Eine Art von Zorn
aufnehmen. Außerdem werden auch Sie und Miss Bernardi die Aufmerksamkeit des Komitees auf sich lenken, wenn Sie morgen nicht zur Polizei gehen, wie Sie das zu tun versprochen haben. Wenn Sie mit Brigadier Farisi Kontakt aufnehmen, so würde das Komitee dies als Verrat auffassen. Die Folgen für Sie wären sehr unerfreulich.«
Ich sagte ganz ruhig: »Mr. Skurleti, sobald Sie mir jenes andere Kuvert, das Sie erwähnten, gegeben haben, besteht für uns kein Grund mehr, mit Farisi oder sonst jemandem, der mit ihm in Verbindung steht, Kontakt aufzunehmen.«
»Das freut mich.« Er nahm das zweite Kuvert aus seiner Aktentasche. »Es hat mich sehr gefreut, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Mr. Maas. Sie sind sowohl ein liebenswürdiger als auch ein intelligenter junger Mann. Ich prophezeie Ihnen eine große Zukunft. Der Gedanke, daß Sie sich mit diesen Männern vom Komitee anlegen könnten, gefällt mir ganz und gar nicht.« Er reichte mir das Kuvert und sah mir in die Augen. »Denn in diesem Fall hätten Sie keine Zukunft.«
Ich tat, als zählte ich die andere Hälfte des Geldes.
»In meinem Beruf«, fuhr er sinnend fort, »hat man oft mit Leuten zu tun, die man lieber hinter Gittern sähe – hinter den Gittern einer Gefängniszelle oder eines Zirkuskäfigs. Wenn man altmodisch ist, hält man sie für böse. Heute heißt man sie geisteskrank. Aber auch das beruhigt mich nicht. Verrückter oder Verbrecher – wenn ich mit solchen Leuten zu tun habe, überläuft es mich kalt. Aber ich will Ihnen etwas sagen: Selten noch hatte ich ein so unangenehmes Gefühl wie bei den Verhandlungen mit diesem kurdischen Komitee und denen, die in seinem Sold stehen. Es sind geschickte, gefährliche und äußerst widerliche Typen.« Er machte eine Pause. »Zufrieden?«
Die Frage bezog sich auf das Geld im Kuvert; er hatte bemerkt, daß ich mit Zählen aufgehört hatte. Es kostete mich große Anstrengung, nicht zu kotzen.
»Ja, vollkommen zufrieden«, sagte ich.
Er schloß seine Aktentasche. »Dann muß ich mich jetzt auf den Rückweg machen.« Er streckte die Hand aus. »Nochmals, Mr. Maas, es hat mich gefreut.«
Es gelang mir, seine Hand zu drücken.
Er stieg aus und ging weg.
Achtes Kapitel
I
Ich stopfte den Rest des Geldes in meine Taschen, wartete, bis er weggefahren war, und zündete mir dann eine Zigarette an. Ich dachte nach. Als meine Hände zu zittern aufhörten, stieg ich aus, löste den Draht von den Triptyknummernschildern – war das eine armselige Täuschung gewesen! – und legte sie hinter einen leeren Ölbehälter. Dann stieg ich wieder in den Wagen und fuhr langsam zum Haus in Beaulieu zurück.
Beim Eingang zu einer kleinen Villa, kurz vor dem Weg zum Haus hinunter, sah ich einen geparkten Wagen. Die Scheinwerfer waren abgeschaltet. Am Steuer saß ein Mann und rauchte eine Zigarette. Es wäre möglich gewesen, daß er auf jemanden in der Villa wartete, aber daran glaubte ich nicht. Ich fuhr etwa fünfhundert Meter weiter den Weg hinunter, bis zu einer hohen Stützmauer, wo die Straße scharf nach rechts abbog, hielt an, stieg aus und kletterte auf das Wagendach. Von dort konnte ich über die Mauer hinweg das Haus sehen, in dem Lucia auf mich wartete, und die Lichter der Nachbarhäuser. Dazwischen lag ein zerklüftetes Stück Land, dreieckig, steil ansteigend, von terrassenförmiger Anlage. Es war der ehemalige Weinberg, den ich vom Schlafzimmer aus schon gesehen hatte. Ich sah auch das kleine, viereckige Transformatorenhäuschen, an dessen Metalltür in roten Buchstaben ›Gefahr‹ stand. Da ich wußte, daß es direkt unter der Veranda des Hauses stand, diente es mir als Orientierungspunkt.
Ich konnte in den Dränagelöchern im Mauerwerk Fuß fassen, kam leicht auf die Mauer und sprang runter in den Weinberg. Das Hinaufklettern hatte ich mir ebenso leicht vorgestellt, aber es war sehr mühsam. Der Regen hatte tiefe Rinnen in die Terrassen gegraben, darüber war Gebüsch gewachsen, und manche Steine waren locker. Im Mondlicht sah ich wenig, und ich traute mir nicht, die Taschenlampe anzuzünden. So kroch ich im Zickzack von einer Terrasse zur andern, fiel hin, rappelte mich wieder hoch und erreichte mit Müh und Not die Mauer, die das Grundstück umgab. Zum Glück war es eine niedrige Mauer, die nur verhindern sollte, daß der Regen im Winter die Gartenerde wegspülte, und die die Aussicht von der Veranda nicht behinderte. Ich schob ein paar Topfpflanzen weg und gelangte in den Garten.
Lucia hatte meine
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