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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht zur Diskussion. Du wirst deinen Bungalow bekommen, du wirst umziehen, und spätestens dann werde ich den geheimnisvollen Schläger kennenlernen. Immer vorausgesetzt« – er sah sie fast bettelnd an –, »daß du mit mir zusammenbleiben willst. Daß du mich wirklich liebst.«
    »Du weißt es doch«, sagte sie und stand wartend an der Tür zur Diele. Es war eine stumme Aufforderung: Mach schnell, zieh die Jacke an und komm! Ich muß gehen. Du kennst Bieringer, er haßt nichts mehr als Unpünktlichkeit.
    »So sicher ist man sich nie.« Barrenberg band etwas umständlich seine Krawatte. Seit Jahren änderte sich da nichts, trotz aller modischen Varianten. Ob schmal oder breit, rund oder ovalen vogue war: Barrenberg machte immer seinen Windsorknoten. Das zeugte von Beharrungsvermögen. Er war ja auch ein sehr konservativer Mensch mit festen Grundsätzen, von denen er um keinen Schritt abwich, auch wenn er sich überzeugen ließ, daß auch andere Ansichten ernst zu nehmen waren. Diese Sturheit war ihm auch gut bekommen. Nur in einem Punkt wich er weit vom herkömmlichen Wege ab: wenn es um Bettina ging und seine verzehrende Leidenschaft zu ihr. Er konnte sich nicht dagegen wehren, er wollte es auch gar nicht und hatte auch nie den Versuch unternommen, sich von ihr zu lösen. Sie beherrschte sein Denken außerhalb seines beruflichen Alltags. Sie wurde zu seiner zweiten Welt, für die er in seinem Betrieb ebenso schuftete wie für seine erste Welt, die aus Maria und Monika bestand. Beide schlossen sich für ihn zu einer unteilbaren Einheit zusammen, wie jene berühmten Magdeburger Halbkugeln, die auch niemand voneinander trennen konnte. Es war ein schicksalhafter Zustand, aus dem es – aus Barrenbergs Sicht – kein Entrinnen mehr gab.
    Er hatte seinen Windsorknoten gebunden und setzte sich ostentativ in den Sessel, von dem aus er die Tür zur Diele sehen konnte. Bettina blickte auf ihre Armbanduhr.
    »Ich muß gehen«, sagte sie. »Ich komme eine halbe Stunde zu spät.«
    »Ich warte hier auf dich.« Barrenberg lächelte bemüht. »Wenn der große Unbekannte kommen sollte, findet die Aussprache ohne dich statt. Das ist mir auch lieber.«
    »Das ist Wahnsinn, Eduard!« Seit langem nannte sie ihn wieder beim Vornamen. Ihre Angst um ihn war echt. Er fand das rührend: Angst hat man nur um etwas, das man liebt.
    »Er hat einen Schlüssel, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Es ist alles so verrückt!« Barrenberg klopfte auf seine prallen Schenkel. »Kümmere du dich nur um deine Ausstellung, Betty, ich komme schon allein zurecht. Ich kann mich nicht gut woanders verstecken, ich bin doch heute in Ravenna! Wenn mich zufällig jemand auf der Straße sähe … Ich bin viel zu bekannt, um mich in der Stadt herumzutreiben.«
    Bettina zögerte. Sie könnte Petrescu anrufen und ihm sagen, daß sie fast den ganzen Tag nicht zu Hause sein würde. Dann kam er bestimmt nicht. Er haßte leere Wohnungen – wohl weil er instinktiv wußte, daß Alleinsein für ihn Gefahr bedeutete. Überall wo er wohnte, und Bettina kannte einige seiner Schlupfwinkel, saßen Leibwächter in Nebenräumen, allzeit bereit, einzugreifen. Das war es auch, was Bettina jetzt lähmte. Wo sollte sie anrufen? Wo hielt sich Petrescu heute auf? Wo zu dieser Stunde? Sie hatte es ein paarmal versucht, ihn zu erreichen, aber überall, wo sie anrief, blieb die Antwort aus. Später lachte Petrescu darüber: »Auch die klügsten Füchse sterben immer an derselben Dummheit: Sie benutzen immer nur einen einzigen Bau!« Mehr erklärte er nicht. Wenn Bettina vier Adressen wußte, so waren das schon vier zuviel.
    »Voice!« bettelte sie. »Ich komme vor Angst um, wenn du hierbleibst!«
    »Mir passiert nichts!« sagte Barrenberg selbstsicher. »Wenn er kommt, ist der Überraschungseffekt auf meiner Seite.«
    Bettina verließ die Wohnung, fuhr zu Bieringer, der in den Ausstellungsräumen seiner Galerie viel Wind machte und die Anstreicher beschimpfte, weil sie seiner Meinung nach für die beweglichen Wände ein zu starkes Gelb genommen hatten. Von seinem Apparat rief Bettina sofort der Reihe nach die ihr bekannten Adressen an. Wie erwartet meldete sich niemand. Von dem Bürohaus in der Innenstadt hatte sie keine Ahnung.
    Dort saß Petrescu um diese Zeit, sah die Post durch, rief einen Vertrauensmann in der Schweiz an, der verschlüsselt die Geldeingänge auf den verschiedenen Konten durchgab, empfing dann einige sehr exotisch wirkende Besucher – Malaien, Indonesier, Halbchinesen,

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