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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Japaner und einen Mestizen aus Venezuela – und wickelte Geschäfte ab, über die keinerlei Notizen angefertigt wurden. Verträge ohne schriftliche Fixierung. In den beiden Büros nebenan allerdings klapperten die Schreibmaschinen. Dort wurde über den Import von Hemden aus Hongkong, Spielzeug aus Taiwan und Schnitzereien aus Indonesien verhandelt. Ein Sachbearbeiter hatte diese Sparte übernommen, die Petrescus Firma auch den Namen gab: Internationaler Geschenkartikel-Service. Ein hervorragendes Geschäft – von der Elefantenbrücke bis zur bunten hölzernen Kinderrassel. Petrescu importierte alles, was die Wohlstandsgesellschaft zur Ausgestaltung ihrer Heime brauchte. Sogar Hanse-Koggen waren dabei, bis ins Detail genau als Modell nachgebaut – made in Taiwan. Der Absatz in Norddeutschland war enorm. Allerdings ahnte die deutsche Einfuhrkontrolle nicht, daß jedes zehnte dieser an Petrescu gelieferten Schiffsmodelle den Bauch voll Heroin hatte. Und in den schönen thailändischen Buddhas und den Tempeltänzerinnen aus massiver Bronze, mit Halbedelsteinen besetzt, steckte eine Metallröhre, die mit Heroin gefüllt war. Gelegentliche Kontrollen erbrachten nichts; den deutschen Beamten tat es leid, ein so schönes Schiffsmodell zu zerstören, und die Bronzefiguren waren so schwer, daß man sie lieber in den Kisten mit Holzwolle liegen ließ und nur ganz selten einmal eine mit dem tragbaren Röntgengerät untersuchte. Da die obenliegenden Figuren immer einwandfrei waren, blieben diese Stichproben ergebnislos. War sie erst einmal aus dem Freihafen herausgeholt und in Containern nach Frankfurt gebracht, kümmerte sich niemand mehr um diese Ware aus dem Fernen Osten.
    Gegen Mittag, kurz vor dem Besuch der drei kurdischen Unterhändler, hatte Petrescu bei Bettina angerufen. Sie hatte sich nicht gemeldet. Bei Bieringer war Bettina erreichbar.
    »Nein«, sagte Petrescu zu der Sekretärin von Bieringer. »Rufen Sie Frau Ahrendsen nicht an den Apparat, ich will sie nicht stören. Und sagen Sie ihr auch nicht, daß ich angerufen habe. Es ist nicht so wichtig. Ich melde mich später noch einmal.«
    Dann kamen die Kurden, und die Geschäfte nahmen ihren dramatischen Verlauf.
    Barrenberg las die Zeitung, kochte sich einen starken Kaffee und ließ sich den Kuchen aus dem Kühlschrank schmecken, obwohl er wußte, daß er ihn wegen seiner Gewichtsprobleme nicht essen durfte, saß herum, langweilte sich zu Tode, spielte eine Platte von Mantovani, den er sehr liebte, obwohl ihn kaum noch einer kannte. Das süße Singen der Geigen hatte ihn immer begeistert, mehr als das Gekreische der Disko-Musik, die er ab und zu aus Monikas Zimmer hörte. Das hatte ihn immer verwundert: da spielte sie Viola da Gamba und fand doch auch Gefallen am Geschrei und Gestöhn aus verrenkten Körpern. Die Jugend war von schizophrener Flexibilität, wie er es nannte.
    Gegen Mittag läutete das Telefon. Barrenberg nahm den Hörer nicht ab. Er überlegte. Es konnte Bettina sein, die sich nach ihm erkundigte; vielleicht war es aber auch ein völlig Fremder, ein Auftraggeber für die Graphikerin Bettina. Dann wäre Betty kompromittiert, wenn sich ein Mann meldete und sagen mußte: Nein, sie ist nicht hier. So etwas hinterläßt immer eindeutige Gedanken; ihm wäre es nicht anders gegangen.
    Als er endlich abhob, hatte der Anrufer gerade aufgelegt.
    Auch Bettina rief zweimal an, aber Barrenberg nahm den Hörer nicht mehr auf. Petrescus Mitteilung, daß er heute nicht mehr kommen könne, blieb ebenfalls ohne Echo. Barrenberg saß vor dem Fernsehgerät und freute sich über einen Zeichentrickfilm der Kinderstunde. Er hatte beschlossen, die Anrufzeiten zu notieren, sich aber nicht zu melden. Er rief jedoch bei Bieringer an. Bettina war sehr aufgeregt und doch hörbar glücklich, daß er noch lebte.
    »Ich komme um vor Angst!« sagte sie. »Bitte, bitte, geh in ein Hotel und ruf mich von dort aus an! Ich komme dann zu dir. Ich verspreche es. Nur bleib nicht in der Wohnung!«
    »Ich fühle mich pudelwohl!« sagte Barrenberg. »Bisher wurde viermal angerufen.«
    »Das war ich«, log Bettina. Zweimal mußte also Petrescu angerufen haben. »Warum hast du nicht abgehoben?«
    »Aus Rücksicht auf dich! Wußte ich, daß du es warst?«
    Bettina atmete auf, schickte einen Kuß durchs Telefon und sagte noch einmal: »Geh in ein Hotel! Bitte, bitte …«
    Barrenberg versprach, sich das zu überlegen, obwohl er wußte, daß es nichts zu überlegen gab.
    Gegen 7 Uhr abends

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