Eine angesehene Familie
Bürohaus wird eine Bombe hochgehen, du wirst auf offener Straße beschossen werden …«
»Sind wir in Chikago?!«
»Ja! Er schreckt vor nichts zurück! Er kann es sich leisten. Er wird nie persönlich in eine Aktion verwickelt sein. Er bezahlt sie nur.«
»Und du – du bist …« Barrenberg sprach es nicht aus. »Betty, wie kommst du an solch einen Mann?!«
»Wie komme ich an dich?«
»Das ist doch kein Vergleich, keine Antwort!« Er warf das nasse Badetuch weg, zog seine Unterhose an und schlüpfte schnell in die Hose; ein Mann in seinem Alter und mit seiner Figur wirkt auch in moderner, farbiger Unterwäsche leicht komisch. »Ich liebe dich. Ich stehe zu dir!«
»Nicht bis zur letzten Konsequenz.«
»Das Wort Scheidung haben wir aus unserem Sprachschatz gestrichen, darüber waren wir uns von Beginn an einig. Aber bis auf das, was du die letzte Konsequenz nennst, ist mein Leben mit deinem Leben für immer fest verbunden. Da läßt sich nichts herumdeuteln, und da gibt es keine Zweifel. Ich liebe dich, Betty. Das ist die Tragik aller Männer in meinem Alter: Wir treffen endlich die Frau, die alle Lebensträume erfüllen könnte – aber uns fehlen zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre …«
»Und wenn deine Frau genauso denken würde?« Sie hatte die halbhohen Stiefel angezogen und kämmte sich mit einer Drahtbürste. Sie hatte schöne, feste, dichte Haare, die sie zu allen möglichen Frisuren legen konnte.
»Maria?« Barrenberg streifte das Hemd über den massigen Oberkörper. »Ausgeschlossen! Maria und ein jüngerer Mann? Absurd! Du bist genau zwanzig Jahre jünger als ich … Wenn jetzt Maria mit einem, der entsprechend jünger ist … Maria mit einem Jungen von fünfundzwanzig?! Das wäre doch geradezu pervers! Undenkbar!«
»Aber bei Männern ist es normal?«
»Ein Mann ist seiner ganzen Natur nach polygam. Wenn du dich umsiehst …«
»Komm mir nicht mit der Rudeltheorie! Hirsche, Löwen, Wölfe …« Sie legte ein zartbraunes Make-up auf und puderte ihre Lider mit einem Altgoldschimmer. »Was würdest du tun, wenn Maria zu dir sagte: Ich habe mich verliebt?!«
»Ich würde sie für verrückt halten. An so etwas denke ich nicht.«
»Und wenn?«
»Ich würde mir den Knaben ansehen.«
»Und dann?«
»Ich würde ihn fragen: Wie denken Sie sich das, mein Lieber?«
»Und er wird antworten: Ganz einfach, ich liebe Ihre Frau, Herr Barrenberg, und will sie – vielleicht – heiraten!«
»Für das ›vielleicht‹ würde ich ihm sofort eine runterhauen!«
»Und wer ohrfeigt dich?!« Sie sah ihn mit geneigtem Kopf an. »Du liebst mich und sagst nicht einmal ›vielleicht‹. Du sagst ganz klar: Nie!«
»Betty!« Barrenberg schnürte seine Schuhe zu. »Man kann mit dir nicht logisch und leidenschaftslos diskutieren! Das ist doch unmöglich, was du da sagst. Unsere Liebe läßt sich doch nicht mit einem derart konstruierten Fall vergleichen!«
»Wieso? Deine Frau könnte sich auch einen verheirateten Liebhaber zulegen.«
»Für so geschmacklos halte ich sie nicht.«
»Danke!«
Barrenberg zuckte zusammen: »Mein Gott, Betty, versteh das bloß nicht falsch! Es ist grauenhaft, mit so emotionell denkenden Frauen zu streiten! Frauen wie du sind eine Ausnahme, ein Göttergeschenk! Maria ist eine ganz normale Frau, ein mütterlicher Typ. Ihre Welt – das sind die Kinder und ihre Musik! Für andere Lebensformen hat sie gar keinen Sinn. Also auch kein Verlangen danach!«
»So siehst du sie!«
Barrenberg schwieg. Blitzartig überkam ihn die Erinnerung an jenen Nachmittag, als er auf Ischia von der Massage zurück in den Hotelpark kam und Maria als schönste Mutter der schönsten Miß gewählt worden war. Sie hatten sich später den Film ›Sommerwind‹ im Kino angesehen, ein honigsüßes Schnulzenstück mit viel Schlagermusik, einer dummen Handlung und noch dümmeren Dialogen. Als die Schwimmbadszene mit der Mißwahl kam und Maria mit Monika verzückt in die Kamera grinste, hatte Eduard in seinem Kinosessel aufgeschnauft und gesagt: »Jetzt bin ich beruhigt. Eine Greta Garbo wird nicht aus dir!«
Auch das Fernsehen hatte den Film gebracht, alle Bekannten hatten ihn gesehen. Pausenlos schellte das Telefon, man gratulierte, lobte, war begeistert. Nur Frau Dr. Marburger von der Konservenfabrik Marburger & Söhne in Bad Vilbel sagte: »Sehr schön, meine Liebe, sehr schön. Diese Maskenbildner sind wirklich große Künstler …«
Barrenberg schüttelte energisch den Kopf. »Wir schweifen ab. Maria steht
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