, dann steht dir ein schwerer Kampf bevor. Zuerst wirst du deinen Arm viermal schwenken müssen, aber wenn du dich an die Bewegung einmal gewöhnt hast, wirst du nur eine Schwenkung brauchen, um zu wissen, ob deine Hand warm wird oder nicht. Sobald du eine Stelle bemerkst, über der deine Hand warm wird, setz dich dort hin. Das ist dein erster Punkt. Wenn du nach Süden oder Norden schaust, mußt du dich entscheiden, ob du dich stark genug fühlst, zu bleiben. Wenn du Zweifel hast, steh auf und geh weg. Es ist unsinnig zu bleiben, wenn du kein Vertrauen hast. Wenn du jedoch beschließt dort zubleiben, dann säubere in zwei Meter Entfernung von deinem ersten Punkt eine Stelle, groß genug um ein Feuer zu machen. Das Feuer muß genau in der Richtung liegen, in die du schaust. Der Platz, wo du die Feuerstelle baust, ist dein zweiter Punkt. Dann sammle alle Zweige, die zu zwischen den beiden Punkten findest, und mach ein Feuer. Du mußt am ersten Punkt sitzen und auf das Feuer schauen. Früher oder später wird der Geist kommen, und du wirst ihn sehen. Wenn deine Hand nach viermaligem Schwenken überhaupt nicht warm wird, dann schwenkst du deinen Arm langsam von Norden nach Süden, drehst dich um und schwenkst ihn anschließend nach Westen. Wenn deine Hand an irgendeiner Stelle im Westen heiß wird, dann laß alles liegen und lauf bergab bis ins flache Gelände, und ganz gleich, was du hinter dir hörst oder spürst, schau dich nicht um. Sobald du in die Ebene kommst, gleichgültig wie sehr du dich fürchtest, lauf nicht weiter, laß dich auf den Boden fallen, zieh deine Jacke aus, bündele sie um deinen Nabel, roll dich wie eine Kugel zusammen und drücke deine Knie gegen den Bauch. Außerdem mußt du deine Augen mit den Händen bedecken, und deine Arme müssen eng an den Schenkeln anliegen. In dieser Stellung mußt du bis zum Morgen ausharren. Wenn du diese einfachen Schritte befolgst, dann wird dir nichts zustoßen. Falls du die Ebene nicht rechtzeitig erreichst, laß dich zu Boden fallen, wo du gerade bist. Es wird dir dort schrecklich ergehen. Du wirst gequält werden, aber wenn du ruhig bleibst und dich nicht bewegst oder umschaust, dann wirst du es ohne einen einzigen Kratzer überstehen.
    Und wenn deine Hand überhaupt nicht warm wird, während du sie nach Westen schwenkst, wende dich wieder nach Osten und lauf in östlicher Richtung, bis du außer Atem bist. Halt dort an und wiederhole dasselbe Manöver. Du mußt immer wieder nach Osten laufen und diese Bewegungen wiederholen, bis deine Hand heiß wird.«
    Nachdem er mir diese Anweisungen gegeben hatte, ließ er mich sie wiederholen, bis ich sie mir gemerkt hatte. Dann saßen wir lange Zeit schweigend da. Ein paarmal versuchte ich, das Gespräch wieder in Gang zu bringen, aber er zwang mich jedesmal mit einer gebieterischen Geste zum Schweigen. Es wurde dunkel, als Don Juan aufstand und, ohne ein Wort zu sagen, den Hügel hinaufstieg. Ich folgte ihm. Auf dem Gipfel des Hügels führte ich alle Bewegungen aus, die er mir vorgeschrieben hatte. Don Juan stand in geringer Entfernung dabei und hielt ein scharfes Auge auf mich gerichtet. Ich war sehr sorgfältig und absichtlich langsam. Ich bemühte mich, eine Veränderung der Temperatur zu spüren, aber ich konnte nicht feststellen, ob meine Handfläche heiß wurde oder nicht. Es war inzwischen recht dunkel, aber ich konnte noch immer nach Osten rennen, ohne über Baumstümpfe zu stolpern. Als ich außer Atem war, nicht allzu weit von der Stelle, von der ich losgelaufen war, blieb ich stehen. Ich war sehr erschöpft und angespannt. Meine Ellbogen und auch meine Waden schmerzten.
    Dort wiederholte ich alle erforderlichen Bewegungen und kam wieder zu demselben negativen Ergebnis. Noch zweimal lief ich in der Finsternis, und dann wurde meine Hand, während ich meinen Arm zum dritten Mal schwenkte, an einer im Osten gelegenen Stelle heiß. Es war eine so eindeutige Temperaturveränderung, daß ich erschrak. Ich setzte mich hin und wartete auf Don Juan. Ich sagte ihm, daß ich eine Temperaturveränderung in meiner Hand festgestellt hatte. Er befahl mir weiterzumachen, und ich sammelte alle

Weitere Kostenlose Bücher