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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiblichen Seelenverworrenheit kam er nicht mit. Er wußte nur eines sicher: Mit Maria konnte er nicht länger zusammenleben! Nach Monikas Abitur würde er den Schlußstrich unter eine dreiundzwanzigjährige Lebensgemeinschaft ziehen.
    An einem grauen Herbsttag sagte Monika beim Frühstück zu ihrem Vater:
    »Ich gehe nicht mehr in die Schule.«
    Barrenberg, der sein Brötchen kaute und dabei die erste Zeitung des Tages las – im Laufe des Tages besorgte er sich sechs bis sieben Zeitungen und Zeitschriften – blickte nicht einmal auf. Er las einen Artikel über die Abschreibungsbranche und ärgerte sich über das Finanzministerium, das sich einen neuen Trick ausgedacht hatte, um hohe Abschreibungen zu verhindern.
    »Wenn du krank bist, leg dich ins Bett«, sagte er.
    Maria Barrenberg war um diese frühe Stunde noch nicht am Kaffeetisch. Sie lag oben im Schlafzimmer, sah wie ein weißbemalter Clown aus und rührte sich nicht. Die morgendliche Hautstraffungsmaske durfte nicht reißen.
    »Ich bin nicht krank«, sagte Monika lauter.
    Barrenberg las weiter. Das negative Kapitalkonto sollte abgeschafft werden. »Ruf nachher Dr. Köschinger an«, brummte er.
    »Ich gehe nie mehr in die Schule! Ich mache kein Abitur.«
    Barrenberg ließ die Zeitung sinken und sah seine Tochter verwirrt an. »Wie war das eben?« fragte er.
    »Ich verzichte aufs Abitur.«
    »Ist die Schule abgebrannt?«
    »Nein. Aber ich! Ich habe keine Lust mehr.«
    »Wohl 'n Luftzug im Hirn, was?«
    »Ich schaffe es nicht mehr.«
    »Blödsinn! Du arbeitest doch Tag und Nacht wie ein Kuli!«
    »Trotzdem! Ich kann es nicht mehr!«
    »Das ist kein Argument! Selbstverständlich macht meine Tochter ihr Abitur! Und wenn es mit zwei Anläufen ist – aber sie macht es!«
    »Nein!«
    Barrenberg trank einen Schluck Kaffee, schenkte sich neu ein und rührte in der Tasse. »Brauchst du einen Nachhilfelehrer?«
    »Wozu? Ich will nicht mehr!«
    »Was heißt das: Ich will nicht mehr?« Barrenberg beugte sich vor. »Du hast zu wollen! Hat man so etwas schon gehört?! Kurz vor dem Abschluß gefällt es dem Töchterlein, hysterisch zu werden! Wieso wird kein Abitur gemacht? Dummheit ist es nicht, du warst immer eine der Besten in der Klasse! Und Barrenberg-Art ist es auch nicht, vor dem Ziel in Schlenkerschritt zu fallen, statt zum Endspurt anzutreten, mit allen noch in den Knochen steckenden Kräften!«
    »Kräfte liegen in den Muskeln, nicht in den Knochen!« Monika sah ihren Vater herausfordernd an. »Ich will einfach nicht. Es hat keinen Sinn mehr.«
    »Das habe ich schon zweimal in einer Minute gehört!« Barrenberg zog das Kinn an. Die Familie kannte das; es war die Kampfhaltung des Stieres. »Es hat wohl keinen Sinn, jetzt zu brüllen.«
    »Überhaupt nicht. Brüllen ist lächerlich!«
    »Wie herrlich. Meine Tochter wirft ihrem Vater Lächerlichkeit vor! Der Tisch, unter den du deine Beine steckst, bekommt von dir einen Tritt!«
    »Auch das kenne ich! Das Hervorheben deiner Versorgungspflicht! Ich habe das nicht vergessen: Ich halte hier alle Ärsche am Kacken! – Barrenberg-Zitat!«
    »Na und? Tue ich das etwa nicht?« schrie Barrenberg. Er schob die Tasse weg, zerknüllte die Zeitung und warf sie über seine Schulter. »Du weigerst dich also, ab heute in die Schule zu gehen?!«
    »Ja.«
    »Warum rege ich mich auf?« Barrenberg schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich stecke dich in ein Internat.«
    »Irrtum! Ich bin achtzehn. Man kann mich zu nichts mehr zwingen!«
    »Aber ich kann dir als Vater eine scheuern! Auch wenn du sechzig bist und ich das noch erlebe! Du kannst auch sofort eine haben!«
    »Wage das nicht!« sagte Monika gepreßt. »Wage das bloß nicht!«
    »Meine Tochter droht mir!« Barrenberg sprang auf. Auch Monika erhob sich und stellte sich hinter den Tisch. »Meine Tochter, ein Musterbeispiel für die antiautoritäre Jugend! Alle Menschen ab dreißig sind Trottel! Alle ab sechzig sind lebensunwert!«
    Monika winkte ab. »Ich habe mich verpflichtet gefühlt, dir zu sagen, daß ich die Schule verlasse. Ich hätte es dir ja gar nicht zu sagen brauchen. Ich bin volljährig!«
    »Eine Rotznase bist du! Und wie großzügig von dir: Du unterrichtest mich gnädig, daß du beschlossen hast, dein Leben zu versauen! Aber das sage ich dir: Solange ich noch –«
    »Stop!« Monikas Stimme klang schrill. »Mich hält hier nichts mehr! Ich kann jederzeit ausziehen.«
    »Wohin denn? In die Gosse?«
    »Man kann überall leben, auch in der

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