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Eine angesehene Familie

Eine angesehene Familie

Titel: Eine angesehene Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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helles Rauschen, ein wundervolles Hitzegefühl durchrann sie bis hinunter in ihren Schoß, und es war so stark und fordernd, so uneindämmbar und nicht beherrschbar, daß sie ihre alte große Puppe, die in einer Ecke des Bettes lehnte und seit vierzehn Jahren zu ihrem Leben gehörte, zwischen die Beine preßte und stöhnend nach hinten auf das Bett fiel, der Illusion hingegeben, ihre Schenkel umklammerten einen Mann.
    Gegen drei Uhr rief Maria nach oben, per Haustelefon. Monika lag noch immer auf dem Bett, ruhiger geworden, selig, in der Hochstimmung gespritzter Lebensfreude. Die englische Übersetzung für morgen hatte sie in einer halben Stunde geschafft, die lateinische Lektüre hatte die Schrecken der Grammatik verloren; es war, als sei das Gehirn ein noch ungefütterter Computer, der jede Eingabe gierig aufnahm.
    »Ich gehe zu Tante Ljuba!« sagte Maria. »Was hast du heute vor, Spätzchen?«
    »Viel Vergnügen, Mama!« Monikas Stimme klang forsch und lustig. »Ich? Ich weiß noch nicht. Vielleicht fahre ich eine Stunde zum Hallentennis. Was tanzt Tante Ljuba denn heute?«
    »Die Soli aus ›Coppelia‹. Willst du nicht mitkommen, Spätzchen?«
    »Das nächste Mal, Mama. Ich werde doch lieber Tennis spielen. Und Papa?«
    »Er schläft fest. So eine Tagung strengt doch sehr an. Ich bin froh, daß er wieder gesund zu Hause ist.«
    Monika blickte starr gegen die Wand und nagte an der Unterlippe. Soll ich es ihr sagen? Soll ich Mama sagen: Gib es auf, diesen Mann zu bemuttern, zu bemitleiden, zu trösten! Wirf alle Sorgen um ihn weit von dir, er ist es nicht wert! Er betrügt dich! Er hat eine Geliebte! Eine viel Jüngere! Eine Superelegante mit langen Beinen und einem wackelnden Arsch! Riesensonnenbrille! Hochgeschnürte Brüste. So ein Typ, der Männer zu hechelnden Hunden macht! Mit so etwas betrügt er dich, Mama! Frag ihn doch mal, was er ihr aus Italien mitgebracht hat! Sieh mich nicht so entsetzt an –, ich konnte es auch nicht glauben. Aber ich habe mit Papas Nebenbuhler gesprochen, auch so etwas gibt es bei dieser ›Dame‹. Sie teilen sich die Geliebte, ein paar Stunden er, ein paar Stunden Papa. Ist das nicht zum Kotzen, Mama? Weißt du, wie man so etwas nennt? Ich habe mal Papa mit seinen Freunden belauscht, vor zwei Jahren, im Wintergarten bei uns, sie brüllten vor Lachen, und Papa sagte von einem anderen Mann, er sei von Peter Lahring der Lochschwager. Papa hat gelacht, bis er knallrot wurde. Damals habe ich das nicht verstanden, heute weiß ich, was das bedeutet. So einer ist Papa geworden! Und ich habe diese Geliebte gesehen, sie haben sich am Zoo getroffen, Papa hat sie umarmt und um die Hüfte gefaßt. Und von so einem Mann sagst du noch: Ich bin froh, daß er gesund wieder zu Hause ist …?!
    Aber das alles sagte sie nicht. Sie sagte: »Soll ich Papa zu Tante Ljuba schicken, wenn er aufwacht und ich bin noch da?«
    »Nein. Du weißt doch, Spätzchen, wie er über diese Tanzerei denkt. Seine Aphorismen regen Tante Ljuba immer so auf.«
    »Es ist gut, Mama«, sagte Monika. »Vielleicht fahre ich nach dem Tennis noch zu Ingeborg. Sie kommt mit ihrer Mathe nicht zurecht.«
    »Bleib nicht so lange, Spätzchen.«
    »Bestimmt nicht, Mama.«
    Das Telefon knackte, Maria Barrenberg hatte sich verabschiedet. Mit steifen Fingern ließ Monika den Hörer auf die Gabel fallen. Das ist nun unser Leben, dachte sie voll Bitterkeit. Man lebt unter einem Dach, Vater, Mutter und Tochter. Aber man unterhält sich per Haustelefon. Als läge nicht eine Treppe dazwischen, sondern ein Meer, ein ganzer Kontinent. Ob ein Gespräch nach Australien oder nur nach dem ersten Stock, das bleibt sich gleich: Die Stimme kommt aus dem Telefon …
    O Gott, welch eine glückliche Familie sind wir doch!
    Eine halbe Stunde später meldete sich Eduard Barrenberg. Er lag noch im Bett, hatte mit Bettina telefoniert, die bei Bieringer letzte Hand an ihre Ausstellung legte, und hatte ihr noch einmal versichert, wie unendlich glücklich er sei. Noch heute wollte er zur Baustelle fahren und nachsehen, wann der Bungalow, den er ihr schenken wollte, bezugsfertig wäre.
    »Hier ist ein Gespräch bei mir«, knurrte Barrenberg seine Tochter an. »Martha hat es zu mir durchgestellt. Ein Knabe ist dran, der will Monika Barrenberg sprechen.«
    »Ich kenne keinen Knaben«, antwortete Monika abweisend.
    »Er nennt sich Holger Mahlert.«
    »Holger?!« Monika zuckte hoch. »Das ist für mich, Papa!«
    »Also doch! Wer ist das?«
    »Ein Bekannter

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